Es ist bekannt, wie es dazu gekommen war, daß Schiller's Leiche nicht in einem besonderen Grab, sondern in einer “standesgemäßen” Massengruft, dem Kassengewölbe auf dem Friedhof vor der Weimarer Jakobskirche beigesetzt wurde. 1826 wollte die Stadtverwaltung diesen Friedhof, der seit einiger Zeit nicht mehr benutzt worden war, räumen lassen. Dabei wäre dann jede Spur von Schiller's Begräbnisort auf immer verschwunden. Der damalige Bürgermeister, Carl Leberecht Schwabe, empfand, was für eine Schande das sein würde. Er erbot sich, die Reliquien ausfindig zu machen und dafür zu sorgen, daß sie auf dem Neuen Friedhof auf eine Art beigesetzt würden, die des großen Toten würdig war. Aber als man daran ging, den Sarg zu bergen, stellte es sich heraus, daß in dem kleinen Gewölbe ein chaotisches Durcheinander von morschen Brettern und modernden Gebeinen herrschte. Keine Inschrift, kein Merkmal wies den Weg zu Schiller's Ueberresten. Der wackere Schwabe mußte sich schliesslich damit begnügen, 23 Schädel zu sammeln und zu versuchen, nach dem Bild des Verstorbenen, wie die Erinnerung es heraufzurufen vermochte, den Schädel des Dichters zu ermitteln. Ein bestimmter Schädel fiel ihm gleich auf, der “durch edle, regelmäßige Gestaltung” ausgezeichnet war. Dies, so war Schwabe überzeugt, müße Schiller's Schädel sein. Er verglich die Maße von Schiller's Totenmaske, von Ludwig Klauer hergestellt. Sie schienen für diesen Schädel genau zu stimmen, und nur für ihn. Die untere Kinnlade fehlte; auch sie wurde noch in der Gruft gefunden. Nun wurden die drei bekanntesten unter den Aerzten Weimars gebeten, die Messungen zu kontrollieren. Sie bestätigten Schwabes Feststellung. Endlich wurden alle Bewohner Weimars und der Umgegend, die Schiller näher gekannt hatten, aufgefordert, den ausgesuchten Schädel zu besichtigen. Sie fanden “ohne eine einzige Ausnahme,” dies müße der echte Schädel sein. Eine Rolle spielte dabei auch der Umstand, “daß Schiller seine trefflichen, vollständig erhaltenen Zähne mit ins Grab genommen hatte.” Bei allen andern Schädeln fehlten die Zähne. Nun war Schwabe seiner Sache gewiß. Er unterrichtete den Großherzog und Goethe über den kostbaren Fund. Schwabe dachte daran, die Reliquien an einer ausgewählten, weithin sichtbaren Stelle des neuen Friedhofs begraben zu lassen und auf öffentliche Kosten ein Denkmal zu errichten. Die Angehörigen Schiller's waren damit einverstanden. Der Großherzog und Goethe entschieden sich schließlich für eine andere Lösung. Die nach Schiller's Tod von Dannecker hergestellte Marmorbüste, die er den Hinterbliebenen geschenkt hatte, sollte erworben und im Saale der Bibliothek aufgestellt werden. In dem Sockel der Büste wollte man den Schädel niederlegen. Das geschah denn auch durch einen feierlichen Akt am 17. September 1826. Die Familie war durch Schiller's Sohn Ernst vertreten. Es erschien als selbstverständlich, daß Goethe teilnehmen würde; war er doch als Freund des Toten und als Aufseher der Bibliothek gleicherweise verpflichtet.