Was δικαιοσύνη θεο⋯ bei Paulus besagt, ist immer noch umstritten. Bis in die jüngste Zeit hinein blieb dieser Begriff kontrovers. Aus der Fülle der Veröffentlichungen über diese Thematik sei nur auf die Monographien von Peter Stuhlmacher, Karl Kertelge, J. A. Ziesler und Elke Plutta-Messerschmidt hingewiesen. Doch sollen uns diese neueren Publikationen höchstens am Rande beschäftigen. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht vielmehr der soeben erschienene Römerbriefkommentar Ernst Käsemanns. In ihm ist zusammengefaßt, was dieser Schüler Bultmanns im Laufe der letzten Jahrzehnte über Paulus und speziell über die δ.θ. gesagt hat. Es ist bekannt, daß Bultmann und Käsemanns in diesem Punkte differieren. Daß es aber gerade zwei der angesehensten und profiliertesten Neutestamentler sind, die eine Kontroverse über einen so zentralen Begriff der biblischen Verkündigung führen, macht wieder einmal deutlich, wie sehr Theologie immer wieder von neuem ihre Mitte bedenken muß; macht deutlich, wie wenig Theologie ein vorhandenes Etwas ist, das man sich als völlig Begriffenes in einem Akte aneignen kann. Theologie ist ja niemals statischer Besitz, Theologie ist immer wieder je neuer Vollzug, je neues Engagement, je neues Wagnis, je neues Sich-selbst-in-Frage-stellen. Deshalb lohnt sich der wissenschaftliche Streit um ihr Zentrum. Gerade hier sollte das Wort von Albert Einstein gelten: ‘Richtig streiten kann man nur mit seinen Brüdern und nahen Freunden; die andern sind einem zu fremd.’ Der notwendige theologische Streit um die δ.θ. verbindet allein schon dadurch, daß der Theologe als Theologe nur dann von ihr verantwortlich sprechen kann, wenn er es im Bewußtsein darum tut, ihr seine Existenz zu verdanken.