Meinem Sohn Rudolf gewidmet
Published online by Cambridge University Press: 05 February 2009
Ein dunkles, viel umrätseltes und mißdeutetes Wort nennt Walter Schmithals den kurzen Abschnitt von den zwei Schwertern (Lk 22.35–8), der die testamentarische Rede Jesu in Lk 22 abschließt:
(35) Und er sagte zu ihnen: ‘Als ich euch ohne Geldbeutel und Vorratssack und Sandalen aussandte, hat euch jemals etwas gefehlt?’ Sie antworteten: ‘Nichts’. (36) Er aber sagte zu ihnen: ‘Jetzt aber, wer einen Geldbeutel hat, nehme ihn und ebenso einen Vorratssack und wer nicht hat, verkaufe sein Obergewand und kaufe ein Schwert. (37) Denn ich sage euch: dieses Schriftwort muß in mir erfüllt werden; “Und er ist zu den Gesetzlosen gezählt”; denn, was mir bestimmt ist, kommt zu seiner Vollendung.’ (38) Sie aber sagten: ‘Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter.’ Er aber sagte zu ihnen: ‘Es ist genug.’
2 Schmithals, W., Das Evangelium nach Lukas (ZBK NT 3.1; Zurich: Theol, 1980) 212.Google Scholar
3 Mit dem berühmten Satz ‘porro subesse Romano pontifici omni humanae creaturae … omnino esse de necessitate salutis’ erklärte Bonifatius VIII. den Gehorsam gegen den römischen Bischof bekanntlich für heilsnotwendig.
4 Hirsch, E., Frühgeschichte des Evangeliums 2: Die Vorlagen des Lukas und das Sondergut des Matthäus (Tübingen: Mohr, 1941) 260.Google Scholar
5 Bartsch, H.-W., ‘Jesu Schwertwort, Lukas XXII. 35–38. Überlieferungsgeschichtliche Studie’, NTS 20 (1973/1974) 202–3.Google Scholar Ganz von der Friedensdiskussion zu Beginn der achtziger Jahre bestimmt sind die exegetischen Bemerkungen von Anton Vögtle und Josef Blank zu unserer Stelle: Vögtle, A., Was ist Frieden? Orientierungshilfen aus dem Neuen Testament (Freiburg u.a.: Herder, 1983);Google ScholarBlank, J., Im Dienst der Versohnung. Friedenspraxis aus christlicher Sicht (Munchen: Kösel, 1984) 29–34.Google Scholar
6 Zur Kritik an Bartschs zeitgeschichtlicher Funktionalisierung von Lk 22.35–8 vgl. auch: Schneider, G., Das Evangelium nach Lukas (ÖTK 3/2; Würzburg: Echter/Gütersloh: Güters-loher, 1977) 455.Google Scholar
7 R. Eisler, Ίησος βασιλεὐς οὐ βασιλεσας Die messianische Unabhängigkeitsbewegung vom Auftreten Johannes des Täufers bis zum Untergang Jakobs des Gerechten (Bd. 2; Heidelberg: Winter, 1930) 267.Google Scholar Eisler geht davon aus, daß sich Jesus angesichts der Erfolglosigkeit seiner Sendung zur bewaffneten Durchsetzung seiner Botschaft entschlossen habe. Er unterscheidet also eine gewaltfreie und eine Gewalt befürwortende Phase im Leben Jesu. Das Schwertwort gehöre chronologisch zusammen mit der Aussendung der 70 Jünger, die in ihrem Auftreten mit zwei Dolchen als Sikarier angesehen werden könnten, in diese zweite Phase. Abge-schwächt wird die These Eislers von Schalom Ben Chorin, Bruder Jesus (München: List, 1967) 25,147Google Scholar, vertreten, der annimmt, daß Jesus ‘für Augenblicke seiner kurzen Wirksamkeit diesem (sc. der Zeloten) Einfluß erlegen ist und selbst an Bewaffnung dachte’. In der Geschichte der Leben-Jesu-Forschung gibt es eine Linie, die Jesus unter Bezug auf Lk 22.35–8 als einen politischen Aufrührer sieht, der das jüdische Volk von Fremdherrschaft befreien wollte (so: Hermann S. Reimarus, Karl Kautsky, Rudolf Eisler, Josef Carmichael, Heinrich Buhr und Samuel George F. Brandon; vgl.: Schrey, H.-H., ‘Gewalt/Gewaltlosigkeit I’, TRE 13 [1984] 170).Google Scholar Jüngstes Beispiel fur eine solche Sicht ist die Popularisierung der Thesen Richard Eisenmans in dem wissenschaftlich unseriösen Bestseller von Michael Baigent und Richard Leigh, Verschluβsache Jesus. Die Qumranrollen und die Wahrheit über das frühe Christentum (München: Droemer/Knaur, 1991)Google Scholar vgl. dort etwa 246. Vgl. auch Gillmann, J., ‘A Temptation to Violence: The Two Swords in Lk 22:35–38’, LouvSt 9 (1982) 142–53,Google Scholar der die Szene als momentane Versuchung Jesu zur Gewalt zu verstehen sucht. Schrage, W., Ethik des Neuen Testaments (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 5. Aufl. 1989) 117–17CrossRefGoogle Scholar urteilt in dieser Frage richtig: ‘Trotzdem kann an Jesu Nein zum zelotischen Extremismus keinerlei Zweifel bestehen. Selbst in Lk 22,36–38, …, wird nicht die Aufrichtung der Gottesherrschaft durch Gewalt gepredigt …’
8 Ambroise de, Milan, Traité sur I'Évangile de S. Luc (SC 52; Paris: Cerf) 10.53.Google Scholar
9 Origenes, , ‘Erklärung zu Mt 19.12. Tom 15.2’, Origenes Werke: Origenes Matthäus-erklärung (Bd. 10; ed. Klostermann, E.; Leipzig: J. C. Hinrich, 1935).Google ScholarCaspary, G. E., Politics and Exegesis. Origen and The Two Swords (Berkeley: University of Calif., 1979) 2,Google Scholar irrt, wenn er schreibt: ‘It is by no means certain that in any of the works Origen even refers to the two swords of Luke.’
10 Magni, S. Basilii, Regulae Brevius Tractatae 3 (Migne [PG] 31) 1249:Google Scholar ‘Warum verbietet der Herr eigentlich einen Geldbeutel und Tasche auf dem Weg zu tragen, denn einmal sagt er: “Jetzt aber, wer einen Geldbeutel besitzt, der nehme ihn und desgleichen auch die Tasche; und wer nicht hat, verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert.”’
11 Zum Wandercharismatikertum vgl.: Theißen, G., ‘Wanderradikalismus. Literatursozio-logische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum’, ZThK 70 (1973) 254–73;Google Scholar ders., ‘“Wir haben alles verlassen” (Me X,28). Nachfolge und soziale Entwurzelung in der jüdisch-palästinischen Gesellschaft des 1. Jahrhunderts’, NovTest 19 (1977) 161–96;Google Scholar ders., Soziologie der Jesusbewegung. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums (TEH 194; München: Kaiser, 1977).Google Scholar
12 Vgl. hierzu Theißen, Soziologie, 17–18.
13 So Schürmann, H., Jesu Abschiedsrede Lk 22,21–38. III. Teil einer quellenkritischen Untersuchung des lukanischen Abendmahlberichtes Lk 22,7–38 (NTA 20/5; Münster: Aschen-dorff, 1957)134.Google Scholar
14 So etwa Hoffmann, P., Studien zur Theologie der Logienquelle (NTA 8; Münster: Aschen-dorff, 1972) 244, 269Google Scholar Anm. 111. Schmithals, W., Evangelium, 212Google Scholar, wendet sich energisch gegen eine Verortung von Lk 22.35–8 in der vorlukanischen Tradition: ‘… der Nachweis von Tradition will nicht gelingen, auch wenn er immer wieder versucht wird, um das unverständliche Wort in das Dunkel einer frühen Überlieferung stellen zu können’.
15 Hirsch, , Frühgeschichte, 260.Google Scholar
16 Dies gilt auch für die Annahme von Kee, H. C., Das frühe Christentum in soziologischer Sicht (UTB 1219; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1982) 126,Google Scholar die Jünger hätten zum Schutz von Leib und Leben auf ihren Reisen Schwerter bei sich getragen. Sie hätten damit ausdrücklich gegen ein Gebot ihres Herrn verstoßen (vgl. Lk 9.3). Nur noch phantasievoll ist die Helmbolds, Ansicht H., Vorsynoptische Evangelien (Stuttgart: Ehrenfried Klotz, 1953) 41:Google Scholar ‘Diese Geschichte hat bereits Hirsch in die Zeit der heimlichen Wanderung von Cäsarea Philippi nach Judäa eingeordnet: es gilt, sich gegen einen überraschenden Zugriff des Herodes zu sichern: nachdem Jesu Entschluß feststeht, zum Passahfest in Jerusalem zu erscheinen, darf nun nichts mehr dazwischentreten. Nur können wir hier noch eine genauere geschichtliche Bestimmung treffen. Die Schwerter brauchen nicht erst gekauft zu werden, sie sind bereits zur Hand: der ganze Vorfall ereignet sich demnach während letzter Reise-vorbereitungen in Kapernaum im Hause des Petrus und Andreas…, wo sich schließlich auch noch ein paar alte Schwerter aus vergangenen Kriegszeiten vorfinden werden …’
17 So etwa Schmithals, , Evangelium, 213:Google Scholar ‘Daß Jesus die Jünger ohne Geldbeutel, Rucksack und Sandalen aussandte (9,3; 10,4; vgl. 12,33), war ein Zeichen des Friedens; die Jünger wurde von der jüdischen Volksgemeinschaft angenommen und bedurften des Eigenen nicht.’ Schmithals, der eine Rückführung des Schwertwortes auf vorlukanische Tradition ablehnt, sieht die lukanische Sicht als unhistorisch an. Ähnlich auch die These von, Blank, Dienst, 29–34,Google Scholar nach der nun die Jünger bis hin zu einer bescheidenen Selbstverteidigung für sich selbst zu sorgen hätten.
18 So Ernst, J., Das Evangelium nach Lukas (RNT 3; Regensburg: Pustet, 1979) 407.Google Scholar
19 So Schneider, , Lukasevangelium, 455.Google Scholar
20 Vgl. Jos bell 2.8.4 über die Essener: ‘… Deshalb nehmen sie auch bei ihren Reisen gar nichts mit außer Waffen zum Schutz gegen Räuber … Weder Kleider noch Schuhe wechseln sie, ehe das bisherige Stück ganz und gar zerrissen oder mit der Zeit verbraucht ist. Nichts aber kaufen oder verkaufen sie untereinander, sondern dem, der Bedarf hat, gibt jeder seinen Besitz und empfängt umgekehrt von jenem, was er brauchen kann, ja auch ohne Gegen-leistung ist die Entnahme von Gütern, bei wem man will, unverwehrt.’
21 Schürmann, , Abschiedsrede, 135.Google Scholar
22 Vgl. hierzu auch: Theißen, Soziologie, 15–16.
23 Entweder unterscheidet ό ἔχων und μἔἒχων die Besitzenden und die Nicht-Besitzenden (bei Annahme von Objektlosigkeit) oder es ist ein Objekt zu ergänzen: wer Geldbeutel und Reisetasche hat, laβe sie nicht zu Hause, und wer kein Schwert hat, kaufe eines, auch wenn er dafür sein Obergewand verkaufen muß.
24 Hahn, F., Christologische Hoheitstitel. Ihre Geschichte im frühen Christentum (FRLANT 83; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2. Aufl. 1964) 169.Google ScholarWiefel, Anders W., Das Evan-gelium nach Lukas (ThHk 3; Berlin: Ev. Verlagsanstalt, 1988) 375:Google Scholar ‘Besonders in Blick auf V. 35f. ist an eine Herkunft aus SLk zu denken. Die Verse scheinen eine Weiterführung des in die Missionssituation hinein sprechenden Weisungswortes an die 70 in Lk 10,4 zu bilden.’
25 Pfleiderer, O., Das Urchristentum. Seine Schriften und Lehren in geschichtlichem Zusam-menhang (Bd. 1; Berlin: Reimer, 2. Aufl. 1902) 462.Google Scholar Pfleiderer unterstellt Jesus die Absicht, sich seiner Feinde mit Waffen zu erwehren. Dabei dachte er an einen von der Hierarchie provozierten Überfall und nicht an ein Eingreifen der Obrigkeit. Hierfür seien zwei Schwerter zur Abwehr genug.
26 Ambroise, , Traité 10.55.Google Scholar
27 Ambroise, , Traité 10.54.Google Scholar
28 Migne (PG) 1249.
29 So spricht beispielsweise Kremer, J., Lukasevangelium (NEB 3; Würzburg: Echter, 1988) 217,Google Scholar von einer formelhaften, vielleicht ironischen Beendigung des Gesprächs von Seiten Jesu. Problematisch für ein solches Verständnis von ἱκανός στιν ist allerdings das Fehlen jeglicher sprachlicher Parallelen; vgl. Rengstorf, K.-H., ‘ἱκανός’, ThWNT 3 (1938) 296.Google Scholar
30 So auch in der neueren Forschung Schrage, Ethik, 117.
31 Vgl. die Diskussion bei Conzelmann, H., ‘Der geschichtliche Ort der lukanischen Schriften im Urchristentum’, Das Lukas-Evangelium (ed. Braumann, G.; WdF 280; Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1974) 236–60.Google Scholar
32 Stegemann, W., Zwischen Synagoge und Obrigkeit. Zur historischen Situation der lukanischen Christen (FRLANT 152; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1991) 37,CrossRefGoogle Scholar hat jüngst bestritten, von Lk 22.36 aus auf die geschichtliche Situation der lukanischen Christen rüickschlieβen zu können: ‘Das sogenannte “Schwertwort” Lk 22,36 spricht noch un-bestimmter von der Zukunft bzw. den Erfahrungen der Christen, so daß es für eine Analyse der lukanischen Erfahrungen nicht in Frage kommt.’ Ich meine, daß Stegemann hier zu rigoros argumentiert und werde versuchen, gerade auch auf dem Hintergrund der Ergebnisse seiner Untersuchung zu zeigen, daß Lk 22.35–8 auch auf der Ebene der Erfahrungen der lukanischen Gemeinden historisch verständlich gemacht werden kann.
33 Schürmann, , Abschiedsrede, 137.Google Scholar
34 Zum lukanischen Geschichtsbild vgl. auch die ausgezeichnete Übersicht bei Wiefel, Lukasevangelium, 22–37.
35 Vgl. zu der Verwendung des Jesajazitates bes.: Rese, M., Alttestamentliche Motive in der Christologie des Lukas (StNT 1; Gütersloh: Gütersloher, 1969).Google Scholar
36 Theiβen, G., Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition (NTOA 8; Freiburg: Universitätsverlag/Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1989) 233,Google Scholar analysiert die Trägerkreise von Q: ‘Hinter Q steht eine innerjüdische Erneuerungsbewegung, die mit prophetischer Radikalität die Umkehr jedes einzelnen in Israel fordert. Sie setzt darin die Botschaft des Täufers und Jesu fort.’ Theiβen neigt dazu, Q in zeitlicher Nähe zur Caligula-Krise (40 n.Chr.) zu datieren; a.a.O., 230. Vgl. auch die ähnliche Sicht bei Steck, O. H., Israel und das gewaltsame Geschick der Propheten. Untersuchungen zur Überlieferung des deuteronomistischen Geschichtsbildes im Alten Testament, Spätjudentum und Urchristentum (WMANT 23; Neukirchen: Neukirchener, 1967) 287–8.Google Scholar
37 Vgl. Theiβen, Lokalkolorit, 210: ‘Die apokalyptische Prophetie hinter Mk 13 wendet sich an ortsfest lebende Christen, die Passionsgeschichte ist aus der Perspektive der Jerusalemer Gemeinde geschrieben. In diesen Ortsgemeinden wird die Jesusüberlieferung durch eine theologische Reflexion gestaltet, die sie mit alttestamentlichen Zitaten und Anspielungen durchdringt.’
38 Historischer Anlaβ der Krise ist das Niederreiβen eines Altars in Jamnia durch Juden. Ein möglicherweise übertriebener Bericht an die Römer provozierte die Reaktion, ein Kai-serbild im Jerusalemer Tempel aufzustellen. Der Befehl ergeht an Petronius, der mit 2 oder 3 Legionen nach Syrien zieht. Man rechnete mit einem gröβeren Krieg. Durch langsame Ausführung des Befehls gewann Petronius Zeit zu Verhandlungen mit der jüdischen Aristo-kratie, durch die er sich dazu bewegen lieβ, in Rom um die Rücknahme des Befehls zu bitten. Parallel hierzu erreichte Agrippa I. durch eine Intervention die Rücknahme des Befehls durch Rom. Die Ermordung des Kaiser am 24.1.41 beendete diese Krise endgiiltig. Eine exakte Darstellung des Ablaufs und der Hintergründe des Konfliktes findet sich bei Theiβen, Lokal-kolorit, 146–61; vgl. auch: Bilde, P., ‘The Roman Emperor (Caligula's) Attempt to Erect his Statue in the Temple of Jerusalem’, StTh 32 (1978) 67–93;Google ScholarSt., Perowne, The Later Herods. The Political Background of the New Testament (New York: Abingdon, 1958).Google Scholar Zu den in unmittelbaren Zusammenhang mit der ‘Caligula-Krise’ stehenden Konflikten um das von den Griechen geforderte Aufstellen von Kaiserbildern in Alexandria vgl. als umfassendste neuere Darstellung: C. Kraus-Reggiani, ‘I rapporti tra l’imperio Romano e il mondo ebraico al tempo di Caligula secondo la ‘Legatio ad Caium' di Filone Alessandrino’ (ANRW II.21/1; Berlin: de Gruyter, 1984) 554–86.Google Scholar
39 Jos, bell 2.192Google Scholar; ant 18.256–309.
40 Philo, LegGai 197–337.Google Scholar
41 Vgl. hierzu: Theiβen, G., ‘Gewaltverzicht und Feindesliebe (Mt 5,38–48/Lk 6,27–38) und deren sozialgeschichtlicher Hintergrund’, Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr, 1979) 160–97.Google Scholar
42 Vgl. Reicke, B., Neutestamentliche Zeitgeschichte (Berlin: de Gruyter, 3. Aufl. 1982) 217–18.Google Scholar
43 daß sich das lukanische Schwertwort urspriinglich auf den verfolgten und nach Antiochien ausgewichenen hellenistischen Teil der Jerusalemer Urgemeinde bezogen haben konnte, erscheint dadurch ausgeschlossen, daß die Umwertung des Ethos der Wandercharis-matiker in Lk 22.36 nur fur die palästinisch geprägten Trägerkreise der Q-Überlieferung plausibel wirkt.
44 Euseb berichtet in seiner Kirchengeschichte ausdrücklich, daß die Christen aufgrund einer Offenbarung noch vor dem Ausbruch des Jüdischen Krieges Jerusalem verlassen hätten und nach Pella in der Dekapolis geflohen seien (h.e. 3.5.3). So auch Reicke, , Zeitgeschichte, 218.Google ScholarWeizsäcker, C., Das Apostoliche Zeitalter der christlichen Kirche (Tübingen/ Leipzig: Mohr, 3. Aufl. 1902) 357,Google Scholar vertritt gegen Euseb die Ansicht, daß die Christen erst nach dem jüdischen Sieg über Cestius (67 n.Chr.) geflohen seien, da erst zu diesem Zeitpunkt der Zelotismus eindeutig die Oberhand gewonnen hätte.
45 Cyrill von, Alexandrien, ‘I: Homilia 145, Lk 22,34–38’, Lukas-Kommentare aus der griechischen Kirche (ed. Reuss, J.: TU 130; Berlin: Akademie, 1984) 213–14.Google Scholar
46 Zu Agrippa I. vgl.: Görg, a., ‘Agrippa’, NBL 1 (1991) 62;Google ScholarSchürer, E., Geschichte des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesus Christi (Bd. 1; Hildesheim: O1ms, Nachdr. der 4. Aufl. 1970) 549–64;Google ScholarReicke, , Zeitgeschichte, 198–205.Google Scholar
47 Eine knappe, aber präzise biographische Skizze Agrippas I. findet sich auch bei: Kraft, H., Die Entstehung des Christentums (Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1981) 280–2.Google Scholar
48 Hengel, M., ‘Die Ursprünge der christlichen Mission’, NTS 18 (1971/1972) 30 A. 53,CrossRefGoogle Scholar meint jedoch im Gegensatz hierzu, ‘Agrippa I. habe weniger mit den Pharisäern als mit dem sadduzäischen Adel im Bunde’ gestanden. Dies sei auch die Ursache dafür, daß er die Hinrichtung Jakobus des Zebedaiden veranlaβt habe.
49 Vgl. Lüdemann, G., Paulus, der Heidenapostel. Bd. 2: Antipaulinismus im frühen Christentum (FRLANT130; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1983) 73 A. 35.Google Scholar
50 Jos ant 19.7.2. Dieser Plan zum Bau einer dritten Stadtmauer konnte allerdings wegen des Einspruches des syrischen Statthalters Marsus bei Kaiser Claudius nicht vollendet werden.
51 Jos ant 19.7.3. daß die Haltung Agrippas politischem Kalkül entsprang, läβt sich schon allein daran erkennen, daß er auβerhalb Judäas weiterhin als hellenistischer Fürst regierte, Amphitheater, Bäder und Säulenhallen bauen und Gladiatorenkämpfe stattfinden lieβ (Jos ant 19.7.5). Von daher ist es nicht verwunderlich, daß er vereinzelt von jüdischer Seite der Heuchelei beschuldigt wurde. Josephus, berichtet (ant 19.7.4)Google Scholar, daß ein gewisser Simon den Konig der unjüdischen Lebensweise bezichtigte. Dieser Protest blieb aber ohne breitere Wirkung. Tos. Sota 13.6.8; Nazir 4.7 kennen einen Simon, den Gerechten, der als Hohe-priester die Verheiβung gab, daß die Kaiserstatue Caligulas nicht in den Tempel gelangen werde. Josephus weiβ hiervon nichts, jedoch ist möglich, daß es sich urn diesselbe Person gehandelt haben könnte. Wichtig ist jedoch, das auch die spätere jüdische Überlieferung noch von dem Erfolg der Anpassungsstrategie des Agrippa wuβte und das damalige Verhalten der Jerusalemer Juden rückblickend scharf verurteilte: ‘im Namen R. Nathans haben sie gesagt: an jenem Tag hat sich Israel des Untergangs schuldig gemacht; denn sie heuchelten Agrippa’ (Tos. Sota 7.16). Kraft, , Entstehung, 282,Google Scholar sieht in dem vorteilhaften Bericht, den Josephus über Agrippa I. liefert, einen Nachhall ‘jener pharisäischen Propaganda, mit der diese das Eintreten des Königs für ihre Grundsätze erwiderte’.
52 Mi. Orla 2.12. Vgl. Schlatter, A., Geschichte Israels von Alexander dem Groβen bis Hadrian (Calw: Calwer, 3. Aufl. 1925) 271.Google Scholar Auch der in A. 6 erwähnte Simon war ξακριβάζειν δοκν τ νόμιμα (Jos ant 17.7.4) und wohl Pharisäer. Zu der These, daß sich Agrippa beson-ders bei den Pharisäern anheischig machte, vgl.: Kraft, , Entstehung, 281–2Google Scholar; Smith, M., Jesus the Magician (New York: Harper & Row, 1978) 29;Google Scholar Reicke, Zeitgeschichte, 148–9 und besonders Schürer, Geschichte 1.549–64.
53 Jos ant 19.7.3 nach der Übersetzung von Heinrich Clementz.
54 Die spätere rabbinische Überlieferung bewahrte hieran noch eine Erinnerung, indem sie in Tos. Sanh. 9.11 von der Hinrichtung der Tochter eines Priesters nach den Vorschriften des (jüdischen) Gesetzes unter Agrippa I. berichtet. Näheres hierzu: Schlatter, , Geschichte, 435 A. 243.Google Scholar
55 Vgl. hierzu: Theiβen, Lokalkolorit, 206.
56 So auch Lüdemann, , Paulus, 74.Google Scholar
57 Cullmann, O., ‘Courants multiples dans la communauté primitive. A propos du martyre de Jacques fils de Zébédé’, RSR 60 (1972) 55–68,Google Scholar zeigt einerseits deutlich, daß der unmittel-bare Grand für die Hinrichtung aus den direkten Quellen nicht mehr erhebbar ist. Auf der anderen Seite glaubt er, daß Jakobus wegen zelotischer Tendenzen hingerichtet worden ist. Cullmann erkennt meines Erachtens jedoch richtig, daß wie bei der ersten Christenver-folgung in den 30er Jahren wiederum nicht die gesamte, sondern nur Teile der Jerusalemer Gemeinde betroffen waren.
58 Suhl, A., Paulus und seine Briefe (StNT 11; Gütersloh: Gütersloher, 1975) 316–21,Google Scholar vertritt die These, daß im Zusammenhang mit Apg 12 Lukas den Märtyrertod des Jakobusbruders Johannes bewust verschweige. Suhl muß dabei von einer Frühdatierung des Apostelkonzils ausgehen. Lukas habe die Zebedaidenfrage aus Mk 10.35–45 bewuβt gestrichen, da er erst in Apg 15 über das Apostelkonzil berichtet. Die Auslassung erkläre sich also aus der lukanischen Redaktion. Andere Autoren gehen davon aus, daß Lukas das Martyrium des Johannes unter dem Einfluß der ephesinischen Johannes-Tradition ausgelassen habe: Schwartz, E., ‘Über den Tod der Söhne Zebedäi. Ein Beitrag zur Geschichte des Johannes-evangeliums’, AGG (1904) 3–53.Google Scholarüller, W., ‘Zur Johannes-Tradition’, ZNW 15 (1914) 189–209.Google Scholar
59 Besonders betont wird die Bedeutung der Familienzugehörigkeit von Stauffer, E., ‘Zum Kalifat des Jakobus’, ZRGG 4 (1952) 193–214;Google Scholar vgl. auch: E. Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums. Bd. 3: Die Apostelgeschichte und die Anfänge des Christentums (1923) z. St. Gegen diese Auffassung: Gaechter, P., Jakobus von Jerusalem. Petrus und seine Zeit (Innsbruck: Tyrolia, 1958) 258–310.Google Scholar
60 Theiβen, Lokalkolorit, 205.
61 Theiβen, Lokalkolorit, 205.
62 Jos ant 20.200–1; vgl.: Kraft, , Entstehung, 286–9.Google Scholar
63 Jos ant 20.201–2.
64 Euseb h.e. 3.5.3.
65 Deutlich wird dies besonders aus dem Bericht des Hegesipp im fünften Buch seiner Hypomnemata (Euseb h.e. 2.23.3–19).
66 Der sadduzäische Hohepriester Ananos wurde noch im Jahr 62 n.Chr. abgesetzt.
67 Vgl. Theiβen, Lokalkolorit, 201–11.
68 Vgl. hierzu: Berger, K., Historische Psychologie des Neuen Testaments (SBS 147/47; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1991).Google Scholar
69 Vgl. Berger, , Psychologie, 21–2.Google Scholar
70 Stegemann, W., Synagoge, 268.Google Scholar
71 Vgl. Lk 23.2; Apg 21.38; 24.5; vgl. 19.40.
72 Wahrscheinlicher als eine konkrete Verfolgung der lukanischen Christen, ist die Annahme, daß sie Delationen von jüdischer Seite gegenüber der römischen Obrigkeit ausgesetzt waren. Diese Konflikte waren sowohl durch das politische Motiv, der Gefährdung des Judentums der Diaspora durch das messianische Selbstverständnis der Christen, durch das soziale Motiv der Beeinträchtigung der Einflußsphäre der Synagoge als auch durch das religiöse Motiv der Beeinträchtigung der Identität des Judentums durch die Christen provoziert. Vgl. hierzu, Stegemann, Synagoge, 147–86,Google Scholar der diese These ausführlich begründet.
73 Zu der Annahme einer Verfolgungssituation, die die lukanische Christenheit als eine ‘ecclesia pressa’ erleide, vgl.: Braumann, G., ‘Das Mittel der Zeit. Erwägungen zur Theologie des Lukas-Evangeliums’, ZNW 54 (1963) 117–45.CrossRefGoogle Scholar
74 Vgl. hierzu, Berger, Psychologie, 34;Google ScholarRöhser, G., Metaphorik und Personifikation der Sünde (WUNT 2/25; Tübingen: Mohr, 1987) 150–5.Google Scholar In beiden Untersuchungen finden sich Kriterien für die historisch-psychologische Frage, wie Menschen etwas erlebt und wahr-genommen haben.
75 Das betonte λλ νν macht deutlich den zeitlichen Einschnitt.
76 Zu den Rechtsgrundlagen staatlicher Verfolgung gegen Christen: Klein, R., (Hg.)Das frühe Christentum im römischen Staat (WdF 167; Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 2. Aufl. 1982);Google ScholarBarnes, T. D., ‘The Legislation against the Christians’, JRS 58 (1968) 32ff.;Google ScholarKeresz-tes, P., ‘The Imperial Roman Government and the Christian Church. I. From Nero to the Severi’ (ANRW II.23.1; Berlin: de Gruyter).Google Scholar
77 Stegemann, Synagoge, 193, sieht bei Lukas eine Konfliktebene der Christen mit staatlichen Instanzen reflektiert, die auf einer Verbindung strafrechtlicher Vorwiirfe mit administrativem Vorgehen beruhe.
78 Vgl. dazu: Lk 6.22; 9.24; 21.12; Apg 5.41; 9.16; wahrscheinlich gehören in diesen Kontext auch die Worte vom Kreuztragen: Lk 9.23; 14.17.
79 Vgl. Plümacher, E., ‘μάχαιρα’, EWNT 2 (1981) 978–9.Google Scholar
80 Strategien konformer Ethik finden sich u.a. auch bei Paulus und im l.Petr. Vgl. hierzu: Heiligenthal, R., ‘Strategien konformer Ethik im Neuen Testament am Beispiel von Röm 13,1–7’ NTS 29 (1983) 55–61;CrossRefGoogle ScholarDers.; Werke als Zeichen. Untersuchungen zur Bedeutung der menschlichen Taten im Frühjudentum, Neuen Testament und Frühchristentum (WTJNT 2/9; Tübingen: Mohr, 1983) 93–114.Google Scholar