In der vorliegenden Arbeit versuche ich, auf der genauen Ebene des Textes und der dort angeführten Quellen einen kleinen Teil jener viel zu unverständlichen und daher bis heute noch niemals genau geprüften Fußnote über den »Berufs«-Begriff in der Abhandlung Max Webers: »Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus« zu entschlüsseln. Zuerst will ich zeigen, welch großen Stellenwert Webers Argumentation über den lutherischen »Berufs«-Begriff für die ganze Konstruktion der PE hat. In der ersten Hälfte der PE versucht Weber, die Quelle des »Geistes des Kapitalismus« bis zum alten Protestantismus zurückzuverfolgen. Beachtet man aber die Darlegungen der PE genau, dann wird klar, daß dabei Weber in Wirklichkeit dem Ursprung des »Geistes des Kapitalismus« doch nicht direkt, sondern auf einem Umweg, nämlich mit der Suche nach der geschichtlichen Herkunft des »Gedankens der Berufspflicht« nachgeht. Um diese Zurückführung zu ermöglichen, müssen die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sein:
1: daß es Weber gelingt, den »Gedanken der Berufspflicht«, und zwar als etwas, das für den »Geist des Kapitalimus« von konstitutiver Bedeutung ist, in den »Geist des Kapitalismus« einzuführen,
2: und daß es ferner Weber möglich ist, den Ursprung dieses »Gedankens der Berufspflicht« bis zum »alten Protestantismus« zurückzuverfolgen.
Als Weber aus den zwei Traktaten Benjamin Franklins den Idealtypus des »Geistes des Kapitalismus« komponiert, wird der »Gedanke der Berufspflicht« in ihn noch nicht eingeführt. Nach der dortigen Definition des »Geistes des Kapitalismus« wird das »Interesse an der Vergrößerung seines Kapitals < Archiv: Vermögens >« (Archiv, 14; RS, 33) zwar »als Selbstzweck« aber nicht als Berufspflicht angesehen.