Persönlichkeiten der Geschichte mit einander zu vergleichen, könnte als ein schon methodologisch verfehltes Unterfangen bezeichnet werden, da ja jede geschichtliche Erscheinung als Individuum ein Einmaliges und Besonderes darstellt. Und doch schließt der Begriff Individuum Verwandtschaft oder Gleichgerichtetheit in Wesentlichem und Unwesentlichem nicht aus. Eine Vergleichung kann daher als gegenseitige Aufhellung oder auch Beleuchtung des einem aus dem andern neue Gesichtspunkte der Charakteristik aufzeigen, vorausgesetzt, daß zur Vergleichung ein gemeinsamer psychologischer oder geistiger Grund und Boden vorhanden ist. In diesem Sinne mag der nachfolgende Versuch aufgefaßt werden. Wenn dabei in unserer Fragestellung der Name Keller dem Goethes vorangeht, so wird damit natürlich nicht eine Wertordnung ausgedrückt, sondern eine Messung des späteren Dichters an dem sozusagen absoluten Maßstab des früheren.