Die Normgebundenheit des sozialen Verhaltens ist eine einfache, ja triviale Alltagserfahrung: wir geraten ständig an Kreuzungen, die mit grünen und roten Signalen versehen sind, — in soziale Situationen, die offenbar bereits von anderen entdeckt, fixiert, vorgeformt sind. Es steht uns nicht frei, diese Vorgeformtheit, diese Besetzung von Situationen mit positiv und negativ bewerteten Alternativlösungen ohne weiteres zu ignorieren. Wenn wir uns um die grünen und roten Lichter nicht scheren, wird unser Verhalten dennoch von anderen als eine Antwort auf diese Signale interpretiert, — auch wenn es gar nicht in unserer Absicht lag, uns eine Frage stellen zu lassen. So können wir in einer ersten Annäherung sagen : die Normgebundenheit sozialen Verhaltens bedeutet, daß soziale Situationen mit bestimmten Alternativen belastet sind, die auf irgendwelchen Verabredungen zu beruhen scheinen; Verabredungen, von denen man nicht recht weiß, wer sie eigentlich getroffen hat; Verabredungen, die wir nicht aus der Welt schaffen, wenn wir sie von Fall zu Fall nicht akzeptieren. Sie sind irgendwie so auf Dauerhaftigkeit angelegt, daß sie vom Einzelnen nicht beliebig außer Kraft gesetzt werden können.