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Selbstbild und Gesellschaftsbild Wissenssoziologische Überlegungen zum Image-Begriff

Published online by Cambridge University Press:  28 July 2009

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Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen steht ein Begriff, der wissenschaftlich zuerst von der Psychologie, genauer : der Marktpsychologie, in Anspruch genommen worden ist, der aber darüber hinaus alle Aussicht hat, zu einer fruchtbaren Kategorie auch der Soziologie zu werden. Allerdings ist es — außer für die Zwecke der Konsumforschung — bis jetzt den Sozialwissenschaften noch nicht gelungen, die Bedeutung des Image-Begriffs klar zu umreißen. Mit Recht konnte Ralf Dahrendorf kürzlich feststellen : »The terms ‘image’ and ‘self-image’ have become rather fashionable of late, although one suspects that this fashion has not added either to their denniteness or to their usefulness« (1). Aber die wachsende Beliebtheit von Begriff en wie »soziales Image«, »soziales Weltbild«, »Gesellschaftsbild«, »Selbstverständnis« u.ä. scheint doch darauf hinzuweisen, daß hier eine Sache von wesentlicher Bedeutung gemeint ist. Allen diesen Begriffen ist gemeinsam, daß sie sich auf ein subjektives Element im gesellschaftlichen Gefüge beziehen, dem offenbar ein besonderes Gewicht beigemessen wird.

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Research Article
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Copyright © Archives Européenes de Sociology 1962

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References

(1) Dahrendorf, Ralf, European Sociology and »the American Self-Image«, Europäisches Archiv für Soziologie, 11 (1961), S. 327.Google Scholar

(2) Cf. Kleining, Gerhard, Zum gegenwärtigen Stand der Image-Forschung, Psychologie und Praxis (1959), H. 4Google Scholar, mitausführl. Bibliographie.

(3) Ibid. S. 202. Vgl. Kleining, weiter: G. und Moore, H., Das Bild der sozialen Wirklichkeit; Analyse der Struktur und Bedeutung eines Images, Kölner Z. Soziol. u. Soz.psych., XI (1959), H. 3Google Scholar, sowie von denselben Autoren: Das soziale Selbstbild der Gesellschaftsschichten in Deutschland ibid. XII (1960), H. I.

(4) Kleining, G., Zum gegenwärtigen Stand der Image-Forschung, Op. cit. S. 202.Google Scholar

(5) Gardner, B. und Leyy, S., The Product and the Brand, Harvard Business Review, XXIII (1955), H. 2.Google Scholar Weitere Literatur zum marktpsychologischen Image-Begriff bei Kleining, , Op. cit.Google Scholar

(6) Cf. Spiegel, dazu Bernt, Die Struktur der Meinungsverteilung im sozialen Feld; Das psychologische Marktmodell (Bern und Stuttgart 1961).Google Scholar

(7) Cf. dazu zahlreiche Beispiele aus der Motivforschung bei Dichter, Ernest, Strategie im Reich der Wünsche (Düsseldorf 1961).Google Scholar Bekannt geworden sind insbesondere die Untersuchungen über die Motive beim Autokauf.

(8) Cf. Z.B. das von B. Spiegel mitgeteilte Experiment, bei dem starken Rauchern ihre persönliche Zigarettenmarke angeboten wurde, ohne daß diese an der Verpackung oder dem Papier kenntlich war: Nahezu alle behaupteten, diese Zigarette schmecke ihnen nicht, während sie die anschließend aus der Originalpackung angebotenen gleichen Zigaretten mit der Bemerkung genossen, wie gut doch diese im Vergleich zu den im Versuch angebotenen seien, Zigaretten (op. cit. S. 40 sq.).Google Scholar

(9) Lippmann, Walter, Public Opinion (New York 1922), S. 5970, 253275.Google Scholar

(10) Dies ist der Grund, weshalb wir bei dem nicht eben schönen Ausdruck »Image« bleiben. Abgesehen davon, daß dieser Ausdruck sich jedenfalls in der Psychologie durchzusetzen scheint, hat er wie andere derartige Fremdwörter den Vorzug, weder literarisch noch philosophisch vorbelastet zu sein.

(11) Cf. diese Ausdrücke bei Elias, Norbert, Problems of Involvement and Detachment, The British Journal of Sociology, VII (1956), S. 226 sqq.CrossRefGoogle Scholar

(12) Cf. dazu die Theorie von Spiegel, B., op. cit.Google Scholar, der die Frage des »zusätzlichen Aufforderungswerts« von Reklame und Propaganda in § 5: »Der Einfluß von Propaganda und Werbung« untersucht. Cf. dazu meine Rezension des Spiegel, Buches von, in Psyche, XV (1961), H. 8.Google Scholar

(13) An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß Images generell symbol-haften Charakter haben — eine Tatsache, auf die wir im Folgenden nicht weiter eingehen. Nahezu alle Images sind auch als »Symbole« zu verstehen, die bestimmte psychische und soziale Zuständlichkeiten und Verankerungen ausdrücken und repräsentieren.

(14) Cf. dazu mit vielen weiteren Beispielen: Packard, Vance, The Hidden Persuaders (London/New York 1957).Google Scholar

(15) Cf. Asemissen, Ulrich, Egologische Reflexionen, in: Gesellenstücke, unveröffentlichte Festschrift für H. Plessner, Göttineren 1957.Google Scholar

(16) Plessner, Helmuth, Die Stufen des Organischen und der Mensch; Einleitung in die philosophische Anthropologie (Berlin und Leipzig 1928)Google Scholar; und neuerdings Conditio Humana (Berlin/Frankfurt/Wien 1961)Google Scholar, sowie Das Problem der Öffentlichkeit und die Idee der Entiremdung, Güttinger Universitätsreden Nr. 28 (Göttingen 1960).Google Scholar

(17) Sartre, Jean-Paul, Critique de la raison dialectique, Bd. I: Théorie des ensembles pratiques (Paris 1960), S. 93.Google Scholar

(18) Über diese Zusammenhäange fehlen vorerst Untersuchungen, wie denn über-haupt das Verhältnis von philosophischer Anthropologie und Psychoanalyse noch der Klärung bedarf.

(19) Cf. Mead, George Herbert, Mind, Self and Society (Chicago 1934), S. 173 sqq.Google Scholar

(20) Cf. Begriff, Freuds des »Über-Ich«Google Scholar, mit dem Mead selbst das me vcrghchen hat (a.a.O., S, 210):

The structure of the ‘me’ does not there determine the expression of the ‘I’. If we use a Freudian expression the ‘me’ is in a certain sense a censor. It determines the sort of expression which can take place, sets the stase, and eives the cue.

(21) Mead, , op. cit. S. 177.Google Scholar

(22) Cf. diese Ausdrücke bei Gehlen, Arnold, Der Mensch6 (Bonn 1958), S. 279.Google Scholar

(23) Die Bedcutung der Sprache wie auch die außersprachlicher Symbole kann hier nicht untersucht werden. Sie ist besonders von Mead analysiert worden.Vgl. auch die wichtigen Überlegungen bei Plessner, H., Conditio Humana, op. cit.Google Scholar, und Gehlen, A., Der Mensch, op. cit. S. 49 sqq und S. 207 sqq.Google Scholar

(24) Bahrdt, H. P., Popitz, H., Jüres, E. A., Kesting, H., Das Gesellschaftsbild des Arbeiters; Soziologische Untersuchungen in der Hüttenindustrie (Tübingen 1957).Google Scholar

(25) Cf. zur Methodik der Image-Forschung: Kleining, G., Die Bedeutungsanalyse, Zeilschrift für Markt- und Meinungsforschung, II (1958/1959), H. 1 und 2.Google Scholar

(26) von Friedeburg, Ludwig, Zum politischen Potential der Uinfragepsychologie, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, XIII (1961), S. 212.Google Scholar

(27) Cf. Roessler, Z. B. Wilhelm, Jugend im Erziehungsfeld; Haltung und Verhalten der deutschen Jugend in der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts (Düsseldorf 1957)Google Scholar; Bertlein, Hermann, Das Selbstverständnis der Jugend heute; Eine empirische Untersuchung über ihre geistigen Probleme, ihre Leitbilder und ihr Verhältnis zu den Erwach-senen, hrsg. v. II. Roth (Hannover 1960).Google ScholarJaide, Walter, Eine neue Generation? Eine Untersuchung über Werthaltungen und Leitbilder der Jugendlichen (München 1961).Google Scholar Für die Ansätze auf anderen Gebieten der Soziologie vgl. z.B. Wurzbacher, Gerhard, Leitbilder gegenwärtigen deutschen Familienlebens2 (Stuttgart 1954)Google Scholar, und vor allem Kleining, G., Moore, H., Das soziale Selbstbihl der Gesellschaftsschichten in Deutschland, op. cit.Google Scholar, und Kleining, G., Die Idee des»eehten Mannes« in Ueutschland, Psychologie und Praxis, III (1959), H. 3.Google Scholar

(28) K. E. Boulding schreibt dazu:

Even at the level of simple or supposedly simple sense perceptions we are increasingly discovering that the message which comes through the senses is itself mediated through a value system. We do not perceive our sense data raw: tliey are mediated through a highly learned Process of interpretation and acceptance.

The Image (Ann Arbor 1961), S. 13/14.Google Scholar

(29) Boulding, ibid. S. 12.

(30) Anticipatory socialization: cf. diesen Ausdruck bei Merton, Robert K., Social Theory and Social Structure2 (Glencoe 1957), S. 384 sq.Google Scholar

(31) Cf. zu diesem Gedanken auch: Plessner, H., Soziale Rolle und menschliche Natur, Erkenntnis und Verantwortung, Festschrift für Th. Litt (Düsseldorf 1961), S. 105115.Google Scholar

(32) Hierzu und zum folgenden: Straus, Erwin, Der Mensch als fragendes Wesen, Jahrbuch für Psychologie und Psychotherapie (1956).Google Scholar

(33) E. Straus, ibid. (Sonderdruck) S. 13.

(34) Sartre, J.-P., op. cit.Google Scholar

(35) Straus, E., op. cit. S. 15.Google Scholar

(36) Cf. Begriff, über denfeedbackGoogle Scholar: Wiener, Norbert. The human use of human heingsCybernetics and society (Boston 1950).Google Scholar

(37) Cf. zu den sich daraus ergebenden soziologischen Problemen: Nokes, Peter. Feedback as an Explanatory Device in the Study of Certain Interpersonal and Institutiotial Processes, Human Relations, XIV (1961), S. 381387.CrossRefGoogle Scholar

(38) Barnard, C. I., The Function of the Executive (Cambridge, Mass., 1938)Google Scholar; Ferner: Gouldner, Alvin, Studies in Leadership; Leadership and Democratic Action (New York 1950)Google Scholar; Stephenson, T. E., The Leader-Follower Relationship, The Sociological Review, VII (1959), S. 175 sqqGoogle Scholar; sowie die wtchtigen Analysen von Homans, George C., Theorie der sozialen druppe (Köln/Opladen 1960).Google Scholar

(39) Man denke etwa an das Verhalten von Schwerhörigen, die häufig selbst laut reden, weil sie ihre eigenen Worte und die Reaktionen auf sie nicht gut hören können, oder an dieSchwierigkeiten, die Schauspieler und Redner in der Einschätzung ihrcs Publikums haben. Oder, um noch ein anderes Beispiel zu geben: Für eine Phänomenologie des Radiohörens wäre die Eingleisigkeit der Kommunikation zu beachten, die einem als einzige Reaktion das Abschalten erlaubt. Daher denn auch die Bedeutung der Hörerforschung für die Massenkommunikationsmittel. Cf. dazu die scharfsinnigen Analysen von Anders, Günther, Die Antiquierthcit des Menschen; Über die Seele im Zeitalter der zweiten technischen Revolution (München 1954).Google Scholar

(40) Cf. Weil, dazu Hans, Die Entstehung des deutschen Bildungsprinzips (Bonn 1930).Google Scholar

(41) Cf. zu diesen Fragen: Th. Adorno, W. und Horkheimer, M., Diulektik der Aufklärung (Amsterdam 1947).Google Scholar

(42) Cf. über die Einplanung der Freizeit in das Leistungssystem: Whyte, William H., The Organization Man (New York 1960).Google Scholar

(43) Wie sehr ein Gefühl der Angst und Leere angesichls der technischen Entwicklung und der wirtschaftlich-politischen Verflechtungen untergrundii; zum Gesellsehaftsbild des modernen Menschen gehört, zeigt in bestürzender Weise das Erhebungsmaterial, das G. Kleining in seiner Studie: »Der moderne Teufel« (unveröffentlichtes Manuskript) analysiert liat.

(44) Auch G. Kleining verwendet im Zusammenhang mit den Image-Bugriff den Gestaltbegriff. Spiegel, Wenn B., op. cit. S. 129Google Scholar, dagegen meint, dem Image fehle gerade das, was den Gestaltcharakter ausmache, denn es sei weder abgesondert und abgehoben, noch geschlossen und gegliedert, so ist dies zwar für einen großen Teil der Images richtig, nicht jedoch für die eigentlich interessanten, nämlich die verbaltensorientierenden Images. Sie sind, wenn sie ich-nah oder gesellschaftlich verankert sind und das Informationsoptimum haben, sowohl geschlossen und gegliedert, als auch abgehoben von anderen Images. Sie abgesondert zu nennen, wäre freilich zu stark.

(45) In diesem Erlebnis, daß im wissenund schaftlichen Weltbild die »Dinge« immer mehr ihren Gestaltcharakter verlieren und sich zu einer Anhäufung disparater Daten verflüchtigen, dürfte einer der Ursprünge der abstrakten Malerei zu suchen sein.

(46) Insofern aber die Werturteile, die soziales Handeln ermöglichen, in engem Zusammenhang mit Sachurteilen gefällt werden müssen, um eine gewisse (Gültigkeit zu beanspruchen, wird das »unideologische« Werturteil für den Einzelnen ebenso schwierig sein, ja, es wird geradezu zu einer Aufgabe der Sozialwissenschaften. Cf. dazu: Hofmann, Werner, Gesellschaftslehre als Ordnungsmacht; Der Werturteilsstreit heute (Berlin 1961).Google Scholar

(47) Cf. die scharfsinnigen Beobachtungen von Th. Adorno, W., Theorie der Halbbildung. Verhandl. d. 14. Dt. Soziologentages (Berlin/Stuttgart 1959), S. 169.Google Scholar

(48) Das heißt, wenn man sie soziologisch als das nimmt, wofür sie der vorwissenwerden schaftliche Sprachgebrauch noch unreflekeiert ausgibt, und nicht psychologisch untersucht, worin ihre Bedingungen bestehen. Wir benutzen hier bewußt einen anderen als den in der Sozialpsychologie erarbeiteten Vorurteilsbegriff, nm dem Problem der Image-Strnktur gerecht werden zu können.

(49) Cf. Hofstätter, Peter R.. Psychologie, Fischer-Lexikon, Bd. 6, (Frankfurt 1957), S. 207.Google Scholar

(50) In dieser Überholbarkeit alles Gegenwärtigen und Kommenden entgleitet die Zukunft sich selbst: sie »hat schon besgonnen«, d.h. sie ist immer schon Gegenwart in dem Sinne, daß mit ihr wie mit einer gegebenen Situation gerechnet wird. Cf. über dieses Verfasser, Phänomen voin: Elitebegriff und Sozialstruktur (Stuttgart 1962), S. 158 sqq.Google Scholar

(51) Cf. Hofstätter, Peter K., Psychologie der öffentlichen Meinung (Wien 1949).Google Scholar

(52) Albig, William, Two Decades of Opinion Study 1936–1956, Public Opinion Quarterly, XXI (1957), S. 22Google Scholar, nach Friedeburg, Ludwig Von, Zum politischen Potential der Umfrageforschung, op. cit. S. 204.Google Scholar

(53) Cf. Dahrendorf, Ralf, »Politik ohne Freiheit«, in Gesellschaft und Freiheit (München 1961).Google Scholar

(54) Cf. Hofstätter, P. R., Psychologie der öffentlichen Meinung, op. cit. S. 117 sqq.Google Scholar

(55) Allport, Siehe G. W., The Nature of Prejudice (New York 1954).Google Scholar

(56) Cf. supra. S. 186.

(57) Cf. vieler, statt: The Sociological Study of Ideology; A trend report and bibliography, Current Sociology, IX (1960), No. 2Google Scholar, und die Anthologie Lenk, von Kurt, Ideologie (Neuwied 1961).Google Scholar

(58) Schon hier wären vor einer Bestimmung des Ideologiebegriffs eine Reihe von philosophischen Fragen zu klären, nämlich 1. Was ist mit Wirklichkeit gemeint? 2. Was soil »geistige Äußerung« heißen? und 3. Unter welchen Bedingungen wird die Beziehung von geistiger Äußerung und gemeinter Wirklichkeit inadäquat, bzw. welches sind die Gesetzmäßigkeiten der Ideologiebildung? — Bedenkt man diese Vorfragen, so ergibt sich die Bedeutung des Ideologiebegriffs unter anderem daraus, wie das Verhältnis von Philosophie und empirischen Wissenschaften bestimmt wird. Entweder man traut der Philosophie die Lösung dieser Fragen zu und hält dies für ihre legitime Aufgabe oder man hält die Philosophie, jedenfalls soweit sie sich um die Lösung solcher Fragen bemüht, von vornherein für unwissenschaftliche Spekulation. Im ersten Fall mutet man der Philosophie gewiß mehr zu als sie leisten kann, im zweiten Fall bleiben die Fragen, die der Ideologiebegriff aufwirft, unbeantwortet. Schließlich können diese philosophischen Fragen auch als legitime und lösbare Aufgaben eines vor- und transempirischen Bestandteils der empirischen Wissenschaften aufgefaßt werden, womit freilich das Problem nur verlagert wird, oder die philosophischen Vorfragen erscheinen unnötig und können daher unbeachtet bleiben, wenn die empirischen Wissenschaften sich weniger an der Objektivität als an der Fruchtbarkeit ihrer Erkenntnisse orientieren — dann arbeiten sie mit Modellen, deren Wirklichkeitswert sehr gering ist.

(59) Mannheim, Karl, Ideologie und Utopie (Frankfurt 1952).Google Scholar

(60) Ibid. S. 53.

(61) Ibid. S. 54.

(62) Zur Kritik des Zeitbegriffs bei Mannheim siehe Plessner, Helmuth, Abwandlungen des Ideologiedankens, Zwischen Philosophie und Gesellschaft (Bern 1953), S. 231.Google Scholar

(63) Zur Kritik Paretos, cf. vom Verfasser, , Elitebegriff und Sozialstruktur, op. cit. S. 118 sqq.Google Scholar

(64) Cf. die in der Anthologie von Lenk, Kurt, op. cit.Google Scholar, wiederabgedruckten Stellungnahmen. zu Mannheims Buch.

(65) Cf. Plessner, Helmuth. op. cit. S. 238239:Google Scholar

Er [der Ideologiebegriff] stellt keine Kateporie der empirischen Gesellschaftswissenschaften dar, denn er hängt in allen seinen Ausprägungen, die den totalen Ideologieverdacht gegen die noologische Sphäre des sozialen Lebens aussprechen, von folgenden vier nur philosophisch entscheidbaren Sätzen ab:

1. Die Geschichte, entweder als fortschreitend zielstrebige Entwicklung oder nur als dauernde Neuschöpfung und beständig unvorhersehbares Geschehen, ist die Grunddimension des menschlichen Lebens.

2. Das menschliehe Leben ist in seinem Wissen primār in einem Bewußtsein verfangen, in dem nichts besteht, was nicht durch eine subjektiv bediagte katesgoriale Formung hindurchgegangen ist.

3. Es gibt keinen Selbstausweis des wahren Bewußtseins in seinem elgenen Element, weil der Selbstausweis eines Bewußtseins überhaupt nicht imstande ist, aus der kategorialen Korrelation voa Subjekt und Objekt herauszuführen. Der Mensch kann nur dann die Wahrheit des Bewußtseins bezeugen, wenn er sich in einem prinzipiell anderen Element ausweist. Dies andere Element ist die Praxis.

4. Im Verhältnis des Bewußtseins zur Praxis taderjenigen Sphäre die Führung zu, in welcher und mit welcher Praxis allein möglich ist. Diese Sphäre liegt in der Vitalität. Als tührende Schieht hat das Leben die Rolle des bestimmenden Unterbaus.

(66) Cf. dazu vom Verfasser den Artikel »Wissenssoziologie« im Pädagogischen Lexikon, hrsg. v. Groothoff, H. H. und Stallmann, M. (Stuttgart 1961).Google Scholar

(67) Cf. dazu Gerhard Kleining, Some Reflections on Social Images, Manuskript, vorbereitet für das Treffen des Committee on Social Stratification (ISA), Koln, 27.11/2.12.1961. Kleining beschäftigt sich mit den Tendenzen, die Gesellschaft in bestimmter Weise zu sehen, wie sie sich in seinen Image-Untersuchungen ergebon haben.

Society as a whole is experienced as reality. It is seen as structured and organized, not as chaotic. The image contains several aspects, those we are mainly concerned with here are: a) the tendency to perceive social groups; b) the tendency to see the groups as vertically stratified: c) the tendency to define the closeness of its members to the ‘center’ of society (‘core-society’) [S. I].

(68) Cf. Th. Adorno, W., Frenkel-Brunswick, L., Levinson, U. J., Sanford, K. N., The Authoritarian Personality (New York 1950).Google Scholar

(69) Elias, Norbert, Problems of Involvement and Detachment, The British Journal of Sociology, VII (1956), S. 236254.Google Scholar

(70) Erst die Entmythologisierung des Naturbildes schalfft übrigens die Voraussetzungen für ein ästhetisch-sentimentales Naturgefühl. Eine Natur voll von Dämonen kann in dieser Weise nicht erlebt werden. Das Phänomen des ästhctischen Naturerlebnisses zeigt deutlich den für viele Bereiche des verwissenschaftlichten Lebens typischen Auseinanderfall eines Image in zwei einander entgegengesetzte: ein ich-nahes und ein ich-fernes (cf. Elias Kategorien: involvement / detachment). Im ästhetischen Natur-Image überwiegen die subjektiven Momente, die wahrgenommenen Daten der wirklichen Natur werden zur Kulisse für das eigene Gefühl. Umgekehrt ist das wissenschaftliche Natur Image ein lockeres Gefüge abstrakter Daten, das geringen oder gar keinen Gestaltcharakter hat, weil es nicht durch subjektive Einflüsse »normativ strukturiert« ist.

(71) Dieses in der Industriegesellschaft herrschende Naturbild erklärt denn auch die eher zornige als demütige Haltung gegenüber Naturkatastrophen, Krankheit und Tod, die heute beobachtet werden kann. Die Ohnmacht des Einzelnen gegenüber seiner Gebundenheit an die Natur ist besonders schwer zu ertragen in einer Gesellschaft, die an die prinzipielle Beherrschbarkeit der Natur glaubt. Deshalb werden Krankheit und Tod heute geradezu als Zumutung empfunden und so gut es geht in die Unsichtbarkeit verbannt, während Naturkatastrophen gewöhnlich nur ärgerliche Kritik an einer Wissenschaft hervorbringen, als deren Pflicht es gilt, sie zu verhindern oder doch wenigstens rechtzeitig vor ihnen zu warnen.

(72) Bezeichnend für die Wandlungen des Naturbildes in der Neuzeit ist der Umschlag der religiösen Askese, die durch

Schmerz und Leid oder gar Überwindung des Körperlichen einen Weg zur Transzendenz-Gewißheit suchte, in die »innerweltliche Askese« (M. Weber), deren Sinnsich letztlich in ihrer eigenen Aufhebung erfüllt. Cf. über diese Zusammenhänge immer noch die Religionssoziologie Max Webers.

(73) Cf dazu Norbert Elias Problem of Involvement and Detachment, op. cit., der auf die Schwierigkeiten aufmerksam macht, die aus dieser, wachsenden Verilechtung der sozialen Prozesse für die Sozialwissenschaften entstehen. Elias schreibt (S. 252):

The crucial question is whether it is possible tomake much headway towards a more detached, more adequate and autonomous manner of thinking about social events in a situation, where men groups, on many levels, constitute grave dangers for each other […] How far it is possible underpresent conditions for groups of scientific specialists to raise the standards of autonomy and adequacy of thinking about social events and to impose upon themselves the discipline of greater detachment, only experience can show. Nor can one know in advance whether or not the menace which human groups on many levels constitute for each other is still too great for them to be able to bear, and to act upon, an over-all picture of themselves which is less coloured by wishes and fears and more consistently formed in cross-fertilization with dispassionate observations of details.

(74) Statt dessen entsteht mit Hilfe der Massenkommunikationsmittel, die die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, soweit sie von allgemeinerem Interesse zu sein scheinen, verbreiten und oft auch popularisieren, leicht ein pseudo-wissenschaftliches Weltbild, in welchem wissenschaftliche Daten und vorwissenschaftliche Wertungen und Interpretationen ein Gemenge bilden. Für das Gesellschaftsbild dürfte hier der Film einen großen Einfluß haben, weil er ständig das Leben fremder und aus der alltäglichen Erfahrung nicht bekannter gesellschaftlicher Gruppen vor Augen führt. Dieser nicht zu unterschätzende Einfluß des Films auf die Vorstellungen über andere Gruppen bedürfte noch der Untersuchung. Ähnliches gilt natürlich auch für andere Kommunikationsmittel, insbesondere die Literatur, wenn ihr Einfluß auch geringer sein dürfte. Cf. zu den künstlerischen Kommunikationsmitteln hier: Th. Adorno, W., Theorie der Halbbildung, op. cit.Google Scholar

(75) Cf. von Ferber, Christian, Der Werturteilsstreit 1909/1959, Versuch einer wissenschaflichen Interpretation, Kölner Z. Soziol. u. Soz.psych., XI (1959), H. 1Google Scholar; Popper, K. R., The Logic of Scientific Discovery (London 1959)Google Scholar; Weigand, G., Die Berechtigung sittlicher Werturteile in den Sozialwissenschaften (Berlin 1960)Google Scholar; Dahrendorf, Ralf, »Sozialwissenschaft und Werturteil«, Gesellschaft und Freiheit, op. cit.Google ScholarHofmann, Werner, Soziologie als Ordungsmacht, op. cit.Google Scholar

(76) Einer der wenigen, die keiner neopositivistischen Richtung nahestehen und dennoch an die Möglichkeit wertfreier Sozialwissenschaft glauben, scheint Elias, Norbert, op. cit.Google Scholar, zu sein. »The principle of increasing facilitation«, nach dem eine distanzierte und objektive Betrachtung des Gegenstandes umso leichter wird, desto höher der erreichte Stand der Objektivität ist, könne, so ineiut Elias, wie in den Naturwissenschaften so auch in den Sozialwissenschaften wirksarn sein, wenn auch gegenüber diesen sehr verspätet. Allerdings untersucht Elias nicht das Wesen des sozialwissenschaftlichen Gegenstandes uud seiner Erkenntnis. Und jedenfalls glaubt auch er uicht an die Möglichkeit wertfreien Forschens in den Sozialwissenschaften der Gegenwart.

(77) Elias, N., Problems of Involvement and Detachment, op. cit. S. 234, Anrnerkung.Google Scholar

(78) Elias, Norbert, Über den Prozess der Zivilisation, Bd. 1: Wandlungen des Verhaltens in den weltlichen Oberschichten des Abendlandes; Bd. 2: Wandlungen der Gesellschaft, Kntwurf einer Theorie der Zivilisation (Basel 1939).Google Scholar

(79) Cf. dazu: II. Plessner, Das Problem-der Öffentlichkeit und die Idee der Entfremdung, op. cit. und ders.: Soziale Kolle und menschliche Natur, op. cit.

(80) Cf. dazu: Gingsberg, Morris, »Towards a Theory of Social Development«, Verhandlungen des 14. Deutschen Soziologentages (Berlin 1959), S. 108 sqq.Google Scholar

(81) Cf. dazu: Zimmermann, Klaus, Geschichte und Arbeit, Diss. phil. Göttingen 1961Google Scholar. Zimmermann versucht den Nachweis, daß das moderne Geschichtsbewußtsein mit dem Produktionsbegriff und einer bestimmten Idee von Arbeit zusammenhängt und mit diesen gemeinsam in der indudstriellen Revolution entstcht.