Published online by Cambridge University Press: 18 December 2008
Die her mitgeteilten Briefe Rosa Luxernburgs entstammen zum grösseren Teil den Jahren 1898 bis 1902, also der Zeit des heftigsten Streites um den Revisionismus. Sie sind nicht nut Beiträge zur Biographie der Absenderin, insbesondere zur Kenntnis ihrer ersten Tätigkeit in der deutschen Arbeiterbewegung, die sich in der Redaktion der Sächsischen Arbeiter Zeitung in Dresden abspielte; sondern sie sind darüber hinaus Dokumente, die den Kampf der beiden grossen Richtungen der deutschen Sozialdemokratie in einem seiner wichtigsten Abschnitte ansehaulich illustrieren. Zur Kennzeichnung der Atmosphare, in der sich diese innerparteilichen Auseinandersetzungen abspielten, wurden einige Stellen aus Briefen August Bebels, Karl Kautskys, Adolf Hoffmanns, Parvus', Clara Zetkins u. a. mitgeteilt. Die Briefe sind bisher unveroffentlicht und befinden sich in den Archiven des Internationalen Institutes fiir Sozialgeschichte.
page 11 note 1) Zetkin, Ci. and Kautsky, K. 29. 09. '98.Google Scholar
page 11 note 2) Rosa Luxemburg S. 47.Google Scholar
page 12 note 1) Die Linke wurde schon gereizt dureh die Art, wie der Vorwärts über die Ausweisung der beiden sehr bekannten Journalisten aus Sachsen berichtete. Am Dienstag, 27. september. teilte er mit: ‚Zwei Ausweisungen sind von ether sächsischen Behörde, der Amtsbauptmannschaft Pirna, verfügt worden. Die eine betrifft den russisçhen Bchriftsteller Dr. Helfert, der an der Sächsischen Arbeiter-Zeitung als Redakteur tätig war, und die andere den polnischen Schriftsteller Dr. Matchewsky. Beide mussten am Sonntag Sachsen verlassen. Em Aufschub wurde nicht bewilligt.’; Und am nächsten Page brachte er folgende Berichtigung: ‚, In der gestrigen Mitteilung atm Dresden sind die Namen der beiden aus Sachsen ausgewiesenen Parteigenossen infolge eines Irrtums des Setzers unrichtig wiedergegeben. Von der Ausweisung wurden betroffen Dr. Heiphant, der den Parteigenossen unter dem Namen Parvus bekannte leitende Redakteur der Sächsischen Arbelter-Zeitung, und der sozialdemokratische Schriftsteller Dr. Marchlewsky….
page 13 note 1) Sächs. Arb.-Ztg. 12.-14. Okt. ‚98; auch R. L.: Gesammelte, Werke III S. 150 ff.Google Scholar
page 14 note 1) Die Briefe R. L.'a vom 31. Okt., 7. Nov. ‚98 sowie vom 11. Okt. 1902 tragen, allerdings mit elnem Fragezeichen versehen, den Vermerk, dass sie an A. Stadthagen gerichtet seien. Der Brief Bebels vom 3. Nov. ‚98 trägt den Empfänger-Vermerk ‚, Redaktlon des Vorwärts”. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, dass die Briefe R. L.'s an Bebel und der Brief Bebels an B. Schoenlank, den Chefredakteur der Leipziger Voiks zeitung, gerichtet waren. Die Anrede ”, Werter Kollege” erklärt sich daraus, dass Schoenlank wie Bebel Reichstagsabgeordneter war. S. auch Frölich, P., Rosa, Luxemburg S. 77.Google Scholar
page 14 note 2) Kautsky hatte am Schiuss seiner Antwort „, Taktik und Grundsätze” im Vorwärts vom 13. Okt. auf Bernateins Atikel ‚, Eroberung der politisehen Macht’ in derselben Nummer die Anregung gegeben: ‚, Soll die Diskussion über die Bernsteinschen Anschauungen eine fruchtbare sein, dann 1st es vor allem notwendig, dass wir eine solide Grundlage dazu bekommen, elne systematische, zusammenfassende und etngehend begründete Darstellung seiner grundlegenden Anschauungen‖. Wie die Sachen heute liegen, erscheint mir eine solche Darstellung aus der Feder Bernsteins, sei es in einer besonderen Broschüre, sei es in ether Artikelserie in der Neuen Zeit, unbedingt notwendig… ’; — Bebel an Bernstein, 16. Okt.: ‚, Ich weiss nicht, ob Du der Aufforderung von Karl folgst, die er in selner letzten Entgegnung im Vorwärts an Dich richtete… Für absolut nötig halte ida das nicht, da ich die Ansicht habe, Du hast uns genug gesagt, um zu wissen, wohin Du marschierat… „ Bebel an Bernstein, 22. Okt.: ’…. Dagegen hat Dein Brief in mir auch die überzeugung wachgerufen, die scion Karl ausgesprochen, dass Du Deine Ansichten im Zusammenhang veröffentlichen mögest…’.
page 15 note 1) Plechanows Offener Brief an Karl Kautsky: ‚, Erörterungen über die Taktik. Woför sollen wir ihm dankbar seth ”, Sächs. Arb.-Ztg. 30. Okt.\1. Nov. 1898.
page 15 note 2) Von der lokalen Partelorganisation gewählte Kommission, zu deren Aufgaben auch die überwachung der Haltung des Blattes gehört.
page 15 note 3) Der Vorwärts brachte am 30. Oktober folgende Erklärung: Aus Dresden erhalten wir folgende Zuschrift: Der ‘, Vorwärts’ bemerkt in seiner Nr. 254 zu dem Artikel des Genossen gr.: ‚, Die Replik Gradnauer's nun erhielt dieser zuröckgesandt mit der Eröffnung, class die ”Sächs. Arb.-Ztg. die Polemik nicht weiterföthren wolle. Unbeschadet dessen, dass Gradnauer das Urteil der Dresdener Parteigenossen über dieses Verfahren der Genossin Luxemburg anrufen wird, geben wir seine Ausführungen hier wieder. Besonders merkwärdig erscheint uns, dass gerade ein Blatt, welches stets die freieste Diskussion m Parteifragen gewünscht hat und dem ‚, Vorwärts’ vorwarf, dass er den, Diskussionen ausweiche, jetzt dazu schreitet, einem in persönhich beleidigender Weise angegriffenen Parteigenossen das Wort vor semen eigenen Wählern zu versperren.” Wir unterzeichneten Redakteure der, Sächsischen Arbeiter-Zeitung” haben hierzu zu erklären, dass wir weder von dem Eingange ether Er- widerung des Genossen gr. noch von deren Zurückweisung Kenntnis hatten und die Zurückweisung auch nicht billigen können. Emil Eichhorn. Emil Nitzsche. Heinrich Wetzker.
page 17 note 1) Hermaun Wallflsch, Geschäftsführer der Sächsischen ArbeiterZeitung mid des Parteiverlags Kaden & Co. sowie führender Parteifunktlonär im Wahlkreis Dresden-Altstadt.
page 19 note 1) Dem Briefe Bebels an Schoenlank liegt ein Bürstenabzug der Erklärung bei, der ihm wahrscheinlich von Wallfisch zugesandt wurde. Demnach wäre ihm diese Erkiärung doch bekannt gewesen, wie sich übrigens auch aus dem Inhalt seines Schreibens deutlich ergibt.
page 20 note 1) Gradnauer hatte in seiner Entgegnung (Vorwärts 29. Okt.), deren Aufnahine R. L. abgelehnt hatte, folgende Sätze Victor Adlers aus der Wiener Arbeter-Zeftung vom 16. Okt. zitlert:‚… Im übrigen machen sie (R.L.) und der sehr kenntnisreiche Genosse Parvus sich dadurch unangenehm, dass sie Wahrheiten, die uns Sozialdemokraten keineswegs nahu sind, mit elnem aufdringlichen Fanatismus predigen, als woilten sie den unerhörten Satz, dass zweimal zwei vier 1st, zum dogmatischen Privilegium ether Sekte erheben. So schmal, wie diese Genossen sich den Pfad vorstellen, auf dem die Sozialdernokratie zu wandein hat, 1st er zum Glück nicht, mid so grausam nahe liegt die Gefahr nicht, wie ale glaubten, bei jedem Schritt einen Fehltritt gegen das Prinzip zu begehen. Aber auch sie werden das noch lernen, mid aus dem unbändig gärenden Most werden hoffentlich mit der Zeit em paar Troffen guten Weines zu gewinnen seth.” Gradnauer hatte hinzugefölgt: ‚Möge es nicht alizu lange währen, bis die, paar Tropfen guten Weines’ der Par- tel beschieden werden!’.
page 22 note 1) Vorwärts 26. 11, ‘98.Google Scholar
page 23 note 1) Vorwärts 15. 11Nov. ‘98.Google Scholar
page 23 note 3) Cl. Zetkin an K. Kautsky 4. März 1900.
page 24 note 1) Vgl. K. Haenisch, Parvus. Ein Blatt der Erinnerung. S. 12.
page 24 note 2) H. Wetzker and A. Bebel ii. November, ‚99 — A. B. an H. W. 3. November. ‘99.
page 25 note 1) Wetzker, H. an Kautsky, K. 2. Juni 1912.Google Scholar
page 25 note 2) Leipziger Volksezeitung 22. 09. ‘99.Google Scholar
page 25 note 3) FröSlich, P., Luxemburg, R. S. 45.Google Scholar
page 26 note 1) Aus einem Brief Bebels an K. Kautsky vom 3. Dez. 1894:, Ob die Parteipresse nunmehr Stellung nimmt? Kaum, mit Ausnahme weniger Blätter. Dort hat man sich so ganz und gar jeder Kritik mid Selbständigkeit entwöhnt, dass einem graut. Je schärfer ich jetzt zusehe, desto mehr Mängel und Fehier sehe ich bel unsrdquor;…
page 26 note 2) So im Brief an K. Kautsky vom 12. Dez. 1900.
page 26 note 3) Die irn Aug.-Sept. 1901 in der Neuen Zeit erschienenen vier Artikel ‘, Der Opportunismus in der Praxis’, die sich vor allem gegen G. v. Volimar mid Ed. Bernstein richteten.
page 26 note 4) Bebel, A. an Kautsky, K. 4. 09. 1901.Google Scholar
page 26 note 5) S. z. B. die äusserung Parvus' im undatierten, aus dem Jahre 1901 stammenden Briefe an K. Kautsky: ‚…Der Vorwärts-Klüngel hat sich also richtig als erwisen, wofür ich ihn taxiert habe. Diese Leutchen haben gegen mich einen regelrechten Boykott organisiwert mit dem obligation Hinaus-wimmern, wimmeln und ekeln. Es wehrt sich jeder, womit er kann. Nach diesem Bubebstreich können sie mir nuneine Nase drehen. Und damit glaubt dieses dieses Literatenpack jemand verscheuchen zu können, der ein politisches Ziel verforgt!Dass diese Narren nicht einmal marken, wie ihr wütiges Gequake mich nur zu diesen schärferen Peitschenhieben in den Froschteich ermuntert! An diesen soll es nicht fehlem…”
page 27 note 1) Auer, I. an Kautsky, K. 11. 06 u. 9. 12 1901.Google Scholar
page 28 note 1) Ebda, , 11. 06 1901.Google Scholar
page 28 note 2) Die vom 4.-8. April in der Leipziger Volkszeitung ersehienene Besprechung des Bernsteinschen Buches Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdeinokratie, die den 2. Tell der Bróschüre Sozialreform oder Revolution? bildet.
page 28 note 3) Die Vermittlung in einem persönlichen Konflikt Mehring-Schoenlank. S. u.
page 29 note 1) Die gegen die handeispolitisehen Ansichten Max Schippels gerichtete Broschöre Weltkrach und Weltmarkt.
page 29 note 2) Schlppel hatte unter diesem Pseudonym den ersteia seiner Isegrim-Artikel im Novemberheft 1898 der Soz. Monatshefte mit dem Titel veröffentlicht: War Friedrich Engels milizgläubig? Es wurde ihm eine falsche Zitierung Engels' vorgeworfen.
page 29 note 3) Schwäbische Tagwacht in Stuttgart und Bergische Arbeiterstimme in Solingen.
page 29 note 4) Briefe an Karl, R. L. and Luise, Kautsky S. 54.Google Scholar
page 30 note 1) A. Bebel an V. Adler 23. Okt. ‘99. … Der von Ad. Hoffmann an die Bewerber versandte Fragebogen enthielt u.a. die folgenden Fragen: ’1. Welche Stellung nehmen Sic in der Bernstein-Sache ein? (Ich bitte diese Frage nicht damit zu beantworten, dass Sic schreiben, Sie ständen auf der Resolution Bebel [die auf dem Partcitag zu Hannover angenommen wurde], auf dieser steht bekanntlich Bernstein auch und daher geuüigte clue soiche Antwort nicht). 2. Welche Stellung nehmen Sie ein zur Frage der Beteiligung an der preussischen Landtagswahl!’ (Ad., Hoffmann and Kautaky, K. 27. 11. ‚99).Google Scholar
page 30 note 3) Bebel, A. an Kautaky, K. 24. 11. ‘99Google Scholar
page 31 note 1) Ad., Hoffmann and Kautsky, K. 27. 11.Google Scholar ‚99. — Kautaky gab dasselbe Urteil über H. Cunow ab wie R. Luxemburg (Kautsky, K. an Hoffmann, Ad. 27. 11. ‚99).Google Scholar
page 31 note 2) Schliesslich wurde H. Ströbel gewälhit, der auch von Kautsky (an Hoffmann, Ad. 27. 11.Google Scholar ‚99) und Bebel (Brief, and Kautsky, K. 24. 11. ‚99) empfohlen worden war.Google Scholar
page 32 note 1) Graf Franz von Ballestrem, Plawniowitz, Besitzer oberscblesischer Landgüter und Steinkohlenbergwerke, katholischer Sozialpolitiker mid schärfster Gegner der Sozialdemokratie; er war seit 1898 Reichatagpräsident. Eine Anspielung auf die äusserung, die Arbeiterlöhne seien in der Gründerzeit so hoch gewesen, dass z.B. die Bauarbeiter Champagner aus Biergläsern getrunken hätten.
page 33 note 1) Bebel, A. an Kautsky, K. 24. 07 1901.Google Scholar
page 33 note 2) Bebel, A. an Kautsky, L. 29. 08. 1901.Google Scholar
page 33 note 3) Bei der badischen Angelegenheit handelte es sich urn die Frage der Budgetbewifligung. R. Luxemburg legte dern Lübecker Parteitag eine Resolution vor, welebe die bindende Verpflichtung enthielt, in allen deutsehen Parlamenten gegen das Budget zu stimmen. Sie zog diese Resolution zugunsten derjenigen Bebels zurück, die den Zusatz enthielt: „Eine Zustimmung zu dem Budget kann nur ausnahmsweise aus zwingenden, in besanderen Verhältnissen liegenden Gründen gegeben werden.”
page 33 note 4) P., Frölich, Rosa, Luxemburg S. 78 f.Google Scholar
page 34 note 1) Dem Münchener Parteitag lag ein Antrag der Posener Parteiorganisation vor, die in polnischer Sprache in Posen eracheinende Wochenschrift Gazeta Ludowa aus der Parteikasse finanziell zu unterstützen. Der Antrag wurde dem Parteivorstand zur Prüfung überwiesen.
page 35 note 1) Der Anlags zu ihrem Konflikt mit Mehring kann nicht aufgehellt werden. Viel später, im Jahre 1917, sehilderte R. Luxemburg ihrem Freunde Hans Diefenbach die Situation mit viel Humor. Einige Dramen von Hebbel habe sie gelesen, als sie ale in der “heissesten Zeit” ihrer Freundschaft mit Mehring von diesem geliehen bekam. „Weiter kam ich allerdings nicht, denn das tropische Klima musste jäh der ersten Gletscherperiode weichen und meine dicke Gertrud musste mit einem Waschkorb you erhaltener Geschenke und geliehener Bücher nach Steglitz ‘zu Mehring’ wandern, in Beantwortung eines ebensolchen Transportes, der in Friedenau eingetroffen war, wie dies bei unserer jedesmaligen Entlobung zu erfolgen pflegt.” Briefe an Freunde (1950) S. 82. — Es gibt kaum jemand, dessen persönhichen Beziehungen zu Mehring nicht den grössten Schwankungen ausgeset”sen wären. Die Gründe dafür köruien hier nicht untersucht werden. Einen Hinweis darauf gibt die Ausserung A. Bebels gegenüber K. Kautsky (im Brief vom 3. Sept. ‘98): „,….Hätte Dietz thn ‘Mehring a’.s Redakteur’ vorgeschiagen, ich hätte keinen Widerspruch erhoben; abes es geht Dietz wie mir, er flirchtet sich vor thm ‘Mehring’, well er weiss, dass bei zu Intimen Beziehungen em Konflikt bald eintritt.”Google Scholar
page 36 note 1) Sozialdemokraten in bürgerlichen Zeitungen, Sämtliche Werke X S. 159 ff., über das genannte Blatt s. S. 649 f.Google Scholar
page 36 note 2) Die als Antrag 7 vom Dresdener Parteitag beschlossene Resolution des Parteivorstandes. Lenin (a.a.O. S. 159) gibt den Inhalt der Resolution nicht richtig wieder, wenn er schreibt: „… Es ist bekannt, dass auf ethem der letzten Parteltage der deutschen Sozialdemokratie diese Frage aufgeworfen und erörtert wurde. Es ist bekannt, dass unsere deutschen Genossen die Beteiligung von Sozialdemokraten an der bürgerlichen Presse streng verurteilen und entschieden dafür kämpfen, dass die Partei des revolutionären Proletariats auch auf diesem Gebiet weder Blocks noch Abkommen zulasse, sondern thre Selbsändigkeit wahre, dass die Schriftsteller der Arbeiterpartei in der Tat, und nicht nur in Worten, organisiert, ether Kontrolle untersteilt seien, mit einem Wort, streng in die Rahmen der Partei eingegliedert seien. Haben wir das Recht, bei uns in Russland von diesen Regeln abzuweichen?”
page 38 note 1) Der auch vom Vorwärts abgelehnte Artikel Was weiter? erschlen am 14. mid 15. März in der Dortmunder Arbeiterzeltung. — Gesammelte, Werke IV S. 509 ff.Google Scholar