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Studieren und über Vertrautes staunen: Brechtsches Stückeschreiben durch Forschen und Bilden und Darstellen

from Special Interest Section: Teaching Brecht

Published online by Cambridge University Press:  27 July 2019

Gerd Koch
Affiliation:
Berlin; Dr. phil., Diplom-Pädagoge, Außenhandelskaufmann
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Summary

Ich schreibe aus Erfahrungen als Theaterpädagoge, um Bertolt Brechts Produktivität auch für Bildungszwecke zu zeigen. Theater und Pädagogik sollen nach meinem Berufsverständnis gleichgewichtet zu ihrem Recht kommen und ihre jeweiligen Leistungsfähigkeiten einbringen. Dazu biete ich diese These an: Bertolt Brecht ist (mir) ein methodisch wie thematisch multiperspektivischer, transmedialer und transkultureller sowie ein kosmobil arbeitender Autor/Akteur und Forscher und Pädagoge innerhalb eines Konzepts einer poeto science, im framing einer “epischen Wissenschaft” (diesen Begriff bildete Brecht 1948 in einem Brief an Karl Korsch). Ich frage speziell: “Was können Theaterleute?” Meine Antwort lautet: “Sie können handeln, forschen und gestalten … Theaterleute (im weiteren Sinne— also auch PädagogInnen, die sich und ihren Beruf ‘theatralisieren’) haben Methoden, um im Theater-Medium über sich und von sich zu handeln! Hier können Erkenntnisse gestaltet und ‘in Szene’ gesetzt werden. Und es können auch die Erkenntniswege, Interessen, Zwecke—und die Einsprüche anderer dagegen vorgezeigt werden—auf dem eigenen Schauplatz—dem tea tron— und sie sind nicht weit weg von Wissenschaft; denn: teatron / teatrum und theoria / teoria haben denselben Wortstamm—nämlich schauen und wahrnehmen—und das durchaus von Interesse geleitet und nicht zwecklos …” Im Hintergrund stehen zunächst pädagogische Reflexionen aus eigenem theaterpädagogischen Arbeiten, zum Beispiel mit Brechts Kaukasischem Kreidekreis. Exemplarisch wird die Beschreibung des Ablaufs eines sechsstündigen Workshops angefügt, der im September 2010 gemeinsam mit der Juristin und Friedens- und Konfliktforscherin Sinah Marx unter dem Titel Human Rights—Humans Wright. Bertolt Brechts “Kaukasischer Kreidekreis” in Istanbul durchgeführt wurde. Er zeigt, welche Anregungen zum (Um-)Schreiben gegeben werden können und wie aus Schreiben Spielen wird. Hinzukommen Dokumente, wie sie im Materialienband zum Kaukasischen Kreidekreis zu finden sind, sowie die Ausführungen von Tom Kuhn zum Bildmaterial, das Brecht für den Kaukasischen Kreidekreis zusammenstellte. Ebenfalls inspirierte mich ein Symposium während der Brecht-Tage 2010, in dessen Rahmen junge Wissenschaftlerinnen, die Brecht in nicht-deutscher Sprache, also in Über-Setzungen/Trajekten kennen lernten und neue, erweiterte Lesarten und Assoziationen freisetzen konnten (“found in translation” sozusagen). In allen Fällen wird sichtbar, wie weit ausgreifend Brecht zu seinem Gegenstand geforscht hat, bevor er zu seiner Gestaltung des Stoffes kommen konnte.

Für meine Überlegungen nutze und kommentiere ich auch deutlich Teile aus Brechts “Lied des Stückeschreibers”:

… Um zeigen zu können, was ich sehe

Lese ich nach die Darstellungen anderer Völker und anderer Zeitalter.

Type
Chapter
Information
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2017

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