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Zusammenfassungen

Published online by Cambridge University Press:  17 November 2011

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Zusammenfassungen
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Copyright © Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis 2011

Sidney Chalhoub. Die Prekarität der Freiheit in einer Sklavengesellschaft (Nordbrasilien im 19. Jahrhundert).

Eine der Haupteigenschaften der Sklaverei in Brasilien bestand darin, dass die dortigen Sklaven im Vergleich zu denen in anderen Sklavengesellschaften bessere Chancen hatten, die Freiheit zu erlangen. So schwierig sich die Befreiung im Einzelnen auch dargestellt haben mag: Die bedeutende Zahl der Freibriefe führte im 19. Jahrhundert zu einem hohen Prozentsatz an freien und befreiten Farbigen innerhalb der Landesbevölkerung. Der Beitrag untersucht einige Facetten der strukturellen Prekarität der Freiheit im Brasilien des 19. Jahrhunderts. Dabei geht es um Fragen wie die in die Verfassung eingeschriebene Beschränkung der politischen Rechte ehemaliger Sklaven, das von den Sklavenbesitzern über ihre Untertanen verhängte Alphabetisierungsverbot, die Praxis der vorbehaltlichen Freilassung, das Recht der Sklavenbesitzer, Freiheiten zurückzunehmen, die illegale Versklavung in Freiheit lebender Farbiger und die polizeiliche Beobachtung freier und befreiter Schwarzer (unter dem Vorwand, diese würden verdächtigt, Sklaven zu sein). Das Augenmerk soll auf Situationen gerichtet werden, durch die die Unterscheidung zwischen Sklaverei und Freiheit häufig verwischt wurde, wodurch die Lebensverhältnisse freier und befreiter Menschen afrikanischer Herkunft zu unsicheren gemacht wurden.

Sharif Gemie und Louise Rees. Repräsentation und Rekonstruktion von Identitäten in der Nachkriegszeit: Flüchtlinge, UNRRA, und Fred Zinnemanns Die Gezeichneten (The Search, 1948).

Der Beitrag analysiert Fred Zinnemanns Film Die Gezeichneten (1948) und situiert ihn im Kontext der Situation der Displaced Persons im Europa der Jahre nach 1945. Im Fokus steht Zinnemanns Auseinandersetzung mit UNRRA, die, so wird argumentiert, für den Film von zentraler Bedeutung ist. Auch die Anspielungen des Films auf den Amerikanismus, den Zionismus, auf Fragen der Geschlechtergleichheit und auf die Kriegserfahrungen von Kindern werden untersucht.

Ad Knotter. “Klein Moskau” in Westeuropa: Die Ökologie des Kleinstadt-Kommunismus.

Kleine kommunistische Hochburgen wurden sowohl in Großbritannien als auch in Europa gemeinhin als “Klein Moskau” bezeichnet. Der Kleinstadt-Kommunismus war seit der Zwischenkriegszeit weitverbreitet und oft in einer ausgesprochen feindseligen Umgebung angesiedelt. Der Beitrag basiert auf der Untersuchung mehrerer westeuropäischer Fälle und versucht, gemeinsame Merkmale der verschiedenen Kleinstädte zu identifizieren, die deren Offenheit für kommunistische Politiken und Ideen zu erklären vermögen. Ziel ist es, eine Taxonomie zu erarbeiten, die als Grundlage für weitere Untersuchungen dienen kann. Die meisten der untersuchten Orte waren abgelegen, neu entstanden und an einer einzigen Industrie ausgerichtet. Sie wurden von Migranten bewohnt, deren Communities aus neu angesiedelten und sämtlich im gleichen Berufszweig beschäftigten Arbeitern bestanden. Es waren die Migranten zweiter Generation, die sich dem Kommunismus zuwandten und “Berufsgemeinschaften” etablierten, die auf der Tätigkeit der Gewerkschaften und anderer Zusammenschlüsse gründeten. Oft setzten sie die militanten Traditionen früherer sozialistischer, anarchistischer oder syndikalistischer Gruppen fort; andere waren in antireligiösen Traditionen verwurzelt, oder aber in Traditionen, die sich durch Gleichgültigkeit gegenüber der Religion auszeichneten.

Pablo Sánchez León. Die Erfindung der “Multitude”: Populäre Aufstände des 18. Jahrhunderts und das neuzeitliche Sprechen über soziale Unruhen.

Das Bild der Menge als einer irrationalen, spontanen “Multitude” wird gemeinhin mit den zu Beginn des 20. Jahrhunderts erschienenen Werken einer ersten Generation von Sozialpsychologen in Verbindung gebracht; seine grundlegenden Merkmale finden sich jedoch bereits in begrifflichen Neuerungen aus der Zeit der Aufklärung. Der Beitrag untersucht eine Protestbewegung im Spanien des 18. Jahrhunderts, um dem Bedeutungswandel einiger Schlüsselbegriffe aus dem semantischen Feld der Unruhe nachzugehen. Der sogenannte “motín de Esquilache” (1766) zwang die Obrigkeit zu einer Erneuerung ihres Diskurses, um die Bewegung zu delegitimieren; so kam es zu semantischen Neuerungen. Der Neubestimmung des Tumultes lag ein Prozess der Begriffsfindung zugrunde, der nicht nur die Entrechteten zu Protagonisten des Geschehens machte, sondern auch in eine lange Tradition eingriff, die Tumulte mit Verschwörungen in Verbindung gebracht und eine neue Anthropologie entwickelt hatte, derzufolge es sich bei der allgemeinen Bevölkerung um ein zur Entwicklung eigener Ideen unfähiges Subjekt handelt.