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Zusammenfassungen

Published online by Cambridge University Press:  01 April 2011

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Zusammenfassungen
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Copyright © Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis 2011

Nicola Pizzolato. Transnationale Radikale. Arbeiterprotest und politischer Aktivismus in Detroit und Turin (1950–1970).

Dieser Beitrag untersucht die verschlungenen Pfade jener Detroiter und Turiner Radikalen, die den Kapitalismus auf eine vom “orthodoxen” Marxismus abweichende Weise anfochten. Ab der 1950er Jahre brachten kleine aber einflussreiche Gruppen von Arbeiterradikalen wie “Correspondence” (Detroit) und “Quaderni Rossi” (Turin) Ideen in Umlauf, die das fordistische System auf drastische Weise in Frage stellten. Diese Radikalen begriffen die Automobilfabriken als Laboratorien einer möglichen “autonomen” Tätigkeit der Arbeiterklasse, die die Industrieproduktion übernehmen und das gesellschaftliche System von Grund auf ändern könne. Sie kritisierten die praktische Bedeutung der Gewerkschaften und drängten die Arbeiter, eigene Formen kollektiver Organisierung zu entwickeln. Diese Verbindungen wurden während der weitreichenden Mobilisierung der Arbeiterklasse, die Ende der 1960er Jahre stattfand, wiederbelebt. Damals begannen auch jüngere Radikale einen Dialog, der Ländergrenzen überschritt und die Deutung des jeweils eigenen lokalen Kontexts beeinflusste. Diese transnationalen Verbindungen – mit denen Personen, die in dieser Zeit gelebt haben, gut vertraut sind, die aber von Historikern ignoriert worden sind – zeigen, wie amerikanische Ereignisse und Debatten von fernen Ländern geprägt wurden, aber auch auf diese zurückwirkten. Lokale Aktivisten begriffen ihre politische Identität als eine, die anderswo ausgetragene Kämpfe mit einschließt.

Sigrid Wadauer. Die Herstellung von Unterscheidungen. Arbeitslosigkeit versus Landstreicherei in Österreich vom späten 19. Jahrhundert bis 1938.

Dieser Beitrag untersucht die Herstellung der Kategorie “Landstreicherei” im Kontext der Frühphase wohlfahrtsstaatlicher Politik. Landstreicherei wird dabei weder als Anachronismus noch als deviantes oder marginales Phänomen begriffen. Landstreicherei wirft vielmehr sozialpolitische und arbeitshistorische Fragen auf, die von zentraler Bedeutung sind. Nach einer einleitenden Auseinandersetzung mit Definitionsproblemen, wie sie im Kontext gegenwärtiger transnationaler Debatten behandelt werden, fokussiert der Beitrag darauf, wie bestimmte Unterscheidungen in Österreich zwischen dem späten 19. Jahrhundert und dem “Anschluss” (1938) auf praktische Weise hergestellt wurden. Mehrere unterschiedlich effektive Praktiken werden erläutert, angefangen bei den ersten, ab dem späten 19. Jahrhundert unternommenen Versuchen, eine formale Bestimmung der Arbeitslosigkeit vorzunehmen. Aufgrund eines neuen Verständnisses der Arbeitslosigkeit als einer Auswirkung des Arbeitsmarktes wurden damals neue Instrumente zur Unterstützung und Regulierung derjenigen Landstreicher eingeführt, die ein Beschäftigungsverhältnis anstrebten. Diese Praktiken zielten auch darauf ab, die Landstreicherei zu illegalisieren und durchgehend gesetzlich zu bestrafen. Darüber hinaus wird auch diskutiert, wie sich der Wechsel der politischen Regime auf die Landstreicherei auswirkte. Mit Fokus auf die 1920er und 1930er Jahre werden die Kriminalstatistiken und die kriminalpolizeiche Aktenführung untersucht – sowie, last but not least, die Perspektive derjenigen, die sich “auf Wanderschaft” befanden.

Jerònia Pons Pons und Margarita Vilar Rodríguez. Versicherungsvereine, kommerzielle Versicherungsfirmen und die Rolle des Staates in der Krankenversicherung. Der Fall Spanien (1880–1944).

Das Hauptziel dieses Beitrags besteht darin, die Besonderheiten Spaniens hinsichtlich der Absicherung gegen Krankheitsrisiken, wie sie in verschiedenen, in der internationalen Literatur beschriebenen Wohlfahrtsmodellen gewährleistet wird, zu analysieren. Diese Analyse bestätigt, dass es in Spanien, wie auch in anderen Ländern, zunächst verschiedene, miteinander koexistierende Formen von Krankenversicherung gab, die vom Markt, von den Arbeitern selbst und dann zunehmend vom Staat entwickelt wurden. Die weitreichendste Form der Krankenversicherung, die der spanischen Bevölkerung innerhalb dieser sogenannten wohlfahrtsstaatlichen Mischwirtschaft (mixed economy of welfare) zur Verfügung stand, war Ergebnis der Selbstorganisation der Arbeiter. Dies war bis zum spanischen Bürgerkrieg (1936–1939) der Fall – jedoch nicht etwa, weil das System besonders effektiv oder praktikabel gewesen wäre, sondern vielmehr aufgrund der nur sehr allmählichen Entwicklung privater Versicherungsfirmen sowie aufgrund der Unfähigkeit des Staates, eine Krankenversicherungspflicht einzuführen. Die Instaurierung der Franco-Diktatur verzögerte die Einführung einer solchen Pflicht noch zusätzlich; als es schließlich zur obligatorischen Krankenversicherung kam, unterlag diese noch verschiedenen Einschränkungen, wurde eher aus politischen denn aus sozialen Erwägungen eingeführt und zog das nahezu vollständige Verschwinden der auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungsvereine (friendly societies) nach sich.

Andy Croll. Hungernde Streikende und die Grenzen der “humanitären Entdeckung des Hungers” im spätviktorianischen Vereinigten Königreich.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts waren Hungernde als Objekt der Barmherzigkeit konstruiert worden. Die “humanitäre Entdeckung des Hungers” hatte jedoch reelle Grenzen. Nicht jeder ausgehungerte Körper galt als sympathiewürdig. Barmherzige Bürger sorgten sich besonders um die massenhafte Not, die häufig während längerer Streiks eintrat. Wie sollten sie auf diesen Hunger reagieren? Die Untersuchung der in Zeitungen veröffentlichten Darstellungen streikbedingten Hungers zeigt die Entwicklung eines vergeschlechtlichten Diskurses, der wiederholt auf hungernde “Unschuldige” fokussierte, also auf die Frauen und Kinder männlicher Streikender. Dieser Diskurs schien zwar unpolitisch, war es jedoch tatsächlich keineswegs. Er bestimmte die “Unschuldigen” als diejenigen, denen Lebensmittelhilfe zustand. Der Hunger des streikenden Mannes wurde dabei häufig ignoriert; dem Mann wurde die Unterstützung verweigert. Arbeiterführer mussten sich mit Bedacht äußern, um eine Anerkennung des Leidens dieser Männer zu bewirken.