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Musik und Sprache in Intermodaler Ästhetischer Kommunikation

Published online by Cambridge University Press:  07 March 2019

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Wenn man über Musik in intermodaler ästhetischer Kommunikation sprechen will, so gehört Sprache (in all ihren aus musikologischer Sicht wichtigen Aspekten) unbedingt zum Thema: nicht nur, weil Musik und Sprache auf einem gemeinsamen materiellen Substrat (modulierten Schallwellen) basieren, nicht nur, weil sie mit demselben Sinnesorgan aufgenommen bzw. analysiert werden und mit dem gleichen physiologischen Erzeugungsapparat hervorgebracht werden können (Ohr und menschliche Stimme), auch nicht nur, weil sie in älteren (vormenschlichen) Kommunikationssystemen mit hoher Wahrscheinlichkeit gemeinsame Wurzeln haben und weil beide zu ihrer Herausbildung und Ausformung die Entwicklung des beziehenden (relativen) Hörens benötigen, sondern vor allem, weil sie—aufgrund dieser Gemeinsamkeiten—in der Geschichte ihrer Existenz zahlreiche Kontaktzonen und Beziehungen ausbildeten, auf vielfältige Weise ‘Symbiosen’ eingingen und sich dabei gegenseitig beeinflußten und veränderten.

Type
Articles
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Copyright © 1982 by the International Council for Traditional Music

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References

Anmerkungen

1. Dieser Beitrag wurde zuerst im Rahmen einer von H.Goldschmidt und G.Knepler initiierten Veranstaltungsreihe “Aspekte einer modernen Musikästhetik—verschiedene Konzepte in der Diskussion” (veranstaltet in Berlin vom Kulturbund der DDR in Verbindung mit dem Verband der Komponisten und Musikwissenschaftler der DDR) im März 1978 als Vortrag gehalten, danach auch als Gastvorlesungen an den Universitäten Uppsala, Göteborg, Wien, Kopenhagen und Aarhus.Google Scholar

2. Auch die optisch vermittelte, aber direkt von der Wortsprache abhängige Sprache der Taubstummen u.a. gehört hierher.Google Scholar

3. Bierwisch 1976: 502; cf. ebenfalls Klix 1976a, 1976b und 1977.Google Scholar

4. Klix 1976a, 1976b, 1977 und Stockmann 1978a, 1979a (hier eine Zusammenstellung der für Musik relevanten Gedächtnisfunktionen).Google Scholar

5. Zu den Termini siehe ausführlicher Stockmann 1976, 1978a, 1978b, 1979a, und 1979b.Google Scholar

6. Gemeint sind die Entwicklung der sogenannten kombinierten Werkzeug-Techniken im Moustérien und der sogenannten Werkzeug-Werkzeuge spätestens im Aurignacien, also vor insgesamt ca. 150 000–30 000 Jahren. Ihre Entwicklung beginnt nach neuesten Forschungen schon bei späten Homo erectus-Gruppen im Clactonien; in dieser Hinsicht Erstaunliches enthalten z.B. die Bilzingslebener Funde, anzusetzen vor etwa 350 000 Jahren Das entsprechende Wissen scheint aber danach, zumindest teilweise, nochmals verloren gegangen und erst im Jungpaläolithikum wiederentdeckt und voll wirksam geworden zu sein—wenn auch für Klangwerkzeuge und Musikinstrumente zunächst in noch relativ bescheidenem Umfang. Siehe dazu Stockmann 1980: 134f., dies.: Interdisziplinäre Aspekte bei der Untersuchung musikethnologischer Probleme (im Druck).Google Scholar

7. Erwähnt zu werden verdient, daß auch wissen, weise und gewiβ, aber auch die Weise (die Art, das ‘Wie’), etwas mit ‘sehen’ zu tun haben. Die hierfür erschlossene indogermanische Wurzel +ueid- bzw. +uīd-, mit der u.a. das griechische idéa = ‘äußere Erscheinung, Gestalt, Anblick’ urverwandt ist, bedeutet im Perfekt ‘ich habe gesehn, ich weiß’. Der antike ‘Seher’ als ‘Wissender und Weiser’ versinnbildlicht diesen Bedeutungszusammenhang. Die Begriffe Idee und Weise (im Sinne von Art und Weise) tendieren mehr zu ‘schauen’ (und damit zu ‘schön’) als zu sehen. Auf Melodien wird Weise, das in vielen germanischen Sprachen vorkommt (altnordisch z.B. visa in der Bedeutung ‘Strophe, Vers’), erst relativ spät übertragen. Grundbedeutung bleibt auch hier ‘Aussehen, Erscheinung’, woraus sich ‘Beschaffenheit’ entwickelt hat.Google Scholar

8. Über die semantischen Verflechtungen der hier angeführten musikrelevanten Termini vgl. auch die Einzelbelege und Zusammenstellungen bei Stockmann 1973: 296ff., 1974a: 165, 187, 1978b: 126f., 134.Google Scholar

9. Über die Index-Zeichen (auch Anzeichen oder Symptome genannt) deren Zusammenhang mit der außermusikalischen Realität kausaler Natur ist, vgl. Meyer-Eppler (1959) und Stockmann (1978a).Google Scholar

10. E.Stockmann 1975; Stockmann 1973, 1974a, 1974b, 1978b; dies.; Volksmusik im Geschichtsprozeß (in Vorbereitung).Google Scholar

11. Einige willkürlich herausgegriffene Beispiele: Beethovens Pastorale, sein Streichquartett op.135, das Befreiungssignal im Fidelio (schon in der Urfassung) und in den zugehörigen Ouvertüren, übrigens zunehmend deutlicher ausgeformt; Schumann 1. Sinfonie; Mahlers Sinfonik, etc.Google Scholar

12. Schon von Hornbostel (1926) charakterisierte die Tonigkeit‘—jene wichtige Beziehungseigenschaft musikalisch verwendeter Töne, die Handschin mit dem Begriff Toncharakter’, andere Autoren mit den Termini ‘Tonwert’, Tonqualität' oder auch (von der Linguistik ausgeborgt) Tonern' umschrieben—als das “labilste, biologisch unwichtigste, entwicklungsgeschichtlich jüngste Moment an den akustischen Erscheinungen”, das von Kleinkindern und amusischen Erwachsenen schlechter nachgeahmt werden kann als Helligkeit und Schallfarbe.Google Scholar

13. Dabei werden in der schrift- und theorielosen Überlieferung, z.B. in der Musikfolklore, die Wertrelationen aus den konkreten musikalischen Äußerungen, in denen sie immer wieder in ganz bestimmten Verbindungen und Konstellationen vorkommen, unterschwellig abstrahiert (ähnlich unbewußt wie die distinktiven Merkmale der phonologischen Sprachschicht aus den gesprochenen Äußerungen). In der theoretisch fundierten Kunstmusik Europas und Außereuropas scheinen zwischen dem eben skizzierten Vorgehen und der (mehr oder weniger aus der Praxis entwickelten) Theorie dialektische Wechselbeziehungen zu wirken, jedenfalls bei denen, die die Theorie gut kennen. Obwohl wir über diese Mechanismen noch sehr wenig wissen, dürften ihre Grundprinzipien beim aktiven oder passiven Vollzug eines Maqams ähnlich funktionieren wie bei einer Bachschen Fuge oder einem klassischen Sonatensatz.Google Scholar