Hostname: page-component-586b7cd67f-vdxz6 Total loading time: 0 Render date: 2024-11-22T06:50:43.138Z Has data issue: false hasContentIssue false

Ein Bruchstück der Collectio ecclesiae Thessalonicensis

Published online by Cambridge University Press:  29 July 2016

Horst Fuhrmann*
Affiliation:
Universität, Kiel

Extract

Unter den Stücken der sogenannten Akten des Konzils von Pavia (865), die, wie an anderern Orte gezeigt, in Wahrheit eine Propagandaschrift kanonistischen Charakters des abgesetzten Erzbischofs Gunthar von Köln darstellen, ist der Auszug eines Briefes von Papst Hilarus (461–468) ‘ad Niciphorum et ad alios episcopos per provincias’ aufgeführt, der sowohl sachlich wie überlieferungsgeschichtlich besonderes Interesse beanspruchen darf. Zunächst sei zur Information vorausgeschickt, dass das Exzerpt an keiner anderen Stelle als eben in jener Guntharschen Sammlung zu finden ist und infolgedessen auch ein mit der Werbeschrift gemeinsames Schicksal erfahren hat, das bis heute für seine Einschätzung bestimmend gewesen ist.

Type
Miscellany
Copyright
Copyright © Fordham University Press 

Access options

Get access to the full version of this content by using one of the access options below. (Log in options will check for institutional or personal access. Content may require purchase if you do not have access.)

References

1 Zu den Drucken und Handschriften vgl. Werminghoff, A., ‘Verzeichnis der Akten fränkischer Synoden von 843–918,’ Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 26 (1901) 635f.Google Scholar

2 Archiv für Diplomatik 4 (1958) [im Druck].Google Scholar

3 Im Zusammenhang mit der ganzen Sammlung wird das Stück im Arch. f. Dipl, 4 ediert. Google Scholar

4 JK † 565. Google Scholar

5 Die sogenannten ‘Akten der Synode von Pavia’ sind in einem gesonderten und der Handschrift 117 der Kölner Dom- und Metropolitanbibliothek angebundenen Heft enthalten; es stellt das Originalexemplar dar, das Gunthar von Köln in der äusseren Form eines geschlossenen Briefes an Hinkmar von Reims abgeschickt hat und von dem zur weiteren Stimmungsmache möglichst zahlreiche Abschriften angefertigt und verschickt werden sollten. Für Einzelheiten sei auf die angekündigte Abhandlung im Arch. f. Dipl, verwiesen. Hartzheim hatte das Kölner Originalheft unter völliger Verkennung seines Charakters und seines Überlieferungswertes unter dem Titel ‘Synodus Ticinensis’ herausgegeben: Concilia Germaniae 2 (Köln 1760) 327ff. Auf Hartzheim gehen alle übrigen Drucke zurück: Mansi 15 (1770) 761; Bullarium diplomatum et privilegiorum SS. Rom. pontificum Taurinensis editio, Append. 1 (1867) 205; Thiel, A., Epistolae Romanorum pontificum genuinae (Braunsberg 1868) 174, von dem Kaltenbrunner die Kennzeichnung der Unechtheit vermutlich übernommen hat.Google Scholar

6 Hefele, C. J., Conciliengeschichte IV2 (Freiburg 1879) 306f., musste in einen Irrtum verfallen, als er die sog. Synodalakten von Pavia und eine von Muratori, L. teilweise edierte Konzilsrede späterer Zeit (s.u. Anm. 7) für zusammengehörige Quellenstücke hielt, die von denselben Vorgängen berichten; eine Kombination, in der ihm schon Binterim, A. J. Pragmatische Geschichte der deutschen National-, Provincial- und vorzüglichsten Diöcesanconcilien III (Mainz 1837) 127f., vorangegangen war, ohne allerdings den Verdacht der Unechtheit direkt auszusprechen. Auch Hartzheim hatte die von Muratori publizierte Rede und die Synode von Pavia an versteckter Stelle (‘ Degressio ad saeculum nonum,’ Concilia Germaniae 2.437a) auf ein Datum zusammengelegt. Zweifellos gehört die Konzilsrede in den Pontifikat Hadrians II., wohin sie bereits Mansi, J. D. Sanctorum conciliorum et decretorum coll. nov. Supplementum (Lucca 1748) 1005, hat einordnen wollen, während die sog. Akten von Pavia schon durch den Konzilsbrief sich der Zeit Nikolaus’ I. zuweisen. In der übrigen Argumentation, vor allem in seiner Datierung, ist Hefele ein Opfer der willkürlichen Ausgabe Hartzheims geworden, der, ohne anzumerken, dass es sich nur um seine eigene editorische Konjektur handelt, den Paveser Quellenstücken das Datum vorangestellt hat: ‘(Synodus Ticinensis) Anno Christi DCCCLXVI. Sub Ludovico II. Ludovici Pii Filio, Imperatore dicto, anno XI. et Rege Italiae. Papae, Nicolai I. IX.’ Das Kölner Originalheft und auch die übrigen beiden Traditionen (s. Anm. 10,12) enthalten eine Zeitangabe ebenso wenig wie die Kennzeichnung ‘Synodus Ticinensis’ o.ä. Deshalb sind auch Versuche, wie die Mühlbachers (Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern [Innsbruck 1908] 502 nr. 1228a) und Hallers, J. (Nikolaus I. und Pseudoisidor [Stuttgart 1936] 58 Anm. 153), das vermeintlich überlieferte Datum richtigzustellen, gegenstandslos. Hartzheim selbst scheint sich in derGoogle Scholar

z eitlichen Einordnung der Paveser Quellenstücke unschlüssig gewesen zu sein; denn noch in seinem Catalogus historicus criticus codicum manuscriptorum bibliothecae metropolitanae Coloniensis (Köln 1752) 65 hatte er sich für 868 entschieden; hingegen nennt das vermutlich von Hartzheim stammende Lemma in der Kölner Handschrift 117 das Jahr 867 als Tagungstermin, die Edition endlich (Concilia Germaniae 2.327): 866. Google Scholar

7 Er zeigte (Sb. Akad. Wien 72 [1872] 521ff.), dass Muratori, Rerum Ital. Scriptores 2. 2 (1726) 135140 die bei ihm nur fragmentarisch wiedergegebene, obwohl in der Handschrift (Mailand, Ambros. G 57 sup.) vollständig erhaltene Konzilsrede aus der Zeit Hadrians II. versehentlich mit Nikolaus I. in Beziehung gesetzt hat und nur auf solche Weise Hefele (s.o. Anm. 6), der Muratoris zeitlichen Ansatz übernahm, Widersprüche hat finden können. Hat man sich auch über die Person des Verfassers nicht einigen können, als welchen Maassen Hadrian II. selbst vermutete, so ist doch die Zugehörigkeit der Rede zum Pontifikat dieses Papstes nicht zu bezweifeln. Hefeles Übersetzer Leclercq, H. Histoire de conciles IV.1 (1911) 373f., hat denn auch die sogenannten Paveser Akten als echt durchgehen lassen. Zur Synodalrede vgl. E. Dümmler, Sb. Akad. Berlin 39 (1899) 754ff.; Fournier, P.-G. Le Bras, Histoire des collections canoniques en occident depuis les Fausses Décrétales jusqu'au Décret de Gratien I (Paris 1931) 335f.Google Scholar

8 E. Dümmler, Geschichte des ostfränkichen Reiches II2 (1887) 139 Anm 2. Google Scholar

9 Duchesne, L., ‘L'illyricum ecclésiastique,’ Byzantinische Zeitschrift 1 (1892) 544 Anm. 1, und Caspar, E. Geschichte des Papsttums II (Tübingen 1933) 746, plädierten beide aus sachlichen Gründen für die Echtheit des Briefes, ohne dem von Kaltenbrunner übernommenen Trugschluss Hefeles nachzugehen. Wie verhängnisvoll aber der Irrtum Hefeles weiterwirkte, zeigt eine, z.B. Abhandlung wie die Hofmanns, F. ‘Der Kampf der Päpste um Chalkedon,’ in: Das Konzil von Chalkedon hgg. von Grillmeier, A. - Bacht, H. 2 (1953) 35, der seine Darstellung für den Pontifikat des Hilarus aussetzen musste, weil sich überhaupt kein Brief dieses Papstes erhalten habe, ‘der an den Orient gerichtet gewesen wäre.’Google Scholar

10 Pitra, J. B., Analecta novissima Spicilegii Solesmensis : Altera continuatio 1 (1885) 462. Allerdings sind in seiner Publikation die Signatur der Handschrift (n. IX, 82 statt a. IX 32) und der Brieftext fehlerhaft. Friedrich, J., ‘Die Sammlung der Kirche von Thessalonich,’ Sb. Akad. München 1891 S. 802, sah sich bei dem verderbten Text zu unnötigen Konjekturen veranlasst.Google Scholar

11 Pitras Fund wurde unglücklicherweise auch nicht in den Nachträgen des zweiten Bandes der neuaufgelegten Jafféschen Papstregesten (1888) berücksichtigt. Google Scholar

12 Die letzte ausführliche Beschreibung der Handschrift gab Rose, V., Die lateinischen Meerman-Handschriften des Sir Thomas Phillipps in der Königlichen Bibliothek zu Berlin (1892) 188ff., besonders 190f. (nr. 3).Google Scholar

13 Fournier - Le Bras I 218 nr. 6. Google Scholar

14 Vgl. die angekündigte Abhandlung im Arch. f. Dipl. Google Scholar

15 Vgl. Leporskij, L., Geschichte des Exarchats von Thessalonich (russ.; 1901) 134 Anm. 2 und 303 nr. 11; Schwartz, E., ‘Über die Bischofslisten der Synoden von Chalkedon, Nicaea und Konstantinopel,’ Abh. Akad. München N.F. 13 (1937) 8.Google Scholar

16 Leporskij a.a.O. 303 nr. 11. Google Scholar

17 Es seien nur einige Beispiele genannt. Schon 457 (JK 525) wurde Euxitheus von Papst Leo angehalten, ‘ut a Chalcedonensis Synodi definitionibus in nullo animos relaxetis, et quae ex divina sunt inspiratione composita, nulla patiamini novitate temerari’ (Mansi 6.316A). Gelasius warnte die dardanischen Bischöfe vor jenen, die den chalkedonensischen Beschluss nicht anerkannten (JK 623; CSEL 35.1.222; vgl. auch JK 638). Für Hormisda ist der Brief des Avitus von Vienne aufschlussreich (MGH Auct. ant. 6.ii 69.14f.; vgl. auch Zeiller, J., Les origines chrétiennes dans les provinces danubiennes de l'empire romain [Paris 1918] 382f.). Und Gregor I. schrieb: (die orientalischen Kirchen) ‘Chalcedonensem synodum ita nobiscum custodiunt …, ut nullus episcopus reputetur, qui eiusdem synodi defensor sectatorque non fuerit’ (JE 1673; MGH Epp. 2.144.22f). Noch Honorius I. fordert von einem neugewählten Metropoliten von Nikopolis, in dessen Kirchenprovinz unser Hadrianopel lag, ‘ut iusiurandum in confessione beati Petri apostoli prebeat’ (JE 2010; Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit hg. von Wolf, V. von Glanvell [Paderborn 1905] 1.235 S. 137). Der Eindruck freilich, der bei der Lektüre der Thessalonicher Briefe entsteht, Roms Oberhoheit hätte sich mehr oder minder, aber doch ständig behaupten können, ist gewiss falsch, und mit Recht tat Schwartz den Unterschied von Anspruch und Wirklichkeit hervorgehoben (‘Über die Bischofslisten …’ 49 Anm. 2).Google Scholar

18 Sein Name ist sonst nirgends zu fassen, weder unter den Synodalunterschriften jener Zeit, noch in Bischofslisten. Auch in die modernen Verzeichnisse ist er nicht aufgenommen. Le, M. Quien, Oriens christianus II (Paris 1740) 141f. konnte er noch nicht bekannt sein; er fehlt aber auch bei Farlati, D. (J. Corleti), Illyricum sacrum (Venedig 1780–1819) und Gams, P. B., Series episcoporum (Regensburg 1873) 430. — Zur Lage des antiken alt-epirotischen Hadrianopolis vgl. Geizer, H., Byzantinische Zeitschrift 2 (1893) 56.Google Scholar

19 RE 17.1 (1936) 312 nr. 3. Selbst wenn wir den Bischof von Adrianopel, Deogratias nicht kennen würden, käme der Adressat Nikephorus als die unter N. zu verstehende Person nicht in Betracht, denn von ihm als direktem Empfänger kann im Brieftext nicht in der dritten Person die Rede sein. Google Scholar

20 Auch sein Name, der zwischen den noch unter Papst Leo tätigen Eu genius (457) und den Zeitgenossen des Hormisda Alcison (516/517; vgl. in CSEL 35 die Briefe nrr. 177, 119, 127, 137) einzureihen ist (vgl. Leporskij 326 nr. 4 und 5), begegnet in keiner der uns heute zugänglichen Quellen. Auch die auf dem Gelände des alten Nikopolis im Bereich der grossen Basilika ausgegrabenen christlichen Mosaikinschriften geben nur von zwei Bischöfen mit Namen Do(u)metios Kunde. Ch, A. Chatzis, Ἀϱχαιολογ. φημ. 1918, 29f. setzt ihre Regierungszeit zusammen mit dem Kirchenbau in das 6. Jahrhundert.Google Scholar

21 Es ist ein eindrucksvolles Resultat der kritischen Edition von Gass, P. M. ó und Batlle, C. M. (Pelagii papae epistolae quae supersunt [Montserrat 1956], besonders 239 nota), gezeigt zu haben, dass bis in die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts hinein ausser in einer regionalen Sammlung, der collectio Arelatensis (JK 938–948), keine Dekretalen des Papstes Pelagius I. kursierten und auf das Archiv nicht zurückgegriffen worden ist.Google Scholar

22 Nach dem Osten hat Papst Hilarus, wie der Liber Pontificalis berichtet (ed. Duchesne, L. I 242.2), mehrere Briefe geschickt.Google Scholar

23 Vgl. die angekündigte Abhandlung im Arch. f. Dipl. Google Scholar

24 Sie ist zum ersten Mal ausführlich von Allatius, L., De ecclesiae occidentalis atque orientalis perpetua consensione libri III (Köln 1648) 1364ff. benutzt worden. Mit willkürlichen Veränderungen, vor allem in den Adressen, ist sie aus dem Holstes, Nachlass L. (Collectio Romana bipartita [Rom 1662] 1–163) herausgegeben und in der verunstalteten Form ausgewertet worden, bis Schwartz, E., ‘Die sogenannte Sammlung der Kirche von Thessalonich,’ Festschrift für Richard Reitzenstein (1931) 137ff. wieder zur handschriftlichen Überlieferung zurücklenkte. Nach der einzigen Handschrift von Wert (cod. Vat. lat. 5751, saec. X nach Maassen, der den Codex nicht selbst gesehen hat, sondern die Angaben Arevalos und Thiels übernahm, und nach Schwartz; wahrscheinlich jedoch saec. IX med., wie Silva-Tarouca und Wurm vorschlagen), neben der nur noch zwei von ihr abhängige Kopien existieren, ist die Sammlung von Silva, C. -Tarouca neu herausgegeben worden: Epistolarum Romanorum Pontificum ad Vicarios per Illyricum aliosque episcopos collectio Thessalonicensis (Textus et Documenta in usum exercitationum et praelectionum academicarum, Series theologica 23; Rom 1937). Zur Sammlung selbst vgl. Maassen, F., Geschichte der Quellen und der Literatur des canonischen Rechts im Abendland (Graz 1870) 766f.; Fournier - Le Bras I 19; H. Wurm, Studien und Texte zur Dekretalensammlung des Dionysius Exiguus (1939) 103, 199f.; Fuhrmann, H. in Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 39 (1953) 173 Anm. 213; Schwartz, E., Acta conciliorum oecumenicorum 2.4 (1932) x, der auch die Briefe, soweit sie in den Pontifikat Papst Leos I. fielen, edierte.Google Scholar

25 Mansi 8.772; Silva-Tarouca 65. Die sonst chronologisch angelegte Sammlung war schon in der Vorlage des cod. Vat. lat. 5751 in Unordnung gewesen, so dass jetzt am Ende ein Stück eines Briefes von Bonifaz I. steht (vgl. Schwartz, ‘Die sog. Sammlung …’ 152ff.; Silva-Tarouca 62f.). — Die jüngsten erhaltenen Stücke sind JK 509, 510 vom 29.v.454. Google Scholar

26 Vgl. Leporskij (Anm. 15) 214 Anm. 6; Perels, E., Nikolaus I. und Anastasius Bibliothecarius (Berlin 1920) 34; Haller (Anm. 6) 20.Google Scholar

27 MGH Epp. 6.438.31ff. — Silva-Tarouca v n. 1 will den Namen Coelestins I. tilgen, von dem kein Brief in der Thessalonicher Sammlung heutiger Gestalt enthalten ist. Das wäre nur erlaubt, wenn wir sicher sein dürften, dass sämtliche päpstliche Schreiben bis zur Regierungszeit Leos, die jemals in der Sammlung gestanden haben, in dem Fragment auf uns gekommen sind. Das aber wissen wir nicht. Es ist eher das Gegenteil einer schon bruchstückhaften Anfangspartie zu vermuten; denn in der vatikanischen Handschrift schliesst die in der Reihenfolge der Stücke durcheinandergeratene Sammlung mit einem Bonifazstück aus dem Jahre 419, auf das neben anderem durchaus ein Coelestinbrief noch gefolgt sein konnte. Google Scholar