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Ein Anti-Reinmar
Published online by Cambridge University Press: 02 December 2020
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Friedrich Vogt fasste seine Ausführungen über Carl von Kraus' bahnbrechendes Reinmarwerk wie folgt zusammen (AfdA. 40 [1921], 126 f):
Das letzte Wort hat auch vKraus nicht über Reinmar gesprochen. Eine endgültige Feststellung der Zahl, der Reihenfolge, der Strophenordnung und des Wortlautes seiner Lieder, nach der man fortan zu zitieren hätte, eine ein für allemal abschliessende Darstellung ihres Gedankenganges, ihres äusseren und inneren Zusammenhanges hat er nicht gegeben. Aber … . er hat diese Lieder schärfer unter die Lupe genommen als irgend einer seiner Vorgänger… . . er hat durch seine Beobachtungen auch da wo man sie anders deuten und bewerten muss als er, Anregungen ausgestreut, die über den Kreis der Reinmarschen Dichtung hinausreichen.
- Type
- Research Article
- Information
- Copyright
- Copyright © Modern Language Association of America, 1930
Footnotes
Abkürzungen, besonders für häufiger zitierte Werke:
Becker: Reinhold Becker, Der altheimische Minnesang, Halle 1882.
Brinkmann: Hennig Brinkmann, Zu Wesen und Form mittelalterlicher Dichtung, Halle 1928.
Burdach: Konrad Burdach, Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide, 1Leipzig 1880, 2Halle 1928.
Festschrift: Germanica, Sievers-Festschrift zum 75ten Geburtstage, Halle 1925.
Fleschenberg: Otmar Schissel von Fleschenberg, Das Adjektiv als Epitheton im Liebesliede des zwölften Jahrhunderts, Teutonia 11 (1908).
Gärtner: Erich Gärtner, Die Epitheta bei Walther von der Vogelweide, Diss. Kiel, Celle 1911.
HMS.: Minnesinger, gesammelt von Friedrich Heinrich von der Hagen, Leipzig 1838.
Halbach: Kurt Halbach, Walther von der Vogelweide und die Dichter von Minnesangs Frühling, Tüb. Germ. Arb. 3 (1927).
Kraus: Carl von Kraus, Die Lieder Reimars des Alten, Abh. d. Bayer. Ak. d. Wiss., Bd. XXX, München 1919.
MF.: Des Minnesangs Frühling, hrsg. von Lachmann und Haupt, neu bearb. von Friedrich Vogt, 4Leipzig 1923.
Paul: Hermann Paul, “Kritische Beiträge zu den Minnesingern,” PBB, 2 (1876), 406 ff.
Roesing: Hugo Roesing, Die Einwirkung Walthers von der Vogelweide auf die lyrische und didaktische Poesie des Mittelalters, Diss. Strassburg, Borna-Leipzig 1910.
Schmidt: Erich Schmidt, Reinmar von Hagenau und Heinrich von Rugge, QF. 4 (1874).
Schönbach: Anton Schönbach, Beiträge zur Erklärung altdeutscher Dichtwerke, I, III u. IV (= Wiener SitzBer., Bd. 141 [1899], 148 [1904] u. 150 [1905]).
SMS.: Die Schweizer Minnesänger, hrsg. von Karl Bartsch, Frauenfeld 1886.
Wahner: Joseph Wahner, Dichtung und Leben des Minnesängers Rudolf von Rotenburg, Diss. Breslau, Greifswald 1892.
Wechssler: Eduard Wechssler, Das Kulturproblem des Minnesangs, Bd. I, Halle 1909.
Wilmanns I: Wilhelm Wilmanns, Leben und Dichten Walthers von der Vogelweide, 2. Aufl. umgearb. von Victor Michels, Halle 1916.
Wilmanns II: Ders., Walther von der Vogelweide herausgegeben und erklärt, 4. Aufl. umgearb. von Victor Michels, Halle 1924.
References
2 “Der Ursprung der Reinmar-Walther-Fehde,” Journal of English and Germanic Philology 28 (1929), 203-214, zitiert JEGP. mit Band und Seite; “Fehde und Minne bei Reinmar von Hagenau,” JEGP. 29 (1930), zitiert “Fehde” mit Paragraphenzahl.
3 DtVjs. 5 (1927), 128 f. Dagegen hält er sich ZfdA. 60 (1923), 40 noch ganz an den Vogtschen Text, wie auch Stammler, DtVjs. 1 (1923), 532 f2, ua. Rosenhagen in Merker-Stammlers Reallexikon II, 363 a ist sogar geneigt, den ‘Liebesroman,‘ dh. den Hauptzyklus überhaupt in Frage zu stellen. Vgl. noch Halbach, S. 3 u. ZfdPh. 54 (1929), 403, Ehrismann, Lbl. 50 (1929), 91. Es handelt sich da besonders um “Kraus'sche Parallelen” (JEGP. 29, 213; “Fehde” Anm. 33 uö.), auf denen so vieles bei ihm basiert.
4 Schneider in seiner Neuausgabe von Schönbachs Walther von der Vogelweide, 4Berlin 1923, zumal Anhang. Auch Halbachs kombinationsreicher Aufsatz über das Reinmar-Rugge-Problem, ZfdA. 65 (1928), 145-176, ändert dieses Urteil nicht. Gänzlich unberührt von der Reinmarkritik der letzten fünfzig Jahre zeigt sich H. Spanke, ZfromPh. 49 (1929), 229 ff, wodurch seine Resultate grösstenteils haltlos werden.
5 Auf das gleiche hinaus läuft die alte Auffassung Liliencrons (zu Neidhart, ZfdA. 6 [1848], 114), der mit verschiedenen authentischen ‘Ausführungen’ desselben Liedes rechnete, für Reinmar neuerdings durch Vogt (zu 187,31, vgl. zu 140,24), Singer PBB. 44 (1920), 448 ff und jetzt von Günther Müller DtVjs. 5, 127 wieder aufgenommen, der aber zutreffend bemerkt, die Frage müsse “für jeden Dichter gesondert entschieden werden.”
6 AaO. S. 1272, 128; vgl. auch Vogt, ZfdA. 58 (1921), 205 ff u. AfdA. 40, 124 f, Hermann Schneider, PBB. 47 (1923), 249.
7 Anders als Kraus, Festschrift S. 526, sehe ich mehrere Interpolatoren (im weitern Sinne) im Reinmartext, die zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Verhältnissen gearbeitet haben. Halbach, der ebenfalls verschiedene Pseudo-Reinmare annimmt (so S. 591, 632 usw.), sucht sie doch alle in einer “Fabrik” oder Schule in Wien, ZfdA. 65,171 u. 176, wo sie sich “früh in Reimars exklusive Hinterlassenschaft eingedrängt” hätten, vgl. Kraus II, 60 und jetzt nochmals Halbach ZfdPh. 54, 41215, der aber nur Vermutung bietet.
8 Kaum möglich bei einem modernen Dichter (bei gleichem Material), sehr wohl aber bei einem mittelalterlichen, dessen Kunst ja im ganzen darin besteht (inhaltlich gesprochen), eine beschränkte Anzahl gegebener ‘Motive’ immer neu zu verweben; vgl. G. Müllers “Studien zum Formproblem des Minnesangs,” DiVjs. 1 (1923), 61 ff, Reallexikon II, 212; Rosenhagen ebd. II, 356 b; Brinkmann S. 93. Gerade wo Reinmar in Frage kommt, dessen “Gefühlsakribie” (Plenio, PBB. 43 [1918], 99) seit Uhland anerkannt ist, sollte sich diese Methode fruchtbar erweisen, kontrolliert durch die Schlüsse, die die Erforschung der Fehde erlaubt. Roethe, Wege der deutschen Philologie, Rektoratsrede, Berlin 1923, S. 10, spricht von seiner “dialektisch und formal tiftelnden, mit der sparsamsten feinfühligsten Auswahl der Worte und Klänge berechnet arbeitenden Kunst.” Stimmt diese Charakteristik, so muss sich auch einigermassen sagen lassen, wie das Gewebe zustande gekommen, was hineingehört und was nicht.
9 Vgl. zB. Plenio, PBB. 42 (1917), 418 u. ebd. 43, 901, der MF. 203,24 zu Walthers Meissner Lyrik stellen zu können glaubte, da dessen Autorschaft doch “unschwer erkennbar” sei!
10 MF. S. 419. Schon Haupt nannte dies “wahrscheinlich,” ZfdA. 11 (1859), 577 ff; s. ferner Regel, Germ. 19 (1874), 152 u. 166; Paul S. 524; Burdach S. 213 (vgl. S. 95); Becker S. 171 f; Kraus I, 71; Halbach, ZfdA. 65, 173.
11 AfdA. 40, 122, und MF. Noch Plenio hatte das Lied als echt behandelt, PBB. 43 (1918), 91.
12 In dieser Reihenfolge zu nehmen, da 3 m durch vrô und vröuden näher an Str. 168,30. 36 heranrückt (frô, fröide). Str. 169,3, versöhnlicher gestimmt, jedoch matt in Diktion und Inhalt, setzt 3 m wenigstens der Entstehung nach schon voraus. Im Text bald genauer.
13 Kraus versucht, durch die Parallele Hartmann 216,37 f (vgl. Wilmanns I, iv, Anm. 138 f u. z. 49,20. 22) nachzuweisen, dass der Autor bei Str. 169,3 nicht an die liute 168,37, sondern “an die Frauen denkt,” dass also eine Art Minnemotiv vorliegt; ohne Glück, trotz mancher andren Stelle, die er hätte beibringen können, zB. SMS. ii, 6,8 u. 27,6; xv, 1,20; auch Neidhart 71,11. 16 usw. Kluckhohn, ArchfKultg. 11 (1914), 403, spricht mit Recht vom “Verhältnis des Menschen zum Menschen”; Vogt, AfdA. 40, 122, von den “Gegnern.” Dass der Ausdruck ganz landläufig war, der Anklang bei Hartmann also nichts besagt (trotz Halbach S.24 [vgl. S. 761] u. nun ZfdA. 65, 1731), lehrt schon Meier Helmbrecht 1454, mir ist der wirt als ich im bin; vgl. Walther 49,20 f u. 26,10 f, auch 14,14 f u. 105,33 (s. Wilmanns zu diesen Stellen sowie I, 187, 252 ff m. d. Anm. und ferneren Nachweisen bei C. Schulze, Die biblischen Sprichwörter d. dt. Sprache, Göttingen 1860, Nr. 88; auch Schönbach III, 79). Es handelt sich einfach um das Prinzip, bzw. Motiv der Gegenseitigkeit des persönlichen Verhältnisses; für den genaueren Sinn vgl. besonders §§ 17, 19 u. 29.
14 Zumal nicht im Ethos, in der Kampfstimmung, da sich sonst nur Didaktik belegen lässt (von Zeitgrenzen ganz abgesehn). Eine Zeile hier oder da, zB. Spervogel 23,7, Walther 73,37, besagt natürlich nichts (Ausdrücke wie âne schulde gehaz sind geradezu formelhaft, auch in der Epik). Bezzenberger stellt zu Freidank 90, 19 f nur unsre Stelle 259,13 f, und Berger, ZfdPh. 19 (1887), 459 bringt nicht mehr. Gottfried von Neifen (Haupt) 51,10 ff (De Jong S. 237) erinnert ein wenig an ‘Walther’ 3 m. Vgl. noch Ulrich von Lichtenstein 292,22 ff. 622,4 ff; HMS. 3, 34 b 5. 47 a 3. 59 b (57); Ottes Eraclius 1230 ff usw. Das Thema der bæsen haz in breiter Entfaltung bei Konrad, Troj. Krieg, 6584-6603 uö.; für Hugo von Trimberg ist es schon eine alte Geschichte, die man in den Büchern liest, Renner (Ehrismann), 14609 ff. Weiteres bei Wilmanns I, 252 u. z. 59,1; Roethe zu Reinmar von Zweter 202; auch Ehrismann, ZfdA. 49 (1907), 417 f.
15 Dazu Bezzenberger; liep und unmære stehen ja oft beieinander, zB.: MF. 130,1 f; 159,10 f, 163,27 f. 32 f; 166,23 f; HMS. 1, 73 a (261. 78 a 6. 89 a (30). 302 a (2); 2, 265 b (11); 3, 468q b 4; Reinmar von Zweter 173,9 f; Neifen 8,28 f (De Jong S. 145); Eilhart 2696 f; Eraclius 550; Gottfrieds Tristan 12028: 31; Konrad, Troj. Krieg 8672 f; Freidank 22,2 f. 107,18 f; Warnung 2139 f; DTdMA. XVII, 129,39 f; Renner 16405 (hier gar auf Lehrer und Schüler bezogen!) usf.
16 Etwa nach Morungens Motiv 143,10 ff: Ich was eteswenne frô … . nu muoz ich mîn ouge nider zer erde lân, vgl. Kraus I, 70; oder aber nach Walthers 118,24: Ich bin nû sô rehte frô.
17 In der Auffassung dieses Motivs an sich hat Kraus (“unverständlich”) gegen Vogt gewiss unrecht, einerlei ob man fröide(n) als Lebensfreude, Lebensgenuss übersetzt (vgl. 168,30 und 3 m, 5; dazu Veldeke 61,9) oder “im Sinne der höfischen Gesellschaftslehre,” der der Hofdichter vor allen andern unterlag (so Vogt, AfdA. 40, 122 u. MF. z. St.). Burdach S. 213 gibt es wieder durch “frohen Gesang,” also wie Vogt im Gegensatz zu trûren 168,35. Dh. das Motiv ist durchaus sinnvoll, aber nur etwa bei einem Fahrenden, der zumeist Reinmarsche klageliet vortrug, an denen sich lützel leider iemen freute (Neidhart 95,33); bei Reinmar selbst hingegen — insofern er als ‘unentwegter’ Vertreter des trûrens dasteht — allerdings kaum, auch nicht bei einem dichtenden Schreiber oder Dilettanten.
18 Wenn dies “nach Kraus” geschehen ist (z. St.), so wohl auf brieflichen Vorschlag; Kraus übersetzt “Freuden.”
19 Zu dieser bemerkt Kraus I, 70: “Welch sonderbare Wirkung seiner Liebe auf die andern: sie bekommen Augenschmerzen,” und zieht Meinloh 13,24 heran, falls der Autor nicht habe “ein Gegenstück schaffen” wollen etwa zu W. 64,27 (s. III, 20): ez tuot in den ougen wol. Aber es handelt sich wohl nur um einen harmlosen Ausdruck der Umgangsprache (s. Burdach S. 215). So heisst es ‘Walther’ 167,8 über kalten wint … . regen und snê: daz tuot den ougen unsanfte wê (vgl. Neidhart 76,23 ff). Noch näher der Marner x, 3 f: Zucker kan wol süezen. kumt ein senf, der tuot in den ougen wê, wozu Strauch Boner ii, 21 stellt: der [rouch] tuot in den ougen wê. Ähnlich Bruder Wernher 72,4 (Schönbach IV, 93); Gottfried, Tristan 4674 f. 11222 f; Wälscher Gast 2711 usw. Man könnte übersetzen: ‘Wenn auch der eine oder andre dazu ein Gesicht ziehen mag.’ Der Autor drückt sich drastisch aus; s. auch Anm. 45.
20 Kraus' Lesung dieser Zeile mit und als Auftakt (I, 241; II, 458) ist zu akzeptieren, nur dass ebenso gut ein andres zweisilbiges Wort ausgefallen sein mag, zB. iemer vor wert.
21 Ebenso Schmidt S. 73 und Burdach S. 230 (“wol kaum von Reinmar”); anders Paul S. 523 f, Becker S. 178 und vor allem Wilmanns I, iii, Anm. 48 u. z. 121,2 f, der freilich 256 E nicht nennt.
22 So Kraus I, 24 f; III, 8 ff und alle seine Vorgänger seit Erich Schmidt (S. 72). Anders Halbach S. 68 ff, der die Hauptspitze des Liedes gegen Wolfram gerichtet glaubt; dagegen s. JEGP. 28, 203 ff, sowie unten Anm. 97.
23 So lese ich eben im Briefwechsel der Brüder Grimm mit Karl Lachmann von Lachmanns Hand (S. 724):. “Niemand leidet gern öffentlich Strafe, und es ist am wenigsten hübsch wenn sie unangekündigt von Freunden kommt.” Lachmann mag die bekannte Bibelstelle, Matth. 18, 15, vorgeschwebt haben, die zB. auch Marner xiv, 18d wiederkehrt.
24 Vgl. 196,35 nie — nôt; 197,11 liebe — lüge usw.; s. Anm. 96.
25 Es kommt hier zunächst nur auf Reinmars subjektive Einstellung an. Dabei kehrt selbst Halbach, der sich sonst eng an Kraus hält (III, 25 ff, gegenüber Burdach), S. 104 zu einem “bestimmenden Einfluss” zurück, nur dass er diesen etwas später ansetzen möchte. Wesentlich scheint mir vor allem die rein technisch-musikalische Ausbildung Walthers (s. Plenio, PBB. 42, 427. 446 Anm.), ob durch Reinmar selbst oder Erlernung von dessen Liedern, die durch keinerlei Nachweis parodistischer Absichten zu entwerten ist, was auch F. Neumann, DtVjs. 1, 504 noch bekräftigt. Vgl. auch Singers Vortrag Walther vdV., Burgdorf 1919, S. 5; Berta Wagner, ZfdA. 62 (1925), 67 ff (im Prinzip); Kraus selbst in seiner Rede auf Walther vdV. als Liebesdichter, München 1925, S. 7. Dazu noch Halbachs Burdachbesprechung, DLZ., N.F. 5 (1928), 2206, auch die von Ehrismann Lbl. 50 (1929), 247 (vgl. ebd. S. 91 f und Michels, DLZ., N.F. 5, 907 f).
26 Vgl. 175,25: got weiz wol, in tuon doch niemen niht, mit direkter Beziehung auf den Ursprung des Streites; im einzelnen s. “Fehde” §§ 3, 5 f, 9 f.
27 Mit Lachmann, gegen Kraus III, 8 u. 9, ist mîner frowen W. 111,30 doch wohl auf Reinmars Dame zu deuten: “[Wenn ich an seiner Stelle wäre, so] schiene mir besser meiner Dame senfter gruoz”; man beachte den Irrealis. So oder so ist mit senfter gruoz die “freundliche Aufnahme des Dienstes” gemeint (Vogt z. 170,1), über deren Fehlen sich Reinmar 170,6 f u. 159,10 ff zu trösten gesucht.
28 An Regensburg 16,12, also eine Zufallserinnerung, ist gewiss nicht zu denken, da dort ein ganz andres Motiv vorliegt, ähnlich dem von Meinloh 13,24.
29 Dass in E Ton 168,30 unmittelbar auf unsre Strophe folgt, ist mindestens dieser Wortgleichung zuzuschreiben.
30 Die bare Möglichkeit ist nicht abzuweisen, dass der Interpolator von 256 E, 5 f den unechten, bzw. 'schlecht überlieferten’ Abgesang in 255 E schon vorgefunden. Die folgenden Überlegungen, die hoffentlich auch hierin Klärung bringen, werden im Kerne von dieser Frage nicht betroffen.
31 Vgl. C. Schulze, “Die sprichwörtlichen Formeln d. dt. Sprache,” Herrigs Archiv 54 (1875), 312. Die Belege sind leicht zu mehren, s. zB. den Tugendhaften Schreiber, HMS. 2, 150 (20); Günther von dem Forste, ebd. 2, 165 a (10): (11); Reinmar von Zweter 30,3; 106,6; Ulrich von Lichtenstein 400,20 (in der Erzählung 49,25; 383,10; 556,17); Konrad von Landegge, SMS. xxi, 16,9; Gottfried 510. 19207; Konrad, Troj. Krieg 20829, Partonop. 128 f; Renner 16088, usw. Dagegen sind liep und trût (wie Hartmann, Büchlein 1286) und tiure und wert (wie Tristan 17) immerhin seltener.
32 So 168,30 (und bin daz), 32 (rehte), 36 (jô — zwâre), 38 (die ganze Einschachtelung, aus 31 wiederholt); 169,4 (und das tuont, an sich unanstössig, aber vgl. 168,30), auch 5 (iender). In 255 E, 5 muss man sich mit fehlendem Auftakt und Hiatus helfen, um den Fünfheber herauszurechnen.
33 Da Str. 175,29. 36 leer ausgehen, hat der Anonymus das Lied wohl nur vierstrophig gekannt, wie in b überliefert. Auch in C und E sind die Plusstrophen spätere Nachträge, vgl. im einzelnen “Fehde” § 1.
34 Beides zusammen zB. Strassburger Alexander 5668. 6221; Eraclius 3114; Gottfried 2329; Moriz von Craon 535 f; Ulrich von Lichtenstein 128,17; 159,18. 21; 253,11: 13 (26); Enikels Weltchronik 15297 f. Weiteres bei Schmidt S. 99 und Ludwig Bock, Wolframs von Eschenbach Bilder und Wörter für Freude und Leid, QF. 33 (1879), 37 f. Bock gibt auch MF. 178,3 f und 177,14 f, wozu noch 178,8 f zu stellen wäre: Frâge er wie ich mich gehabe, gich daz ich mit fröiden lebe, dh. daz ich frô bin, mich wol gehabe. In dem gleichen typischen Sinn vrô 3 m, 1 und 256 E, 6.
35 Motivlich ungefähr so: ‘Wie sehr ich aber auch wahrlich leide, die Geliebte bleibt hartherzig.’ Streng genommen ist schon der Stollen ein Widerspruch in sich, denn der Vordersatz stellt die nôt gar nicht als zur Zeit vorhanden vor, der Nachsatz (anders) aber wohl, oder der Abgesang, der sie als wirklich und noch andauernd behandelt (daz auf beswœre zu beziehen!), hinge völlig in der Luft.
36 Deshalb kann man darin auch nicht einfach einen Nachklang von Z. 196,35 annehmen. Wer eben einen Ausdruck wie rehte herzeclîchiu nôt geschaffen, fährt nicht mit einem wässerigen daz fort, vgl. vorige Anm. Kraus selber schreibt I, 77 über 186,1 f: “… . es ist augenscheinlich eine Phrase, die aus einem besonderen Zusammenhang, wo sie passte, hieher verweht wurde”!
37 Vgl. etwa 165,17: ichn gelige herzeliebe bî; auch 157,34; 164,10; 196,38 ua.
38 Gärtner S. 52 verweist darauf, dass herze(c)lîch in den lyrischen und sonstigen kleineren Denkmälern vor Walther nur in MF. zu belegen sei, mit auffallendem Überwiegen Reinmarscher Stellen (vgl. auch Albert Lackner, Das schmückende Beiwort in den deutschen Dichtungen des xii. Jhs., Diss., Greifswald 1903, S. 90 u. 93). Fleschenberg S. 128 f notiert Reinmars Vorhebe für Adjektivbildungen auf -lîch: 35 Prozent! Noch Walther hat das Wort nur zweimal, 6,9 u. 73,29. Natürlich spricht dies alles noch nicht gegen den später arbeitenden Unbekannten; wo aber beswœre und nôt in derselben Zeile erscheinen, wird man gewiss stutzen.
39 Vgl. 195,28 ff: Sprœche ein wîp ‘lâ sende nôt,‘ sô sunge ich als ein man der fröide hât. sus muoz ich trûren an den tôt, sît ir mîn langez leit niht nâhe gât; ähnlich 197,15 ff (s. auch 158,28 ff; 168,19 ff; 173,35 ff).
40 Keineswegs so versteckt, wie Kraus gelegentlich meint (s. “Fehde” Anm. 33), aber vgl. zB. 159,1: 179,3, Ich wirbe umb allez — Als ich werbe, wodurch die beiden Lieder von vornherein aufeinander bezogen werden. Andre Beispiele Kraus II, 49.
41 Man beachte die zurechtgemachte Wortstellung: Ich wil wô ze liebe mînen friunden sîn. So erklärt sich auch, warum er hier seiner Vorlage gegenüber so selbständig ist, vgl. die Entsprechungen § 2 (Tafel) und § 3.
42 Die Stellen über Reinmars Nachleben im xiii. Jh. MF. S. 409; Roethe, Reinmar von Zweter, S. 34. Charakteristisch der Brennenberger: Reinmâr, dîns sanges maneger gert.
43 Literatur bei Vogt; dazu Burdach S. 94 u. 221, Kraus, Festschrift S. 522 ff. Doch noch Rosenhagen, Reallexikon II, 357 a, behandelt das Lied als , Castle, ebd. S. 575 a, zweifelt.
44 So mit C, das doch fast überall bessere Lesarten bietet als G; Wiederholungen besagen hier nichts, weshalb allerdings mit Kraus 185,20 lange (G unlange, C unrehte) statt rehte zu lesen (lange auch 184,36!). Vgl. dazu Hohenburg, HMS. 1, 33 a (1): Ich wil nu den wolgemuoten singen, wo auch die verzagten gleich wieder antreten. Derselbe Aufgesang bekanntlich bei Rudolf von Rotenburg, HMS. 1, 87 b (11) = Wahner S. 107, auch Kraus, Mhd. Übungsbuch 2 S. 232. Zeitlich könnte wohl nur der Hohenburger als Quelle in Frage kommen, wenn nicht im Grunde herrenloses Gut vorliegt (vgl. Wahner S. 11 ff), doch wäre das für Stützung der Lesart einerlei.
45 Vgl. Schmidt S. 60 f; Kraus, Festschrift S. 524: “Sorgenrunzeln bekam”; richtiger wohl Lexer II, 439: “das Gesicht in Falten legte,” am besten Mhd. Wb. II, 704 b: “ein krauses Gesicht machte,” s. Hugo von Trimberg, LitVer. 256, 3,5: Vür daz schimpfen muoz ich rimpfen ougen unde wangen mîn. Für 169.2 s. oben Anm. 19.
46 Kraus, Festschr. S. 524 f, vermeint dies auch 185,26 wiederzufinden (warum dann nicht si statt man wie in Str. I?), und “in verhüllter Form” sogar in Str. IV u. V. Dass der Sänger Minnefloskeln braucht (vgl. auch 185,20: 36,20), ist doch kein Wunder. Dabei erscheint man, wie wolgemuoten auf das Publikum bezogen, in Str. II (184,39), also direkt vor dieser.
47 Kleinere Gedichte (Hahn), xii, 231 ff. Vgl. auch Neifen 46,3 (De Jong S. 228): Michn trœslel niht der walt und ouch diu heide, michn trasstet niht der kleinen vogele [C vogellin] singen; Wachsmut von Künzingen, HMS. 1, 302 b (6): mich entrœstet walt noch bluomen rôt, noch der vogele singen.
48 Dasselbe, drastischer, in der Schilderung der Warnung 2743 ff: nu kumt der tumbe spilman der nützer dinge niht enkan, “herre herre, lâ mich in, wan ich dîn ingesinde bin. ich wil mit dir belîben, die übelen jâr vertrîben. mich hât diu nôt besezzen, diu went hât mich vergezzen,“ usw. Nicht zu übersehen, dass sowohl Reinmar (165,10 f) wie zumal Walther (63,3 ff uö., vgl. Wilmanns I, 299) in Spielmannsrollen auftritt.
49 Literatur bei Vogt; dazu Kraus I, 75 f; II, 64; III, 202 und Festschrift S. 526 ff.
50 Man braucht sich vor der Autorität von G nicht unbedingt zu beugen. Vogt meint, weshalb C geändert haben sollte, wenn getân: gân im Original gestanden, sei “völlig unerfindlich” (als ob C das Original vor sich gehabt hätte). Gewiss darf man annehmen, dass die Vorlage oder eine Vorstufe von C einem mitteldeutschen Sänger oder Schreiber durch die Hände gegangen, zumal das Lied zu der bunten Serie von Einzelaufzeichnungen gehört, die mit C 122 beginnt (vgl. Paul S. 490 mit H. Schneider, PBB. 47 [1923], 251).
51 Seiner Textbehandlung ist im allgemeinen zuzustimmen, vor allem 183,7 alsô statt nu zu setzen; ê 183,2 ist wohl überflüssig. Zu so gedinge 183,14 vgl. nu gedinge 157,28 (über zweisilbigen Auftakt bei Reinmar Kraus II, 486). Doch ist 183,13 liebes C nicht zu beanstanden; 21 G, 2 ist ein gevüeger zu lesen, nicht ungevüeger (s. § 23), wie ja ähnlich 185,20 lange statt unlange G. Vgl. ferner Anm. 63.
52 Str. II ist nämlich der Zählung nach dort oder schon in der Quelle nachgetragen. Man hatte sie also wohl mal als überflüssig fallen lassen (s. § 2), richtiger: aus den zweien eine zu machen versucht, was sich nunmehr bei Vergleichung der neuen Vorlage bequem genug wieder gutmachen liess. Burdach S. 221 meint, erst der Sammler von C habe Str. II aus Gründen des Zusammenhangs ans Ende gesetzt. An sich möglich, erklärt aber nicht die schon vorgefundene Vertauschung der Abgesänge.
53 So 163,29 ff; 171,2 f. 8 f; 189,30 f; vgl. Burdach S. 113, 149 f; Wilmanns I, 259; Streicher, ZfdPh. 24 (1892), 196 f; Vogt zu 81,25 (auch Wechssler S. 139).
54 Str. 27,27, die Kraus für echt hält, ist neuerdings von Günther Müller DLZ., NF. 2 (1925), 2486, dann von Otto Schumann GRM. 14 (1926), 427 Walther sicher mit Fug abgesprochen worden (vgl. Plenio PBB. 41 [1916], 911, doch auch Singer ebd. 44 [1920], 459 f; Michels z. Text, in dessen Vorbemerkung die Klammer lauten sollte “s. 1, II, 233. V, 93. 165”). Allein mit der Unechtheit ist noch nichts über ihr Alter entschieden. Sie etwa mit Str. 27,17, die ihr nachgedichtet scheint, in die Zeit Konrads von Würzburg zu setzen (Michels), sehe ich keinen Grund. Wilmanns hatte die beiden ursprünglich getrennt (11869, S. 298 u. 348; 21883, S. 167), und sein Urteil scheint mir höchstens dahin zu ändern, dass auch 27,27-29 dem Verfasser von Str. 27,17 zufallen möchte; der eigentliche Anfang von Str. 27,27 wäre verloren. Diese dürfte angeregt sein durch Kristan von Hamle HMS. 1, 113 iv. Anderseits haben sie der Marner und Reinmar von Zweter offenbar gekannt und benutzt (Strauch viii, 31-50. ix, 9-12; Roethe 34,1 ff. 37,7 f [dazu S. 211], ferner 39,3-6. 26,1 ff. 23,1-3 m. d. Anm.; s. auch Roesing S. 61, 86 ff; bei R. v. Zw. spielt Reinmar 165,28 herein), dagegen bezeichnenderweise Ulrich von Singenberg noch nicht, obwohl er sich gerade in diesem Kapitel so eng an Walther lehnt (vgl. W. Stahl, U. v. S., Diss., Rostock 1907, S. 75 f, den Roesing S. 39 f nicht verwertet). Sie wird entstanden sein, als dessen König-Friedrichs-Ton noch aktuell war, genau wie die Parodie des Singenbergers auf W. 28,1 (Stahl S. 64 f) und die unechten Strophen 21. 26 Z, also etwa 1220-30 (Tod Leopolds VII.). Ulrich von Lichtensteins Liedverse 113,17 f (um 1231-32) setzen nur Reinmar 165,33 voraus; die Ähnlichkeit mit MF. 195,3 ff (Brecht, ZfdA. 49 [1907], 100 f; Kraus II, 60) beruht auf gleicher Quelle, s. u. § 31. Sonstiges bei ihm, 402,17; 423,9. 28; 426,23, weist wohl auf Reinmar von Zweter.
55 Vgl. 195,6: an in lit der werlte wunne und ouch ir heil.
56 Burdach S. 101 f, Kraus III, 20; Stahl, aaO. S. 118, vergleicht auch Ulrich von Singenberg, SMS. ii, 11,22.
57 HMS. 1, 82 b; Wahner S. 94; Kraus, Mhd. Übungsbuch 2, S. 222.
58 Diese Strophen bilden thematisch darin eine geschlossene Einheit, als solche durch Str. 26 fühlbar abgesetzt. Die Ideale, die er in ihnen verkündet (hôher muot durch tougen minne!), muten für die zweite Hälfte des xiii. Jhs. schon fast archaisch an, vgl. Burdach2 S. 413 (= ADB. 29 [1889], 298).
59 Ich kann zB. wilde bei muot attributiv im Minnesang nur bei Burkart von Hohenvels wieder belegen, HMS. 1, 206 a (43); sonst bei Wolfram, Parz. 170,8 (s. Martin), auch im sog. II. Büchlein, 466.
60 Die beiden Strophen sind umzustellen, wie der Sinn und leichte Stichwortverknüpfung lehren: 173,10: 20; 26: (13.) 15; 19: 30; 31 f: 34. 36 (s. auch 173,8: 22 f). Also erst das dreifache Gelübde; dann die Zuversicht, es halten zu können; zum Schluss die Unruhe über den lôn. Vgl. Burdach S. 216, dagegen Vogt!
61 Daher am Schluss von Ton 170,1 die hohe Beteurung: daz weiz er wol dem nieman niht geliegen mac (vgl. JEGP. 28, 206); 160,38 f: Het ich der guoten ie gelogen sô grôz als umbe ein hâr usw.
62 Die Literatur über ‘die Minne als erziehende Macht’ bei Ehrismann, ZfdA. 56 (1919), 1623, auch für Reinmar. Dazu jetzt in neuer Interpretation vor allem Hans Naumann in seinem Werk (mit Günther Müller) Höfische Kultur, Halle 1929, besonders S. 35 ff (auch JEGP. 28, 338 ff zugänglich).
63 Vgl. die mildere, aber innerlich verwandte Idee 170,6 f (âne ir danc, ‘ohne ihr Zutun,’ ‘wenn sie es auch nicht will’). Der “unrichtige Auftakt” nu (Vogt) ist also ja festzuhalten; Beckers Vorschlag S. 175, der ihn streicht und Fragezeichen nach betrogen setzt, löscht die Reinmarsche Nüance. Vielmehr ist umgekehrt 183,13, wo die Überlieferung in C wie in G schlecht ist, Auftakt herzustellen, wohl mirst zu lesen und ein Wort wie leider zu ergänzen (vor niht); liebes C ist nach Klang und Ethos dann erst recht besser als liebe G.
64 Vgl. 159,22-24: 183,21-23, herze, reine, vielen, süeze — herzeclîchen, ûz erwelt, süeze, reine, vier gleiche Wortstämme in je drei Zeilen. Das ist kaum Absicht, aber auch kein Zufall.
65 Vgl. JEGP. 28, 206 f. Ähnliches schon bei Becker, Germ. 22 (1877), 200, aber mit zu viel Unhaltbarem verquickt. Sehr richtig schrieb übrigens Schmidt S. 59, das Lied “scheine aus der ersten Zeit eines Verhältnisses herzurühren”; vgl. auch das Bekenntnis 163,14 f.
66 Woraus sich im Vortrag wohl auf den Anschluss dieses Liedes an ein rechtes sorgen-Lied schliessen lässt (ab 185,27!). Wiederum auf Ton 175,1 deutet 185,31: als von rehte [!] ein sœlic man, vgl. 175,15: Ich bin aller dinge ein sœlic man, wan des einen … . Dazu kommt die Parallele 185,32. 33: 175,8 f, s. im Text.
67 Man kann kaum umhin, die Arbeit an Ton 175,1; 168,30 (mit 196,35) und nun an diesem so ziemlich in die gleiche Zeit zu setzen (s. §§ 10 u. 12, auch § 31).
68 Zu 185,36 f, ein trûren daz … . in mînem herzen lît begraben, vgl. ausser zwei Stellen im Mhd. Wb. I, 561 a (Nib. u. Boner) Gottfried im Tristan 14467 ff: … . triuwe und êre … . wart nie mêre in einem herzen begraben; 18070 f: der hât daz lebende paradîs in sînem herzen begraben; schlagender noch Konrad von Würzburg, Alexius 1231 ff: … . mîn jâmerhaftez herze. leit und grimmer smerze muoz dar inne sîn begraben. Zu 186,1 f, Ez ist lanc daz mir diu ougen mîn ze fröiden nie gestuonden wol, vgl. 173,11 f: unde als ich ir nie vergaz, sô gestân diu ougen mîn und niemer baz (s. Scherer, Deutsche Studien,2 S. 69, Burdach S. 215 f und Vogt!), wobei sogar eine direkte Anspielung vorliegen wird; ze fröiden ist nichts als die bekannte Reinmarsche Verschnörkelung, dem Unbekannten traut Kraus den Ausdruck selber nicht zu! Über das nu in Str. 186,1 hat Vogt (z. St.) die richtige Erklärung gegeben.
69 Vgl. die engeren Parallelen 166,30; 167,25; 171,23 f; 172,13 f; 190,21. Unsre Stelle setzt Erec 5902-5 voraus (Enitens Jammer): … . nû waz touc ich dir her nâch, sô beide alter unde leit mir schœne unde jugent verseit? nû waz sol ich dir danne?, Verse, die bekanntlich im II. Büchlein, 600 ff, ausgeschrieben sind: … daz ich irn touc noch sî mir, nu waz sol sî mir danne?
70 Wie Neidhart belegen möge, 63,22: ich wane, ich werde alsô begraben dazs ir muot mir ze guot gein mir iht verkêre. Morungen 125,10 ff veranschaulicht den Wandel der Einstellung, vgl. Michel, H. v. M. und die Troubadours, QF. 38 (1880), 55 f, auch Wilmanns zu W. 73,17.
71 Schon seit Uhland, Schriften V, 205; vgl. Schmidt S. 94 f, Burdach S. 36, 47, 134 uö., dann die ganze Literatur, zB. E. Haackh, Teutonia 9 (1908), 17.
72 Derselben Meinung ist Schmidt S. 82 f; s. die Stellen bei Haupt, Neidhart,2 zu 32,4, auch Schönbach I, 17.
73 Vogts alte Behauptung z. St., erliegen sei “in der von Lexer und Burdach angenommenen Bedeutung ‘durch Lügen gewinnen’ nicht bezeugt,” wird widerlegt durch Walther von Metz, HMS. 1, 309 b (24): Sol man wîbes minne erliegen, war ümbe seite ich danne wâr? Also etwa ‘durch gleisnerisches Schmeicheln gewinnen,‘ Auch Burdachs Interpunktion ist demnach zuzustimmen.
74 Also: ‘W.’ 27,31 f > 183,27 ff + 195,6. 9, bestätigt durch 21 G, 4: 195,4. Zur Sicherung der wörtlichen Beziehungen, die schon Burdach S. 102 u. 107 berührt hat, vgl. noch Strauch zum Marner viii, 44-50. ix, 9-12, und Wilmanns I, iv, Anm. 210 u. 245. Es ist wohl möglich, dass der Interpolator auch den Winsbeken, der Str. 11, 12, 13 u. 16 einige verstreute Anklänge bietet, gekannt und im Sinne gehabt (s. § 23), aber die ‘Walther’-Parallele lässt sich dadurch nicht verdrängen.
75 Zu belegen 156,33; 158,7; 161,35; 165,27. 36; 179,3; 189,13; 195,29; 197,1. In grösserm Zusammenhange vgl. Str. 156,27; 158,1; 171,18; 174,3; 197,15: an jede von diesen liesse sich der Aufgesang nach Motiv, Stil und Ethos lückenlos anschliessen.
76 Der Bruch des Bogens bestätigt die Beobachtung nur, denn das “Gesetz vom syntaktischen Abschluss des Aufgesanges” (Vogt zu Ton 179,3) leidet bei Reinmar an die drei Dutzend Ausnahmen.
77 Wohl hinreichend erklärt durch den Wettbewerb von ungelücke, ungevelle, schaden ua.; vgl. zB. die Lesarten zu Neidhart 64,29 f u. 78,1.
78 II, 1843, auch die des Mhd. Wbs. umgeschrieben (bei Herzmœre lies 500 statt 50; den Irrtum HMS. 3, 265 b kann ich zur Zeit nicht berichtigen); für das starke Neutrum ist Frauenlob, Ettmüller Ld. vi, 1 = HMS. 3, 399 xx, 1 nachzutragen. F. Jelinek, Mhd. Wb. z. d. dt. Sprachdenkmälern Böhmens usw., bringt nur einen neuen Beleg, gleichfalls für das starke Neutrum, aus Ulrich von Eschenbachs Alexander.
79 Unmittelbar vor zwei andern Entlehnungen aus Reinmar, HMS. 1, 314 b (27), bzw. 3, 319 a v, in Zupitzas Ausgabe (Oppeln 1867) 11,5 ff: vür den ungelingen, daz mir leit von dir geschiht, wil aber ich dîn lop ze vröuden nemen, vgl. Reinmar 174,15; 186,8; 163,12. Übrigens steht die Strophe, durch C für Rubin bezeugt, in A Botenlauben beigelegt, dem sie auch H. Stöckel, O. v. B., Diss. Würzburg, München 1882, S. 12, abspricht, mit ziemlich verderbtem Text auch in e, also unter Reinmars Namen, s. MF. S. 435. Kraus darüber ausführlich I, 88, doch ohne Feststellung ihrer Identität, die auch Haupt, Schmidt, Paul, Burdach, Becker und Vogt entgangen ist (vgl. Zupitza, aaO. S. viii, auch Lexer s. v. ungelinge). Z. 5 mîn lop e dîn lop AC, ‘deine Lobpreisung,’ ‘dass ich dich preise.’
80 Sicher nicht unter dem eigenen in Anbetracht des Vorurteils gegen die Minnedichtung der niedern Fahrenden, die nach des Marners bekannten Worten xv, 271 vom Vortrag von Minneliedern zu scheiden ist; vgl. Burdach S. 131 ff, selbst Wallner, PBB. 33 (1908), 32, jetzt H. Schneider, Reallexikon III, 291 f (auch unten Anm. 100). Das Verlangen, sich heimlich mit “am Ruhm des Meisters zu sonnen und dem Werke eine grössere Verbreitung zu sichern” (Schwietering, Die Demutsformel mhd. Dichter, Abh. d. Gcttinger Ges. d. Wiss., NF. XVII, 3 [1921], 34 f, vgl. Marner xiv, 282 ff), fehlte gewiss nicht, genügt aber hier (168,36!) zur Motivierung kaum.
81 Burdachs Meinung S. 229, Str. 195,3 sei vor 195,9a “durchaus am Platze” ist relativ zu verstehen, in Hinblick auf Str. 194,34.
82 Unverkennbar hat diesem, der noch andre Reinmaranklänge bringt, für SMS. viii, 1 unser Ton als Vorlage gedient (vgl. auch Roethe, R. v. Zw., Anm. z. 23,1). Aus dem Gemisch von Str. II hat er freilich nur den hôhen muot übernommen, sogar doppelt, der bei ihm sonst nicht wieder vorkommt; eine dritte Strophe ist bei ihm obligat.
83 Vogts Bemerkung, AfdA. 40, 119, Kraus habe alle Strophen, die nur in E stehen, also auch diese drei, dem Dichter aberkannt, ist unzutreffend.
84 Als ‘Walther’ 2 m steht die Strophe zwischen 197,3 und der Zusatzstrophe von Ton 168,30. Paul, der diese für echt hielt (s. Anm. 10), wollte 2 m schon darum und weil sie “entschieden Reinmarsche Gedanken” enthalte, für den Dichter retten. Das Zusammenstehen der Strophen erklärt sich nach Anm. 29, denn m stammt ja aus der E-Quelle (Burdach S. 194).
85 Metrische Untersuchungen über Reinbots Georg, Abh. d. Göttinger Ges. d. Wiss., NF. VI, 1 (1902), 176 f.
86 So ist der Auftakt sicher zu ergänzen, dessen Fehlen (wan E) bisher nicht notiert scheint.
87 Vgl. Wilmanns I, iv, Anm. 182: zwölf Belege aus Reinmar, acht aus fünf andern Autoren. Es sieht aus, als wolle er sich als Tugendwächter seiner Dame aufspielen (motivlich auch eine Form des lobens), in Wahrheit verteidigt er seinen Stil (158,13 ff; 189,5 ff!).
88 Ähnlich schon 173,6-8; 190,3-6; s. Wilmanns I, iv, Anm. 482 u. 483. Zum Wortlaut vgl. Walther 42,1; 71,6; auch Hartmanns Büchlein 654.
89 Nämlich in ganz ähnlichem Sinne, wie Reinmars Anspielung 175,22. 24 auf W. 112,33 f zu deuten ist, vgl. “Fehde” Anm. 12. W. 120,25 hat sicher die Priorität, denn wenn auch Burdachs Beweis S. 121 ff nicht ganz befriedigt (vgl. Kraus III, 24), so ist das Lied doch sicher eine Schülerarbeit aus der letzten Zeit vor dem offenen Bruch, in der sich für uns der kommende, echte Walther schon ankündigt (121,5. 11. 24 ff!, s. Wilmanns I, 208). Dem einseitigen Meister musste es um so mehr missfallen (vgl. im Text § 39 Schluss). Wilmanns' Annahme in der Vorbemerkung, Walther müsse bei der Abfassung schon “zum Kampf gegen Reinmar bereit” gestanden haben, die sich mit Burdachs deckt, verlegt das Lied (bei Paul Nr. 9!) entschieden nach Wien, was Kraus III, 244 nicht beachtet. Diese Annahme wird auch insofern zutreffend sein, als Reinmar für seinen Zweck nur ein neues Lied des Gegners brauchen konnte. Kraus stellt I, 251 (wo “anders” statt “umgekehrt” zu lesen ist); den “Anonymus” als den Borger hin, gibt damit das richtige Zeitverhältnis zu.
90 Denn C und E stellen hier nur eine Überlieferung dar, aus der auch F abgeleitet ist, vgl. Wilmanns-Michels II, 31 ff; dh. in der Einzelquelle ∗EC war Str. V (immer nach Lachmann) dem sonst richtig bewahrten Liede nachgetragen worden.
91 Wilmanns trennte in seiner ersten Ausgabe (1869), S. 144 ff, Str. I u. V von den drei andern (vgl. Simrock aaO.), denn Z. 121,23 bilde “den besten Schluss und ein engerer Zusammenhang” fehle. Freilich! Aber sein späterer Vorschlag (1883), III u. IV umzustellen, den Michels ausgeführt hat, war keine Besserung. Auch Übergang von 121,32 zu 6 ist entschieden leichter als von 121,23 zu 6 (Wilmanns) oder 121,23 zu 24 (Lachmann).
92 Man beachte, wie er das sogar in Str. I durchzuführen weiss: fröide, sorge, wê, trûren, rede, alles ist auf ihn bezogen (dabei mir viermal hintereinander, ich zweimal); dagegen genâde, wodurch die Geliebte vorgestellt wird, nur einmal, in dem einzigen Nebensatz.
93 Die Worte greife ich nicht ganz aus der Luft: durch mine liebe in Anbetracht von 170, 1 f. 7 und Str. 159,10, jene liebe, die man bespöttelt, die ihm in der Tat argen kumber bereitet hatte (197,11; 256 E, 3). Zuerst hatte ich es so versucht, verslich vielleicht schmiegsamer: swie lange ich nu mînen süezen kumber dol; süezen kumber wie der süezen arebeite 159,24 und anderseits Der lange süeze kumber mîn 166,17 als Eingang eines der allernächsten Lieder (bei Kraus Nr. 18, das Trutzlied Nr. 15).
94 Vgl. seinen Aufsatz über “Das sogenannte II. Büchlein und Hartmanns Werke” in der Festgabe für Richard Heinzel, Halle 1898, S. 141 f.
95 Vgl. Jellinek bei Kraus III, 6 f: âne pfliht, ‘ohne Einsatz.’ Mit andern Worten, so massloses aber unerwünschtes lop war nach Walthers Ansicht Bluff, und die liebe, die es bekunden sollte, erst recht; s. “Fehde” § 12.
96 Man nehme die Kühnheit vil unverwandelôt, die einst der Dichter beinah mit der Autorschaft des ganzen Tones, gerade dieses, gebüsst hätte (ausser Haupt vgl. dazu Briefwechsel der Brüder Grimm mit Karl Lachmann, Jena 1927, I, 75). Er hätte kein wuchtigeres Reimwort finden können als diese altertümelnde Form, die drei schwere Ikten in sich vereinigt. Ähnlich das einzige wirdet 197,5 gegen sechsmaliges (nach Kraus' Text achtmaliges) wirt. Beachte ferner die vielen langen Vokale, nicht nur im Reim, gerade bei der ersten Strophe (dagegen die kurzen im Aufgesang von Str. 197,9, der erregteren Stimmung entsprechend). Auch Alliterationen finden sich (natürlich nicht als archaisierendes Formprinzip), die die Rhythmisierung leichter, gleitender machen: nie — nôt; tuot — tougenlîchen; -lôt — gelebe; müesle — mêre usw. Vgl. Roethe, zitiert in Anm. 8.
97 Der letzte Beweis gegen Halbachs vermeintliche Parallele Parzival 115,6 f, auf die er S. 68 ff seine Ansicht gründet, Ton 196,35 sei in erster Reihe auf Wolfram gemünzt; vgl. JEGP. 28, 203 f.
98 Einige Parallelen ZfdA. 29 (1885), 151, weitere bei Roethe zu R. v. Zw. 26,11.
99 Singer, PBB. 44 (1920), 448 f, will in Str. II u. IV des Tons 159,1 spätere Zusätze des Dichters erkennen, speziell sei II als Polemik gegen Wolframs Lied 5,16 gerichtet. Er erhält auf diese Weise eine überaus detaillierte Chronologie, die ihn nötigt, auch Walthers Strophen zeitlich zu trennen. Sie ist abzulehnen. Die Strophenfolge in bC, die er zum Beweise geltend macht, zeigt nach reichlichen Analogien nur, dass II u. IV in der gemeinsamen Quelle nachgetragen sind, dass Lied also auch wohl dreistrophig gesungen worden, keineswegs aber, dass sich in dieser Quelle Reinmars ursprüngliche Form erhalten hätte. Das Fehlen von Reimbindungen in II ist belanglos in Anbetracht mancher andern Ausnahme (s. Kraus); hätte Reinmar hier Wert darauf gelegt, so hätte er sie doch auch bei der angeblichen ‘Zusatzstrophe’ angebracht. Str. IV ist hinreichend gebunden. Die Wolframstelle ist allenfalls als Nachklang aus Reinmar zu verstehen, wie es viele im Minnesang gibt. Darum, dass die Dichter Zeitgenossen waren, gleich eine Polemik zu wittern, geht nach beiderseitigem Wortlaut und Zusammenhang nicht an. Über die recht problematischen Reinmar-Wolfram-Beziehungen überhaupt vgl. “Fehde” Anm. 12, auch JEGP. 28, Anm. 13.
100 Vgl. Rosenhagen im Reallexikon II, 230. Panzers Zweifel an der alten Beneckeschen Annahme von Liederbüchern fahrender Sänger (Die Manessische Lieder-Handschrift, Faksimile-Ausgabe, Einleitungen, Leipzig 1929, S. 55) kann ich nicht teilen. Wer hätte denn von jenen “einzelnen Liederblättern [!] und -büchern” Gebrauch gemacht, von denen Panzer mit Hadlaub S. 89 selber redet, wenn nicht vor allem fahrende Rezitatoren? (Vgl. auch Heusler, Dt. Versgeschichte II [1927], § 628.) Und “wir wissen nichts darüber, wie weit [?] in Deutschland fremder Minnesang durch Spielleute vorgetragen wurde”? Sagt nicht der Marner (xv, 261 ff) Sing ich den liüten mîniu liet … . sô wil der ahtode niht wan hübschen minnesanc?, womit er gewiss nicht den eigenen gemeint hat: er war eben keiner von jenen Spielleuten (vgl. Steinger, DtVjs. 8, 63; dieselbe Stelle doch wohl etwas zu eng interpretiert von Naumann Reallexikon III, 260 f). Dazu kommt die vielberufene Repertoirestelle bei Reinmar dem Fiedler in seinem Angriff auf Leuthold von Seven und so vieles andre von Kaiser Heinrich an. “Dass die uns erhaltenen Handschriften … . Liederbücher wandernder Sänger gewesen sind,” hat ja niemand behauptet. Man blättere nur Benecke selber wieder nach, Beyträge zur Kenntniss der altdeutschen Sprache usw., II (Göttingen 1832), 301 f.
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- Cited by