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Published online by Cambridge University Press: 05 February 2009
Das fast ausschließliche Interesse neutestamentlicher Textkritik an der Erstellung eines Urtextes hat die Frage in den Hintergrund verdrängt, wie die frühe Christenheit mit dem Text der Evangelien umging. War er für sie ein heiliger Text wie das Alte Testament für die Juden und ersten Christen, oder nahmen sich die Gemeinden die Freiheit, den Text nach den eigenen Bedürfnissen abzuwandeln? Die synoptische Forschung nimmt für die Entstehung der Evangelien auf jeden Fall einen freien Umgang mit der Überlieferung an. Wundergeschichten wurden zur Befriedigung der frommen Neugier erweitert, während Wortüberlieferung zur einprägsameren knappen Form der einzelnen Sprüche neigte. Nun kann man allerdings für das zweite Jahrhundert, in der sich die unterschiedlichen Textformen bildeten, nicht ohne weiteres dasselbe annehmen wie für die ersten Christen. Die Texte waren für die Gemeinden auf jeden Fall kostbare Güter, da nicht nur das Material – ob Papyrus oder Pergament – teuer war; auch das Abschreiben war kostspielig, einerlei ob man es in der kurzen Freizeit vornahm, die nach einem langen Arbeitstag blieb, oder ob man die Möglichkeit hatte, eine Abschrift in Auftrag zu geben. Ob die Texte jedoch in dem Sinn für heilig gehalten wurden, daß alles daran lag, sie unverändert weiterzugeben, erscheint als fraglich, da wir zu viele Varianten kennen, die den Sinn des Textes wenn nicht theologisch so doch stilistisch verändern.
Wir haben bei den griechischen Texten auf Akzente verzichtet, weil sie weder im ursprünglichen Text gesetzt sind, noch in der unserer Untersuchung zugrunde gelegten Collation des Codex Bezae durch E. Nestle: Novi Testamenti supplementum, Leipzig 1896. In den alten Unzialen, so auch im Codex Bezae findet sich ebenfalls keine Wortabtrennung. Wir haben sie um der Lesbarkeit willen durchgeführt. Auf die umfangreiche Literatur zum Codex Bezae sind wir bewußt nicht eingegangen, weil es uns nicht um die Frage des Wertes dieses Codex für die Erstellung des Urtextes geht, sondern allein um Beobachtungen, die uns etwas über den Umgang der frühen Christenheit mit den Evangelien sagen. Aus diesem Grunde haben wir ebenfalls darauf verzichtet, Besonderheiten des Codex Bezae in der Apostelgeschichte zu untersuchen, obwohl dort die größten Abweichungen vom kirchlichen Text zu finden sind.
Für den interessierten Theologen seien nur knappe Literaturhinweise gegeben:
Klijn, A. F. J.: A Survey of the Researches into the Western Text of the Gospels and Acts, 1949Google Scholar; Novum Testamentum 3, 1959, S. 1–27 und 161–74.CrossRefGoogle Scholar
Glaue, P.: ‘Der älteste Text der geschichtlichen Bücher des Neuen Testaments’, ZNW 45, 1954, S. 90–108 (vertritt die Annahme, Codex D biete den ältesten erhaltenen Text der Evangelien. Obwohl diese These kaum richtig ist, bietet der Aufsatz eine Fülle von Beobachtungen der Abschriften, die wir verwertet haben).CrossRefGoogle Scholar
Yoder, J. D.: Concordance to the Distinctive Greek Text of the Codex Bezae, 1961.Google Scholar
Ein reprint der sorgfältigen Ausgabe des Codex Bezae Scrivener, von F. H., 1865 mit Angabe aller Korrekturen, ist 1978 bei der Pickwick Press, Pittsburgh/PA erschienen.Google Scholar