Published online by Cambridge University Press: 07 September 2010
On the basis of a concise definition of the literary form of a summary/Summarium/sommaire that has to be distinguished from epitome (e.g. Mk 1.14f.; 8.31) or ‘Geschichtsabriss’ (cf. Acts), this contribution analyzes the literary and theological function of all three summaries that can be found in Mark 1–6 (1.32–34; 3.7–12; 6.54–56). By these summaries the author of the Markan Gospel not only provides a macro-textual structure for his narrative, but also gives a theological interpretation and a narrative emplotment of Jesus' Galilean ministry, and thus carries forward essential parts of the Gospel story.
1 A. Yarbro Collins, Mark. A Commentary, Minneapolis 2007 (Hermeneia), 175; J. Marcus, Mark 1–8. A New Translation with Introduction and Commentary, New Haven/London 2000 (AncB 27), 198.
2 C. Focant, L’évangile selon Marc, Paris 2004 (Commentaire biblique. Nouveau Testament 2), 95.
3 P. Dschulnigg, Das Markusevangelium, Stuttgart 2007 (ThKNT 2), 84 sieht in 1.32–34 eine dreiteilige Struktur vorliegen: V. 32 Exposition; V. 33 Mitte; V. 34 Schluss: ‘Es handelt sich um einen Sammelbericht (Summarium) über die Heilung vieler Kranker und Besessener durch Jesus. Summarien verallgemeinern, steigern und sprechen hyperbolisch von der umfassenderen Heiltätigkeit Jesu, die über Erzählungen von einzelnen Wundertaten hinausgeht’, ebd. (Markierungen im Text sind nicht wiedergegeben).
4 A. Yarbro Collins, Mark, 172. – D. E. Aune, The New Testament in Its Literary Environment, Cambridge 1987, 54 und 102 spricht allgemein von ‘summary reports’, was dem konstruierten Charakter der Summarien näherkommt, s. dazu unten.
5 Vgl. A. Yarbro Collins, Mark, 175f.
6 Vgl. P. Dschulnigg, Markusevangelium, 85: ‘Redaktionskritisch gesehen betont der Sammelbericht über viele Heilungen erstmals hyperbolisch Jesu umfassende Wundertätigkeit’.
7 Es handelt sich dabei besonders um terminologische, grammatische und narrative Elemente: Vgl. U. Wendel, Gemeinde in Kraft. Das Gemeindeverständnis in den Summarien der Apostelgeschichte, Neukirchen-Vluyn 1998 (Neukirchener Theologische Dissertationen und Habilitationen Band 20), 15f. nennt hier: ‘Terminologie’ (v.a. maximale Größenangaben), ‘Grammatik’ (‘Das Verbum steht oft im Imperfekt’), ‘Explizite Zeitangaben’ und den ‘Bezug zum Erzählverlauf’ (‘Die ntl. Summarien sind keine Rückblicke, sondern treiben den Erzählfaden durchaus voran’).
8 Dies gilt, auch wenn etwa Dieter Lührmann Mk 1.32–39 insgesamt als einen ‘summarisch Jesu Wirken beschreibenden Abschnitt’ bezeichnet D. Lührmann, Markusevangelium, 53.
9 J. Gnilka, Das Evangelium nach Markus. 1. Teilband Mk 1–8,26, Neukirchen-Vluyn5 1998 (EKK II/1), 86.
10 Vgl. M. Dibelius, Formgeschichte, 226: Markus liegt ‘an der historisierenden Darstellung’.
11 Einige Exegeten—so schon K. L. Schmidt, Der Rahmen der Geschichte Jesu. Literarkritische Untersuchungen zur ältesten Jesusüberlieferung, Berlin 1919, 57 oder auch z.B. J. Gnilka, Evangelium 1, 86—meinen, dass hier immer noch die Zeitstufe von 1.21—also der erste Tag des Wirkens Jesu, d.h. der Sabbat—im Blick sei. Dies scheint mir vor dem Hintergrund von 1.28, aber auch im Blick auf das Verhältnis von 1.21f. zu 1.23ff. nicht plausibel.
12 Vgl. W. Egger, Frohbotschaft und Lehre. Die Sammelberichte des Wirkens Jesu im Markusevangelium, Frankfurt 1976 (FThSt 19), 1.
13 Vgl. W. Egger, Frohbotschaft, bes. 65f.
14 D. Marguerat, L'aube du christianisme, Paris 2008 (Le Monde de La Bible 60), 284: ‘la synagogue est lieu de l'autorité libératrice de Jésus, la maison symbolise la proximité avec les disciples, l'espace ouvert symbolise l'affluence de la foule’.
15 W. Egger, Frohbotschaft, 67. – Vgl. ähnlich zuletzt auch J. Marcus, Mark 1–8, 198, der Mk 1.32–34 für eine ‘pre-Markan tradition’ hält.
16 J. Gnilka, Evangelim 1, 86 mit Hinweis auf L. Gaston, Horae synopticae electronicae. World Statistics of the Synoptic Gospels, Missoula 1973 (Sources for Biblical Study 3). Vgl. auch P. Dschulnigg, Sprache, Redaktion und Intention des Markus-Evangeliums. Eigentümlichkeiten der Sprache des Markus-Evangeliums und ihre Bedeutung für die Redaktionskritik, Stuttgart 1984 (SBB 11), 136.
17 Vgl. R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition. Mit einem Nachwort von G. Theißen, Göttingen10 1995, 223 und 226f. Redaktionell sind in 1.21–28: 1.21*, 22*, 27*, 28. ‘Das gereinigte Stück zeigt die typischen Züge einer Wundergeschichte“, 223f. Mk 1,29–31 wird ‘unter dem Einfluß von 1,16–20 redigiert sein’, 227.
18 J. Gnilka, Evangelium 1, 86.
19 Vgl. R. Bultmann, GST, 366.
20 In der Literaturgeschichte Georg Streckers z.B. finden die Summarien überhaupt keine Erwähnung: G. Strecker, Literaturgeschichte des Neuen Testaments, Göttingen 1992 (UTB 1682).
21 J. Gnilka, Evangelium 1, 85.
22 Berger meint, diesen Umstand der literar- und redaktionskritischen Arbeit anlasten zu können. So hält er den Ausdruck ‘Summar’ sogar für ‘irreführend’, weil er ‘primär literarkritisch orientiert sei’, K. Berger, Formgeschichte des Neuen Testaments, Heidelberg 1984, 331f.
23 K. Berger, Formgeschichte, 332.
24 W. Egger, Frohbotschaft, 66.
25 W. Egger, Frohbotschaft, 68.
26 Vgl. W. Egger, Frohbotschaft, 67f. In Mk 1.32–34 findet sich—nach Egger—nicht die für die markinischen Sammelberichte sonst typische ‘Mosaik-Technik‘: Dabei werden in den Sammelberichten ‘die Elemente wie Mosaiksteine aneinander gekoppelt’, und man kann ‘dementsprechend ohne große Störung Elemente herausnehmen’, 68. Auch Emil Wendling (1908) hielt Mk 1.32–34 in seinem Grundbestand für ‘echt’, da er im Text—bis auf 1.34—keine redaktionellen Elemente erkennen kann, vgl. E. Wendling, Die Entstehung des Marcus-Evangeliums. Philologische Untersuchungen, Tübingen 1908, 4 und 17.—Mit seiner Beobachtung führt Egger faktisch das formgeschichtliche Konzept Karl Ludwig Schmidts (1919) fort, der die in den synoptischen Evangelien erzählte ‘Geschichte Jesu’ insbesondere auf der Basis chronologischer und topographischer Angaben zu rekonstruieren suchte, vgl. hierzu K. L. Schmidt, Rahmen, bes. 57f. Ähnlich geht auch C. H. Dodd vor: In kritischer Rezeption von Schmidts Annahme, dem Evangelisten habe bereits teilweise ein chronologischer und topographischer Rahmen vorgelegen, in welchen die Sammelberichte eingefügt worden seien, meint Dodd allerdings, Markus habe der Tradition unterschiedliches Überlieferungsmaterial entnommen, u.a. Summarien bzw. Sammelberichte (Mk 1.14f.; 1.21f.; 1.39; 2.13; 3.7b-19; 4.33–34; 6.7, 12, 13; 6.30), die auf das mündliche kerygma zurückgingen: Vgl. C. H. Dodd, The Framework of the Gospel Narrative: Ders., New Testament Studies, Manchester 1953, 1–11, bes. 6ff.: ‘The outline which we have recognized as existing in fragmentary form in the framework of Mark may well have belonged to a form of the primitive kerygma’, a.a.O., 10. Für Schmidt sind die Sammelberichte jedoch ‘jeglichen chronologischen Berechnungen entrückt’ (a.a.O., 13).—Zur grundsätzlichen Kritik an Schmidts Zweifel an der Historizität der markinischen Evangelien-Erzählung vgl. D. R. Hall, The Gospel Framework. Fiction or Fact? A Critical Evaluation of Der Rahmen der Geschichte Jesu by Karl Ludwig Schmidt, Carlisle 1998. Zur kritischen Auseinandersetzung mit Schmidt und Hall einerseits sowie Dodd andererseits vgl. zuletzt auch S. Hultgren, Narrative Elements in the Double Tradition. A Study of Their Place within the Framework of the Gospel Narrative, Berlin/New York 2002 (BZNW 113), bes. 35–51 und 311–13: Hultgren geht von der Annahme aus, Markus habe bereits ein, wenn auch nicht notwendig historisches, so doch ‘traditional narrative framework for the life of Jesus’ vorgelegen, in welchem diejenigen sog. Sammelberichte eine formative Rolle gespielt haben, die über Markus hinaus auch bei Matthäus und/oder Lukas begegnen, a.a.O., 46. Bei allen genannten Ansätzen jedoch bleibt die konzise Definition eines Summariums als spezifischer literarischer Form offen, s. dazu unter 4.
27 So z.B. das Diktum bei: M. Dibelius, Formgeschichte, 2.—Ich halte—gegen z.B. W. S. Vorster, Markus—Sammler, Redaktor, Autor oder Erzähler?: F. Hahn (Hg.), Der Erzähler des Evangeliums. Methodische Neuansätze in der Markusforschung, Stuttgart 1985 (SBB 118/119), 11–36, 36: ‘Der Begriff Redaktor hat meines Erachtens geringe Bedeutung für die Lösung des Problems der literarischen Persönlichkeit, die für die endgültige Textgestaltung des Markusevangeliums verantwortlich war’—den Begriff ‘Redaktor’ weiterhin für sinnvoll, wenn er nicht dazu führt, die schriftstellerische Leistung des Markus zu verkennen.
28 W. G. Kümmel, Einleitung in das Neue Testament, Heidelberg21 1983, 58.
29 Vgl. D. Lührmann, Markusevangelium, 52f. Das trifft auch für den Klassiker des redaktionsgeschichtlichen Ansatzes, Willi Marxsen (1956/21959), zu, vgl. W. Marxsen, Der Evangelist Markus. Studien zur Redaktionsgeschichte des Evangeliums, Göttingen2 1959: Marxsen widmet sich den Summarien nur am Rande (Mk 1.32–34 wird nicht erwähnt und zu Mk 3.7f.: a.a.O., 39) und bezeichnet Markus bestenfalls als ‘Schöpfer der Literaturwerke’ der Evangelien (145).
30 Vgl. dazu R. Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropologische Skizze: Ders., Zeitschichten. Studien zur Historik. Mit einem Beitrag von H.-G. Gadamer, Frankfurt 2003 (stw 1656), 27–77, bes. 41: ‘Das Aufschreiben ist ein erstmaliger Akt, das Fortschreiben akkumuliert Zeitfristen, das Umschreiben korrigiert beides, das Auf- und Fortgeschriebene, um rückwirkend eine neue Geschichte daraus hervorgehen zu lassen’.
31 Vgl. W. S. Vorster, Markus, bes. 32, wo Vorster auf die Identität von ‘Autor’ und ‘Erzähler’ hinweist: ‘Der Autor hat nicht irgendeine fiktive Erzählerfigur erfunden, sondern er erzählt die Geschichte Jesu aus der Perspektive der dritten Person und macht sich selbst zum Erzähler’.
32 Vgl. B. M. F. van Iersel, Mark. A Reader-Response-Commentary, Sheffield 1998 (JSNT.SS 164), z.B. 139f.; R. M. Fowler, Let the Reader Understand. Reader-Response-Criticism and the Gospel of Mark, Minneapolis 1991.
33 Vgl. dazu z.B.: C. W. Hedrick, The Role of ‘Summary Statements’ in the Composition of the Gospel of Mark. A Dialogue with Karl Schmidt and Norman Perrin: NT 4 (1984) 289–311; J. Dewey Oral Methods of Structuring Narrative in Mark: Int. 43 (1989) 32–44, bes. 36: ‘When one hears the Gospel, the passages (Summarien, E-MB) do not seem set off in kind; they too are “visible”’.—Vgl. zum performance criticism zuletzt auch: R. Horsley et al. (Eds.), Performing the Gospel. Orality, Memory, and Mark, Minneapolis 2006; K. M. Hartvigsen, ‘Prepare the Way of the Lord’. Towards a Cognitive Poetic Analysis of Audience Involvement and Events in the Markan World, PhD-Diss. Universität Oslo 2009.
34 Hier sind weitere gattungsgeschichtliche Fragen anzuschließen, die allerdings vielfach wiederum die Summarien ausblenden: So etwa C. Bryan, A Preface to Mark. Notes on the Gospel and Ist Literary and Cultural Settings, New York/Oxford 1993. Vgl. zu wichtigen Aspekten der jüngeren und jüngsten Forschungsgeschichte hier auch D. Dormeyer, Das Markusevangelium, Darmstadt 2005, 166–185.
35 Vgl. nur die beiläufigen Erwähnungen von Mk 1.32–34 in: H. N. Roskam, The Purpose of the Gospel of Mark and its Historical and Social Context, Leiden/Boston 2004 (NT.S 114), z.B. 148 Anm. 7.—Vgl. zuletzt auch: A. Winn, The Purpose of Mark's Gospel. An early Christian Response to Roman Imperial Propaganda, Tübingen 2008 (WUNT 2.245).
36 Vgl. R. Horsley, Hearing the Whole Story. The Politics of Plot in Mark's Gospel, London/Leiden 2001, z.B. 121. Hier beschreibt Horsley, wie die Summarien den Kampf Jesu gegen die Dämonen—den er als ‘struggle against Roman rule’ wertet—narrativ verstärken.
37 Vgl. W. Wrede, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien. Zugleich ein Beitrag zum Verständnis des Markusevangeliums, Göttingen 1901, bes. 31–3. Zur Systematisierung der verschiedene Aspekte des Messiasgeheimnisses vgl. a.a.O., 33–34: (1) Verbote an Dämonen (Mk 1.25.34; 3.12); (2) Verbote nach anderen Wundern (Mk 1.43–45; 5.43; 7.36; 8.26); (3) Verbote nach dem Petrus-Bekenntnis (Mk 8.30; 9.9); (4) ‘Absicht, das Inkognito zu wahren’ (Mk 7.24; 9.30f.); (5) ‘Ein nicht von Jesus selbst ausgehendes Verbot zu reden’ (Mk 10.47f.).—Vgl. zur forschungsgeschichtlichen Bedeutung von Wredes Konzept besonders: H. J. Ebeling, Das Messiasgeheimnis und die Botschaft des Marcus-Evangelisten, Berlin 1939 (BZNW 19), 1–113. Vgl. zuletzt auch den Exkurs in A. Yarbro Collins, Mark, 170–2.
38 Vgl. M. Dibelius, Formgeschichte, 226f.
39 M. Dibelius, Stilkritisches zur Apostelgeschichte: Ders., Aufsätze zur Apostelgeschichte, hg. v. H. Greeven, Berlin2 1953, 9–28, 15f.; vgl. auch H. J. Cadbury, The Making of Luke-Acts, London 1927, 58: ‘The summaries…give continuity and historical perspective’.
40 W. G. Kümmel, Einleitung in das Neue Testament, Heidelberg21 1983, 59.
41 G. Theißen/A. Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen3 2001, 265; vgl. auch G. Theißen, Urchristliche Wundergeschichten. Ein Beitrag zur formgeschichtlichen Erforschung der synoptischen Evangelien, Gütersloh 1974 (StNT 8), 143–4. Theißen bezeichnet Mk 1.25 (nicht: 1.24!) und 4.39 als ‘Verstummungsbefehle’, a.a.O., 144.—Vgl. ähnlich auch schon R. Bultmann, GST, 239 Anm. 3.—Vgl. im Blick auf die Religionsgeschichte auch K. Thraede, Art. Exorzismus: RAC 7 (1969) 44–117, bes. 51f., der mit Verweis auf antike Fluchtafeln (PGM VII,396.967ff.; IX,4f.) Mk 1.25 für ein typisches Exorzismusritual hält: ‘Unentbehrlich war der Ausfahrbefehl, die ἀποπομπή…; er lautete ἔχελϑε bzw. recede…’, a.a.O., 52.
42 B. Kollmann, Jesu Schweigegebote an die Dämonen: ZNW 82 (1991) 267–73, 268.—Zum traditionsgeschichtlichen Hintergrund der Exorzismen Jesu vgl. zuletzt auch L. Stuckenbruck, Jesus' Apocalyptic Worldview and His Exorcistic Ministry: G. S. Oegema/J. H. Charlesworth (Eds.), The Pseudepigrapha and Christian Origins. Essays from the Studiorum Novi Testamenti Societas, New York/London 2008 (Jewish and Christian Texts in Contexts and Related Studies 4), 68–84.
43 Vgl. B. Kollmann, Jesu Schweigegebote, bes. 270: ‘Ein Mk 1.25 vergleichbarer Schweige- oder Verstummungsbefehl an Dämonen, der dem dortigen φιμώϑητι auch nur annähernd entspräche, ist aus den hierfür beanspruchten Belegen nicht analogisierbar, stellt also auch keine traditionelle exorzistische Technik dar’. Ob Mk 1.25 daher auch auf Redaktion zurückzuführen sei, diskutiert Kollmann hingegen nicht deutlich.—Vgl. in der Tendenz ähnlich W. Wrede, Messiasgeheimnis, 33 Anm. 1, der Mk 1.25 in der Tendenz als Schweigegebot deutet.
44 Vgl. J. Marcus, Mark 1–8, 193f. mit Verweis auf H. C. Kee, The Terminology of Mark's Exorcism Stories: NTS 14 (1967/68) 232–46.
45 S.o. zur Literarkritik.—Vgl. auch bereits E. Wendling, Entstehung, 16f.: ‘Erst der Evangelist hat aus seiner Vorlage in 1.25 herausgelesen, daß Jesus nicht als Messias verkündigt werden sollte’.
46 Vgl. in der Tendenz ähnliche Überlegungen bei z.B. G. Strecker, Zur Messiasgeheimnistheorie im Markusevangelium: Ders., Eschaton und Historie. Aufsätze, Göttingen 1979, 33–51, 35f.; H. Räisänen, Das ‘Messiasgeheimnis’ im Markusevangelium. Ein redaktionskritischer Versuch, Helsinki 1976 (Schriften der Finnischen Exegetischen Gesellschaft 28), 91f.: ‘Die Tradition hat… erzählt, wie die Dämonen Jesus mit christologischen Schreien anredeten und Jesus sie entweder zum Schweigen brachten (1.25) oder ein Gespräch anfing (5.9). Markus hat in den redaktionellen Bemerkungen diesen Befund so interpretiert, dass Jesus die Dämonen hindern wollte, ihr christologisches Wissen zu verbreiten’.—Zuletzt auch A. Yarbro Collins, Mark, 213: ‘The whole scene in 3:7–12 is analogous to that in 1:32–34, but intensified’.—J. Marcus, The Beelzebul Controversy and the Eschatologies of Jesus: Authenticating the Activities of Jesus, ed. B. Chilton/C. A. Evans, Leiden etc. 1999 (New Testament Tools and Studies 28,2), 247–77, sieht auf der Basis von Mk 3.23–26/Q 11.17–18 eine Entwicklung in Jesu Beurteilung des Satans und in der Entwicklung seiner Eschatologie von einer futurischen, ‘pre-baptismal’ zu einer ‘realized eschatology’ in a ‘post-baptismal phase’ (a.a.O., 274), die auch mit Jesu Erfahrungen mit Exorzismen in Zusammenhang steht.
47 Das Verbum ἐπιτιμάω ist im Sinne von ‘Drohen’ und ‘Schelten’ dabei typisch für die markinische Darstellung der Vollmacht Jesu: Vgl. Mk 1.25; 3.12; 4.39; 8.30, 32, 33; 9.25; 10.13, 48: Dazu auch E. Stauffer, Art. ἐπιτιμάω, ἐπιτιμία: ThWNT 2 (1935) 620–3.
48 Vgl. Walter Benjamins Schrift von 1933: Über das mimetische Vermögen: Ders., Erzählen. Schriften zur Theorie der Narration und zur literarischen Prosa. Ausgewählt und mit einem Nachwort von A. Honold, Frankfurt 2007 (stw 1841), 92–5, bes. 95 (GS II.1, 204–10): Im Anschluß an Benjamins Überlegungen zum mimetischen Vermögen der Sprache und der Literatur könnte man an den drei Schweigegeboten erkennen, wie Markus mit der Transformation des Schweigemotivs zum Schweigegebot in Mk 1–3 nicht nur das Messiasgeheimnis entwickelt, sondern auch mögliche magische Rituale sprachlich-literarisch ‘liquidiert’: ‘Dergestalt wäre die Sprache die höchste Stufe des mimetischen Verhaltens…: ein Medium, in welches ohne Rest die früheren Kräfte mimetischer Hervorbringung und Auffassung hineingewandert sind, bis sie so weit gelangten, die der Magie zu liquidieren’, 95. Vgl. dazu auch: E. Auerbach, Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Tradition, Bern 1946 sowie M. Opitz, Art. Ähnlichkeit: Benjamins Begriffe. Hg. v. M. Opitz/E. Wizisla. Erster Band, Frankfurt 2000, 15–49.—Vgl. zur Bedeutung der Magie in den synoptischen Evangelien grundlegend auch: J. M. Hull, Hellenistic Magic and the Synoptic Tradition, London 1974 (Studies in Biblical Theology Second Series 28), bes. 61–86 und 142–5: Hull wertet besonders das Wissen der Dämonen über Jesu Identität in Mk 1.34 als eine ‘theological ambiguity… created by the point of view of the evangelist’, a.a.O., 70.
49 Mk 1.14f. lässt sich kaum als Summarium betrachten, da hier eine spezifische Tradition im Hintergrund steht (s.u.); Mk 1.21f. ist deswegen nicht als Summarium zu werten, weil diese zwei Verse als notwendige narrative Einleitung in den folgenden Exorzismus (1.23–28) fungieren.
50 So schon K. L. Schmidt, Rahmen, 33: ‘Sie stellen einen Sammelbericht dar, den wir am besten auf das Konto des Evangelisten setzen’.
51 Vgl. z.B. U. Wendel, Gemeinde, 18; J. Gnilka, Das Evangelium nach Markus, 64. Vgl. in der Tendenz auch D. Lührmann, Markusevangelium, 41.—Hier kommt es auch zu einer Vermischung von Formbestimmung sowie Literar- bzw. Redaktionskritik: Auch wenn Mk 1.14–15—wie etwa Bultmann meinte—eine ‘ganz sekundäre Bildung’ ist (R. Bultmann, GST, 124), muß dieser Text nicht zwangsläufig als ‘Summarium’ bestimmt werden.
52 Q 10.9: ἤγγικεν ἐφ᾽ ὑμᾶς ἡ βασιλεία τοῦ ϑεοῦ.
53 Zur Epitome vgl. allgemein: I. Opelt, Art. Epitome: RAC 5 (1962) 944–73.—Vgl. auch U. Wendel, Gemeinde, 13, der kataphorische ‘Überblicke’ (z.B. ‘Geschichtsabrisse oder Zusammenstellungen von Reisestationen’) mit Hinweis auf 2 Makk 2.23–31 oder Josephus, BJ 1,18 als Epitome bezeichnet und damit von rückblickenden Geschichtssummarien, besser: Geschichtsabrissen wie z.B. ant 2.212–214 (s.u.) unterscheidet: Denn Geschichtsabrisse werden zumeist—in Ermangelung einer terminologischen Präzisierung—als ‘Geschichtssummarien’ bezeichnet, vgl. etwa zuletzt bei M. Vogel, Traumdarstellungen bei Josephus und Lukas: J. Frey et al. (Hgg.), Die Apostelgeschichte im Kontext antiker und frühchristlicher Historiographie, Berlin/New York 2009 (BZNW 162), 130–56, 155 und s. dazu ausführlich unten Anm. 68–71.—Als Periochai gelten die inhaltlichen Zusammenfassungen, die zu Livius zu Ab urbe condita vorliegen: Livy, Summaries, Fragments, and Obsequences, transl. by A. C. Schlesinger, London/Cambridge 1959 (LCL 404), 1–169. Zu den Hypotheseis bzw. Argumenta bei Josephus vgl. zuletzt J. Sievers, Forgotten Aspects oft he Reception of Josephus' Bellum Judaicum. Its List of Contents: E.-M. Becker/S. Scholz (Hgg.), Kanon in Konstruktion und Dekonstruktion. Ein Handbuch, Berlin/New York 2011 (im Druck).
54 Auch Camille Focant spricht hier sinnvoller von einer ‘déclaration inaugurale’, C. Focant, L’évangile, z.B. 659.
55 D. Dormeyer, Das Neue Testament im Rahmen der antiken Literaturgeschichte. Eine Einführung, Darmstadt 1993, 189 spricht hier von einer ‘Kleingattung’ der Summarien oder Sammelberichte.
56 ‘(1) Als Summarium wird… das Resümee oder Fazit aus einer Summe von Einzelereignissen bezeichnet. (2) Es kommt durch Verallgemeinerung und Typisierung der Einzelberichte zustande. (3) Diese Summarien erfüllen eine redaktionelle Funktion durch die Gliederung größerer Zusammenhänge… (4) Als literarische Produkte der Redaktion wird die ntl. Hauptgruppe der Texte am ehesten durch die Gattungsbezeichnung “konstruierter Bericht’ erfaßt…”, D. Mathias, Die Geschichtstheologie der Geschichtssummarien in den Psalmen, Diss. Leipzig 1989, 5. Der Ausdruck ‘konstruierter Bericht’ scheint mir hilfreich und kommt der Bezeichnung ‘summary report’ bei D. E. Aune, New Testament, z.B. 54 nahe (s.o.).—Vgl. auch die hilfreiche Definition bei U. Wendel, Gemeinde, 13: ‘Summarien sind Texte, die keine Einzelereignisse, sondern über einen längeren Zeitraum andauernde (durative) Zustände oder innerhalb eines längeren Zeitraums stets wiederkehrende (iterative) Ereignisse beschreiben. Diese Zustände oder Ereignisse sind mit dem aktuellen Erzählverlauf gleichzeitig’ (im Original kursiv).
57 So stellt z.B. Mk 6.34 kein Summarium dar.
58 So stellen z.B. Mk 2.13 oder 4.1–2 kein Summarium dar.
59 So stellen z.B. Mk 1.14f. oder 3.6 kein Summarium dar.
60 Vgl. W. Egger, Frohbotschaft, VII-VIII.
61 Vgl. K. Berger, Formgeschichte, 333.
62 Vgl. U. Wendel, Gemeinde, 18.
63 Vgl. C. Focant, L’évangile, 94; 659–62.
64 Vgl. A. Yarbro Collins, Mark, vii–xiii; 337f.
65 So typologisiert W. Egger, Frohbotschaft, VIIf. die Sammelberichte teils inhaltsbezogen (‘Das Kommen und Verkündigen Jesu’ z.B. Mk 1.32–34; 1.39; ‘Offenbarung und Geheimhaltung’ z.B. Mk 3.7–12; 4.1f.), teils funktional im Blick auf die Person Jesu (‘Jesus als Lehrer und Arzt’ Mk 6.30–34; 6.53–56) oder im Blick auf die Form (‘Lehrsummarien’ z.B. Mk 1.21; 2.1f.).—Meines Erachtens könnte ggf. zwischen: Mk 1.32–34 und 3.10–12 als ‘Heilungs-Summarien’, Mk 4.32–34 als ‘Lehr-Summarium’, Mk 3.7–12 und 6.53–56 als ‘kombinierten Summarien’ sowie Mk 6.12–13 als ‘Jünger-Summarium’ unterschieden werden.
66 So lassen sich ‘Summarien’ von ‘sogenannten pragmatischen Verknüpfungen’ (H.-M. Schenke/K. M. Fischer, Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments. II Die Evangelien und die anderen neutestamentlichen Schriften, Gütersloh 144f.) bzw. ‘referierenden Zwischenbemerkungen’ (M. Dibelius, Formgeschichte 226) oder ‘summarischen Zwischenbemerkungen’ (z.B.: Mk 1.35–39; 3.7f.: H.-M. Schenke/K. M. Fischer, a.a.O., 64) unterscheiden. H. Conzelmann, Die Apostelgeschichte, Tübingen2 1972 (HNT 7), 9 differenziert in der Apostelgeschichte die ‘summarischen Notizen’ (Apg 1.14; 6.7; 9.31f.), die ‘leicht als redaktionelle Gebilde zu erkennen sind’ von den ‘drei grossen Summarien’ (Apg 2.42–47; 4.32–35; 5.12–16).—Vgl. dazu auch D. Mathias, Geschichtstheologie, 5.
67 S.o. Anm. 53.
68 Zur klassischen Definition der Geschichtssummarien vgl. G. von Rad, Weisheit in Israel, Gütersloh 1992, 348: ‘Die Gattung der Geschichtssummarien, d.h. kürzerer oder ausgeführter Rekapitulationen der Geschichte Jahwes mit Israel, hatte ja in Israel eine lange Geschichte’—Vgl. zur Definition auch J. Jeska, Die Geschichte Israels in der Sicht des Lukas. Apg 7.2b-53 und 13.17–25 im Kontext antik-jüdischer Summarien der Geschichte Israels, Göttingen 2001 (FRLANT 195), 18f. Kritisch im Blick auf die Gattungsbestimmung ist D. Mathias, Geschichtstheologie, 3f., der folgende Konstitutiva für eine Definition der Geschichtssummarien nennt: ‘(1) Der Begriff GS beinhaltet Reihenbildung (Aufzählung) und bezieht sich damit auf den Vorgang der Summation einzelner Geschichtsereignisse. (2) Der Begriff meint andererseits eine Kurzfassung von Geschichte (Rekapitulation, Kompendium) und bezieht sich damit auf das Ergebnis der Summation (Summa). (3) Die Länge der Summe ist unbestimmt. Sie ist abhängig von der Anzahl der erfaßten Ereignisse (Summanden) sowie von der Ausführlichkeit, mit der die einzelnen Ereignisse berichtet werden. Der Aufzählungscharakter darf aber nicht verloren gehen. (4) Da die Summe über Geschichtsereignisse gebildet wird, ist die Zeitstufe das Präteritum. (5) Handlungsträger können Gott oder Gottesmänner sein, sofern der Begriff Geschichte auf biblische Geschichte bezogen ist. (6) Ob im GS von Gott in der 1., 2. oder 3. Person gesprochen wird, hängt offenbar vom jeweiligen Verwendungszusammenhang des GS ab. (7) Die voranstehenden Angaben reichen nicht aus, um das GS als literarische Gattung zu konstituieren’—Die Form- und Gattungsdiskussionen über Geschichtssummarien, die in der alttestamentlichen Exegese geführt werden, können daher nicht auf die Synoptiker-Exegese übertragen werden—darauf weist auch Joachim Jeska (a.a.O., bes. 22–5) hin. Vgl. auch D. Mathias, Geschichtstheologie, 4.—Martin Dibelius (Stilkritisches, 15f.) schlägt folgende Differenzierung von Geschichtssummarien und synoptischen Summarien vor: ‘Der so festgelegten Bedeutung des Begriffs GS steht eine andere Verwendung des Begriffs Summarium zur Seite, die ihn ebenfalls auf Geschichte bezieht, aber allein am Ergebnis der Summation (Summa) orientiert ist. Man versteht darunter “redaktionelle Sammelberichte”’ Schenke/Fischer (Einleitung, 144) definieren wie folgt: ‘Das sind redaktionelle Zustandsschilderungen, weithin nur auf Verallgemeinerungen von überlieferten singulären Begebenheiten beruhend, mit denen der Verfasser… die erzählten Einzelereignisse, die er der Tradition entnimmt und an denen er als anschaulicher Erzähler am meisten interessiert ist, verknüpft und die zeitlichen Zwischenräume zwischen ihnen überbrückt’—Zu den methodologischen Problemen bei der Klassifizierung der synoptischen Sammelberichte als ‘redaktionelle Sammelberichte’ s.o.
69 Die Geschichtssummarien in der Apg lassen sich höchstens insofern als ‘Summarien’ bezeichnen, als hier ein dicht komprimierter Abriß der Geschichte Israels geboten wird. Dieser Typus des Geschichtssummariums findet sich nach Jeska (Geschichte Israels; vgl. auch die Rezension von W. Reinbold, Jeska, Joachim: Die Geschichte Israels in der Sicht des Lukas: ThLZ 129 [2004] 518–20) besonders in der frühjüdischen Historiographie, so z.B. bei Ben Sira (44.3–50.21) oder bei Josephus (BJ 5,379–412). Doch auch hier herrscht wenig terminologische Klarheit: So bezeichnen O. Michel/O. Bauernfeind (De Bello Judaico. Der Jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch. Band II,1: Buch IV-V, Darmstadt 1963, 264) ebendiesen Abschnitt in BJ 5 als ein ‘Midrasch’.
70 Vgl. z.B. Ps 77, 78, 105; 106; 135; 136 und dazu: D. Mathias, Geschichtstheologie; S. Kreuzer, Die Frühgeschichte Israels in Bekenntnis und Verkündigung des Alten Testaments, Berlin/New York 1989 (BZAW 178).
71 Vgl. U. Wendel, Gemeinde, 13. S.o. Anm. 53.
72 K. L. Schmid, Rahmen, 57f. hingegen zählt Mk 1.32–34 nicht zu den Sammelberichten, da er Mk 1.29–34 für ‘eine geschlossene Perikope’ hält (a.a.O., 57), s.o.
73 A. Yarbro Collins, Mark, 211 bezeichnet Mk 3.7–12 nur unspezifisch als ‘editorial formulation’ und ‘transitional passage’.
74 Ich meine allerdings, dass innerhalb von Mk 3.7–12 nur 3.10–12 und innerhalb von Mk 6.54–56 nur V. 56 als eigentliche Summarien verstanden werden können: Indizien für diese Abgrenzungen sind einerseits, dass Mk 3.7–9 singuläre Informationen enthält und für die Handlung relevant ist, und, dass sich andererseits zu Mk 6.54–56 eine Parallele in Joh 6.22–25 findet, die gerade kein Summarium ist.—Vgl. ähnlich auch H.-M. Schenke/K. M. Fischer, Einleitung, 64, die Mk 1.32–34; 3.10–12; 6.54–56 als Summarien bezeichnen.
75 So auch z.B. R. Bultmann, GST, 366; G. Theißen, Wundergeschichten, 319 oder zuletzt P. Dschulnigg, Markusevangelium, 84.—Auch in Mk 3.10–12 (πολλούς, ὅσοι, πολλά) und Mk 6.56 (ὅσοι) begegnen Quantoren oder quantifizierende Relativpronomen.
76 Vgl. dazu G. Theißen/A. Merz, Jesus, 271: Es werden in den synoptischen Summarien keine ‘Naturwunder’, also kein Seewandel, keine Brotvermehrung’ erzählt. ‘Diese galten schon in früher Zeit als nicht typische Wunder Jesu, sondern als Ausnahmen’.
77 Vgl. hierzu auch J. T. Cummings, The Tassel of his Cloak. Mark, Luke, Matthew—and Zechariah: Studia Biblica 1978. II. Papers on the Gospels. Sixth International Congress on Biblical Studies. Oxford 3–7 April 1978. Ed. by E. A. Linvingstone, Sheffield 1980 (JSNTS.SS 2), 47–61, bes. 50–52, der nicht nur die Steigerung der Wundertätigkeit in Mk 6.56 gegenüber Mk 5.24bff., sondern auch die Auslassung von τοῦ κρασπέδου in Mk 5.27 (vgl. Mt 9.20/Lk 8.44) auf markinische Redaktion zurückführt.
78 Insgesamt ist—wie mir scheint—z.B. P. Dschulnigg, Sprache, bes. 596f. darin zuzustimmen, dass im Markus-Evangelium keine Kritik an Wundern begegnet: ‘Die Wunder werden vielmehr äusserst geschätzt und haben eine grundlegende Funktion für das Verständnis der Hoheit und Vollmacht Jesu, der Möglichkeiten des Glaubens und der Dimensionen des missionarischen Wirkens Jesu wie des Reiches Gottes’, a.a.O., 597.
79 Vgl. z.B. den Umfang oder die unterschiedlich starke temporale Verknüpfung mit dem Mikro-Kontext.
80 Mk 10.1 hingegen ist—wie die lukanische Parallele andeutet (Lk 9.51)—als Reisenotiz und nicht als summarische Verknüpfung zu verstehen.
81 Vgl. dazu ausführlich U. Wendel, Gemeinde.
82 M. Dibelius, Stilkritisches, 15.
83 M. Dibelius, Stilkritisches, 15 (Kursivsetzung durch Verf.in).
84 Vgl. ähnlich auch P. Vielhauer, Geschichte der urchristlichen Literatur. Einleitung in das Neue Testament, die Apokryphen und die Apostolischen Väter, Berlin/New York 1975, 394f.—Vgl. hier auch die Hinweise zu den späteren Summarien innerhalb von Apg 1–12 (6.8; 9.31; 11.19–21; 12.24) oder sogar 19.8–12, 17–20).
85 ‘… Angesichts einer solchen Aufgabe durfte der Verfasser nicht bloß Sammler sein, hier müsste er Schriftsteller werden’, M. Dibelius, Geschichte der urchristlichen Literatur, hg. v. F. Hahn, München 1975, 166.
86 Vgl. dazu z.B. H. Antor, Art. Plot: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze—Personen—Grundbegriffe, hg. A. Nünning, Stuttgart/Weimar 1998, 426.
87 Hier könnte die von E. M. Forster (Aspects of the Novel, London 1927) vorgeschlagene Unterscheidung von plot und story hilfreich sein: Während der plot kausale Verknüpfungen voraussetzt (vgl. Mk 14–16), geht die story auf temporale Verknüpfungen zurück (vgl. z.B. Mk 1–6). Vgl. auch H. Antor, Art. Plot.
88 M. Martinez/M. Scheffel, Einführung in die Erzähltheorie, München4 2003, 157.
89 Vgl. H. White, The Content of the Form. Narrative Discourse and Historical Representation, Baltimore/London 1987, 52: ‘… in telling a story, the historian necessarily reveals a plot’—hier mit Hinweis auf Paul Ricœur.
90 H. White, Metahistory. The Historical Imagination in Nineteenth-Century Europe, Baltimore/London 1973, 7. White folgt hier (7ff.) N. Fryes (Anatomy of Criticism. Four Essays, Pinceton 1971) vier ‘modes of emplotment’ (romance, Satire, Komödie, Tragödie), vgl. auch M. Martinez/M. Scheffel, Einführung, 157f.
91 L. Volkmann, Art. Emplotment: A. Nünning (Hg.), Grundbegriffe der Literaturtheorie, Stuttgart/Weimar 2004, 41–42, 42 mit Hinweis auf H. Antor, The Ethics of Criticism in the Age After Value: R. Ahrens/H. Volkmann (Eds.), Why literature matters. Theories and functions of literature, Heidelberg 1996 (Anglistische Forschungen 241), 65–85.
92 Darauf weist auch R. Bauckham, Jesus and the Eyewitnesses. The Gospels as Eyewitness Testimony, Grand Rapids/Cambridge 2006, 230 hin.
93 In diesem Zusammenhang ist natürlich auch Mk 3.6 als redaktioneller Eintrag des Tötungsbeschlusses, der der Verknüpfung der Galiläa-Erzählung mit dem plot der Passionserzählung dienen soll, zu verstehen.—Die Summarien ‘spiegeln die Struktur des Geschichtsverständnisses: es beruht nicht auf kausaler Verknüpfung, sondern auf dem Finden des Gesamtsinnes in den einzelnen Vorgängen’, H. Conzelmann, Apostelgeschichte, 9.
94 Ähnlich auch C. W. Hedrick, Role, 298 im Blick auf z.B. Mk 6.56: This summary ‘emphasizes the popularity of Jesus’ healing ministry…’—Insofern sind die Summarien auch elementare Textabschnitte, die z.B. auch für die jüngste kognitionspsychologische Erforschung der markinischen Hörer- oder Leserschaft viel stärker als eigenständige Textgruppe ausgewertet werden müssen, vgl. z.B. K. M. Hartvigsen, ‘Prepare the Way of the Lord’.
95 Diese Beobachtung konvergiert mit dem, was M. Reiser, Syntax und Stil des Markusevangeliums im Licht der hellenistischen Volksliteratur, Tübingen 1984 (WUNT 2.11), 35–42 über den ‘mündlichen Erzählstil’ des Evangelisten Markus hervorgehoben hat.—So hat W. Marxsen, Evanglist, bes. 139 durchaus Richtiges gesehen, wenn er das Markus-Evangelium als eine ‘Predigt’ versteht.
96 Vice versa weist J. le Goff, Geschichte und Gedächtnis, Berlin 1999, bes 92f. darauf hin, dass die Entwicklung von schriftlicher Erinnerung in der Antike gerade der Überwindung von geographischen Distanzen dient.
97 W. H. Kelber, The Works of Memory. Christian Origins as Mnemohistory—A Response: Memory, Tradition, and Text. Uses of the Past in Early Christianity, ed. by A. Kirk/T. Thatcher, Atlanta 2005 (Semeia Studies 52), 221–48, 229. Mark undertakes ‘a productive redescription of tradition, to challenge social identities, and to recommemorate the past’, a.a.O., 228f.
98 Vgl. dazu auch G. Strecker, Die Leidens- und Auferstehungsvoraussagen im Markusevangelium (Mk 8.31; 9.31; 10.32–34): ZThK 64 (1967) 16–39, bes. 39, der auch die geschichtsdeutende Funktion der Leidensvoraussagen betont.
99 Vgl. Mt 8.16–17par. Mk 1.32–34; Mt 4.24–25 und 12.15–16par. Mk 3.7–12; Mt 14.34–36par. Mk 6.53–56.—Zur redaktionellen Bearbeitung s.o., vgl. aber z.B. auch die Verknüpfung mit einem Erfüllungszitat in Mt 12.17. Zum ersten von Markus übernommenen Summarium in Mt 4.24f. vgl. U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus. 1. Teilband Mt 1–7, Neukirchen-Vluyn5 2002 (EKK I/1), 245: ‘Heilungswunder sind von Mk her als Hauptinhalt von Summarien überliefert; Mt hält sich darin an seine Quelle’ Luz analysiert allerdings die markinische Vorlage hier wie folgt: Mt 4.24a = Mk 1.28; M 4.24b.c = Mk 1.32–34; Mt 4.25 = Mk 3.7f. und kommt zum Schluß: ‘Der Evangelist überblickt also weite Teile seiner Mk-Quelle und exzerpiert sie’, ebd.
100 Vgl. Lk 4.40–41par. Mk 1.32–34; Lk 6.17–19par. Mk 3.7–12.—Zur lukanischen Bearbeitung der markinischen Summarien vgl. auch U. Wendel, Gemeinde, 17–32.
101 U. Wendel, Gemeinde, 31.
102 Vgl. generell bereits H. J. Cadbury, The Style and Literary Method of Luke. II The Treatment of Sources in the Gospel, Cambridge 1920, bes. 105–15: ‘With extraordinary fidelity Luke avoids amplifying or exaggerating his source in these summaries of Jesus’ work or fame’ (a.a.O., 108). ‘Perhaps the chief liberty that Luke takes with Mark's summaries is the liberty of repeating them, so as to apply them to two or three successive stages in his own narrative’ mit Hinweis auf Mk 1.28par. Lk 4.14.37; 7.17 (a.a.O., 111). Allerdings bleibt bei Cadbury die Klassifikation von ‘Summarien’ undeutlich, so dass speziell die lukanische Rezeption der markinischen Summarien, die als solche eindeutig identifiziert werden können, untersucht werden müßte.—In Lk 4.31–44 (Lk 4.40–41par. Mk 1.32–34) hat Lukas zwei Sammelberichte (V. 31–32; V. 44) mit vier Einzelgeschichten verknüpft: Lukas verwendete die markinische Kompositionstechnik der Summarien, ‘um Atempausen in der spannenden Erzählung und elegante Übergänge zu schaffen’, F. Bovon, Das Evangelium nach Lukas. 1. Teilband Lk 1.1–9.50, Neukirchen-Vluyn 1989 (EKK III/1), 218. Vgl. ders., a.a.O., 218–220 auch zur redaktionellen (sprachlichen und stilistischen) Bearbeitung der markinischen Vorlage.—Zu Lk 24.53 vgl. auch M. Wolter, Das Lukasevangelium, Tübingen 2008 (HNT 5), 797, der das Summarium zugleich als ‘theo-logische Coda’ bezeichnet.
103 Könnte dann sogar zutreffend sein, was Wrede vergleichend über Markus und Johannes geschrieben hatte: ‘Man betrachte Markus durch ein starkes Vergrösserungsglas, und man hat etwa eine Schriftstellerei, wie sie Johannes zeigt’, W. Wrede, Messiasgeheimnis, 145.
104 Vgl. J. G. Herder, Christliche Schriften. Zweite Sammlung, Riga 1796, in: B. Suphan (Hg.), Sämtliche Werke Bd. 19, Berlin 1880, 216.
105 In dieser Hinsicht ist auch M. Reiser, Sprache und literarische Formen des Neuen Testaments. Eine Einführung, Paderborn etc. 2001 (UTB 2197), 58 kritisch.
106 Wichtig für den Diskurs über die Identität Jesu sind schließlich auch Mk 6.14–16 und 8.27–28: Vgl. dazu E.-M. Becker, Elija redivivus im Markus-Evangelium? Zur Typologisierung von Wiederkehr-Vorstellungen: H. Lichtenberger/U. Mittmann-Richert (Hgg.), Biblical Figures in Deuterocanonical and Cognate Literature, Berlin/New York 2009 (DCLY 2008), 587–625.
107 H. Räisänen, ‘Messiasgeheimnis’, 95.—Das Schweigegebot in Folge von Heilungen wird hingegen vielfach nicht eingehalten vgl. z.B. Mk 1.45; 7.36f.—Zugleich verwendet Markus die Schweigegebote im Sinne einer literarischen Autor-Leser-Strategie: Denn mit dem Messiasgeheimnis hängt Markus gleichsam ein ‘Schloß vor die Türe’ seiner Evangelienschrift, ‘das nur denen auffällt, die es öffnen können, und den anderen nicht’, L. Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen. Eine Auswahl aus dem Nachlaß, hg. v. G. H. von Wright, unter Mitarbeit von H. Nyman, Frankfurt 1977, 23: ‘Ist ein Buch nur für wenige geschrieben, so wird sich das eben dadurch zeigen, daß nur wenige es verstehen. Das Buch muß automatisch die Scheidung derer bewirken, die es verstehen, und die es nicht verstehen…’.
108 P. Vielhauer, Geschichte, 339.
109 Dementsprechend ist die geschichtsdeutende Funktion der markinischen Summarien verwandt mit derjenigen in den Geschichtssummarien: ‘In all diesen Geschichtssummarien und auch in den Geschichtspsalmen ging es nicht um Geschichte an sich, sondern immer zugleich um die aktuelle Bedeutung der Geschichte’ Es geht nicht um ‘Geschichte an sich und um ihrer selbst willen, sondern um die aus dieser Geschichte gewordene Gegenwart und um den verpflichtenden, mahnenden, warnenden oder auch ermutigenden Sinn dieser Geschichte’, S. Kreuzer, Frühgeschichte, 256.
110 W. Wrede, Messiasgeheimnis, 129.