Published online by Cambridge University Press: 05 February 2009
page 353 note 1 Heute gibt es drei verschiedene Kirchenbegriffe, von denen nur einer die neutestamentliche Tradition vertritt. Ich nenne diese die ökumenische AufFassung. Unbiblisch ist einerseits die spiritualistische Auffassung, die die ekklesia von allen Kircheninstitutionen losmachen will und die Gemeinde für eine ‘freie’, uberirdische Gemeinschaft der Gläubigen hält. Nach der Offenbarung des Johannes ist die ekklesia tief und stark in der Geschichte verankert; sie kommt in den historischen Kirchen und Lokalgemeinden zutage. Andererseits kann man ebensowenig den Absolutismus einer historischen Kirche oder religiösen Gruppe für biblisch halten. Die Behauptung, daß nur unsere Kirche die wahre ekklesia ist, widerspricht total dem Bild von den sieben Leuchtern in der Offenbarung des Johannes. Die einzige Möglichkeit ist die ökumenische Offenheit, die in jeder Kirche, die ihre Funktion als Leuchter Christi vollzieht, den Vertreter der einen himmlischen ekklesia sieht.
page 356 note 1 Meines Erachtens gibt die neuentdeckte Qumran-Literatur auch keine richtige Parallele. Die Erwähnung von der Geburt des Helden in den Hymnen (1 QH iii. 6–8) ist nicht sicher als messianisch zu verstehen.
page 358 note 1 Nach dem Grundprinzip der Exegese ist keine solche Erklärung erlaubt, die nicht für den biblischen Verfasser selbst aus seiner geschichtlichen Lage heraus möglich war. Dieses haben diejenigen ‘Laienexegeten’ vergessen, die aus einer späteren kirchlichen Situation her die neutestamentlichen Perikopen and Begriffe erläutern wollen. Zu Johannes Zeit gab es keine Weltkirche, die eine Gefahr für die Selbstständigkeit der einzelnen Gemeinden ausmachen konnte. Als Johannes seine Offenbarung schrieb, war Jerusalem nicht mehr und Rom noch nicht das Zentrum der Christenheit. Wenn man annimmt, daß die Gerichtsworte über die Babylon-Dirne eine sekulärisierte Kirchlichkeit oder ökumenische Einheitsbestrebungen der Kirchen treffen sollten, so muß man konstatieren, daß eine derartige Fragestellung für Johannes völlig fremd war. Er hat wirklich die historischen Kirchen seiner Zeit kritisiert, und in ganzem N.T. gibt es keine andere Schrift, die mehr als die Offenbarung die Kirchen zu einer ernsten Selbstprüfung zwingt, aber diese Kritik hat Johannes in den Sendschreiben des 2. und 3. Kapitels seines Buches geübt. Die Babylon-Dime stellte keine Kirche, keine christliche Bewegung dar, sie representierte eine antichristliche Staats-religion, einen politischen Herrscherkult.
page 360 note 1 Das 20. Kapitel, das überraschenderweise von einem tausendjährigen Zwischenreich weiß, kompliziert diesel klare Bild. Es ist bemerkenswert, daß das Motiv der Hochzeit des Lammes völlig in diesem Kapitel fehlt. Die in xix. 9 angekündigte Festfreude kommt erst in xxi. 2 wieder zum Vorschein, wenn Johannes die Braut Christi sehen darf, aber dann ist das Jüngste Gericht vollzogen, und der neue Himmel und die neue Erde haben die alte Welt ersetzt. Das Problem des tausend-jährigen Reiches kann hier nicht erörtert werden. Johannes ist offenbar der Komposition des Hesechiel-Buches gefolgt. Er hat auch nicht näher die Existenz der auferstandenen Heiligen während dieser Zwischenzeit behandelt. So ist die These immerfort gültig, daß die Ekklesiologie des Johannes eine Folgewirkung seiner Christologie ist.