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Der Geist und das Reich im Lukanischen Werk: Konkurrenz oder Konvergenz zwischen Pneumatologie und Eschatologie?*

Published online by Cambridge University Press:  10 June 2013

Klaus B. Haacker*
Affiliation:
Olwenstr. 4, D 13465 Berlin, Germany. email: [email protected].

Abstract

Since 1950, studies of Luke–Acts have been influenced by a downgrading of eschatology (at least of the expectation that the goal of history would be near). Conzelmann's slogan ‘Die Mitte der Zeit’ (the earthly mission of Jesus as the ‘centre of history’) suggested a long ‘time of the Church’ with the gift(s) of the Holy Spirit as a substitute (and not a foretaste) of the kingdom of God. The present study challenges this influential view of Luke's theology and its impact on definitions of the genre of Acts.

German abstract: Seit den fünfziger Jahren unterstellt die Lukas-Forschung dem Autor weithin eine Abwertung der Eschatologie (mindestens den Abschied von jeder Naherwartung). Conzelmanns Parole von der ‘Mitte der Zeit’ suggerierte eine ausgedehnte ‘Zeit der Kirche’, in der die Wirkungen des Heiligen Geistes an die Stelle der kommenden Gottesherrschaft treten. Die vorliegende Studie stellt dieses Konzept der lukanischen Theologie (und seine Ausstrahlung auf das Verständnis der lukanischen Geschichtsschreibung) in Frage.

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Footnotes

*

Eine kürzere englische Fassung dieser Studie wurde unter der Überschrift The Spirit in Luke-Acts: Substitute for or Prelude to the Kingdom? beim General Meeting der Studiorum Novi Testamenti Societas in Annandale, N.Y. im August 2011 vorgetragen. Die ersten Impulse zur Beschäftigung mit diesem Thema bekam ich durch ein Seminar bei meinem späteren Doktorvater Gustav Stählin im Sommer 1962.

References

1 Göttingen, 1888, 2. Auflage 1899.

2 Vgl. Kümmel, W.G., Das Neue Testament. Geschichte der Erforschung seiner Probleme (München: 2. Auflage, 1970) 275fGoogle Scholar.

3 Göttingen, 1892. Vgl. Kümmel, a.a.O. 286–90.

4 BWANT III,3; Stuttgart, 1926.

5 Vgl. a.a.O. 209.

6 Gütersloh, 1926, Zitate von S. 236f.

7 London, 1927; repr. 1958, 1961.

8 Vgl. auch Julius Schniewind (Zur Synoptiker-Exegese [ThR N.F. 2; 1930] 129–89, hier 155f.): ‘Man erwartet ein richtendes Eingreifen Gottes zur letzten Zeit, und die Lebensgestalt dieser eschatologischen praesentia Dei heißt Pneuma. Die Geistaussagen der Evangelien, überhaupt des N. T., wollen primär verstanden sein aus dem Bewußtsein, daß die / Eschata Gegenwart geworden sind. Von da aus ist die Pneumatologie des Lk. primär pneumatische Christologie; das eschatologische Eingreifen Gottes… bedeutet, daß er den Pneumatiker kat'exocheen sendet’.

9 Vgl. Gustav Stählin, Tὸ πνɛῦμα Ἰησοῦ (Apostelgeschichte 16:7), Christ and Spirit in the New Testament (ed. Lindars, B. and Smalley, S. S. in Honour of Charles Francis Digby Moule; Cambridge, 1973) 229–52.Google Scholar

10 Vgl. Smend, R., Art. Eschatologie II. Altes Testament, TRE 10 (1982) 256–64Google Scholar, hier 257: ‘Nur wenige Exegeten…beharren konsequent auf dem ἔσχατον, das der Begriff Eschatologie enthält, und halten den Begriff nur dort für anwendbar, wo von einem völligen Ende geredet werden kann’.—G. Klein, Art. Eschatologie IV. Neues Testament, ebd. 270–99, hier 270: ‘Die Funktionsfähigkeit des Begriffs “Eschatologie” als einer exegetischen Deutekategorie ist neutestamentlich nicht überall vorbehaltlos anerkannt…’

11 Vgl. Conzelmann, H., Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas (Tübingen, 1954Google Scholar; 3. Aufl. 1960).

12 Vgl. Vielhauer, Ph., Zum ‘Paulinismus’ der Apostelgeschichte, EvTh 10 (1950/51) 115Google Scholar.

13 Vgl. Gräßer, E., Das Problem der Parusieverzögerung in den synoptischen Evangelien und in der Apostelgeschichte (Berlin, 1957)Google Scholar.

14 Vgl. Klein, G., Art. Eschatologie IV. Neues Testament, TRE 10 (1982) 270–99Google Scholar, hier 292–4.

15 Vgl. u.a. Lake, K., Note X. The Gift of the Spirit on the Day of Pentecost, The Beginnings of Christianity Part I The Acts of the Apostles (ed. Jackson, F. J. Foakes and Lake, Kirsopp; Vol. V, Additional Notes to the Commentary ed. Kirsopp Lake and Henry J. Cadbury; London, 1933) 111–21Google Scholar, 113: The Spirit as eschatological.

16 Vgl. M. Sæbø, Art. יום jôm, ThWANT III (1982) Sp. 559–86, hier 585: ‘Wie der “Tag JHWHs” allmählich der Kristallisationskern eines mehrphasigen eschatologischen Dramas wird, machen vor allem Jo 1–4 und Sach 12–14 kenntlich; dabei kann der “Tag JHWHs” sowohl Unheil wie Heil bringen, sich auf Israel wie auch auf die “Völker” beziehen… Die Endstation ist die Apokalyptik des Dan, wo jôm JHWH durch qes “Ende” und andere festgeprägte Termini ersetzt ist’.

17 Dazu vgl. jetzt Arzt-Grabner, P., Gott als verlässlicher Käufer: Einige papyrologische Anmerkungen und bibeltheologische Schlussfolgerungen zum Gottesbild der Paulusbriefe, NTS 57 (2011) 392414CrossRefGoogle Scholar.

18 Vgl. Lampe, G. W. H., The Holy Spirit in the Writings of St. Luke, Studies in the Gospels: Essays in Memory of R. H. Lightfoot (ed. Nineham, D. E.; Oxford, 1957) 159200Google Scholar, hier 170 (nach der Besprechung von Lk 11.13): ‘It also seems likely (though this is, of course, a much more controversial matter) that the petition “May thy holy Spirit come upon us and cleanse us” is part of Luke's own version of the Lord's prayer’. Vgl. Lang, B., Art. Vaterunser, Neues Bibellexikon 3 (2001) 994–7Google Scholar, hier 995: ‘Dagegen hat der… Zusatz ‘es komme dein heiliger Geist über uns und reinige uns’ (Lk 11.2) Anspruch auf Ursprünglichkeit'.

19 Vgl. ebd. 184: ‘The second petition of the Lord's prayer, assuming that the prayer for the Holy Spirit to come upon us and cleanse us represents St. Luke's own interpretation of the clause “Thy Kingdom come”, which he found in his source, supports the Lucan identification of the Kingdom of God with the operation of the Spirit’.

20 Vgl. Wolter, M., Das Lukasevangelium (HNT 5; Tübingen, 2008) 407Google Scholar: ‘Alle Erwägungen, die zugunsten der Ursprünglichkeit dieser Lesart angeführt werden (vgl. die Zusammenstellung bei Marshall 458), können selbst zusammengenommen nicht die Schwäche der äußeren Bezeugung aufwiegen’. Die Herausgeber des Greek New Testament (4. Aufl. 1983) sind sich einig, dass es sich um eine sekundäre varia lectio handelt (the text is ‘virtually certain'); in der dritten Auflage (1975) war die Entscheidung noch mit der Note ‘B’ versehen (‘there is some degree of doubt’).

21 Der Gedanke einer Reinigung durch den heiligen Geist ist dagegen in verschiedenen Qumranschriften belegt; vgl. Schnackenburg, R., Johannesevangelium I (Freiburg, 1965) 472Google Scholar zu Joh 4.23.

22 Dass das Perfekt dieses Verbums noch nicht das Gekommensein des Reiches, sondern nur sein Nahesein feststellt, geht aus Parallelstellen wie Lk 21.20; Röm 13.12 und Jak 5.7 hervor.

23 Zum Sinn der Redeweise vom ‘Kommen’ einer βασιλɛία als Ausdruck für eine Inthronisation vgl. Mk 11.10 sowie Josephus, Ant 9.243 und 17.66.

24 Vgl. M. Wolter, a.a.O., 192: Lukas benutzt die Zitatenkombination, um ‘zum Ausdruck zu bringen, dass der Inhalt von Jesu Sendungsauftrag in nichts anderem besteht, als die eschatische (sic!) Verwandlung von Unheil in Heil, die Gott seinem Volk verheißen hat, zu vollziehen (vgl. auch den entsprechenden Gebrauch von Jes 61.2–3 in 11Q13)’.

25 Mehr zu diesem Text unten auf S. 15–16.

26 Lukas spricht hier auffälliger Weise nicht wie Mt 12.28 vom Geist Gottes, sondern vom Finger Gottes, mit dem Jesus die bösen Geister austreibt und so das Reich Gottes zu einzelnen Menschen bringt; dazu vgl. Yates, J.E., Luke's Pneumatology and Lk. 11.20, Studia Evangelica II (TU 87; Berlin, 1964) 295–9Google Scholar, und E.J. Woods, The ‘Finger of God’ and Pneumatology in Luke–Acts (Sheffield, 2001). Lukas hat das Logion sicher in dieser Fassung vorgefunden und übernommen; die ‘pneumatologische’ Fassung des Matthäus hätte gut zu Apg 10.38 gepasst.

27 Vgl. Holmén, T., The Alternatives of the Kingdom. Encountering the semantic restrictions of Luke 17.20–21(ἐντὸς ὑμῶν), ZNW 87 (1996) 204–29CrossRefGoogle Scholar. Skeptisch äußerte sich bereits Nigel Turner, Grammatical Insights into the New Testament (London [u.a.]: o. J.) 63: ‘I see little evidence for the common interpretation “in your midst” (adopted in the margin of the R.V., in the RSV, by Moffatt, by Knox in the margin, and by N.E.B. in the text)’.

28 Vgl. vor allem Cicero, Pro Murena 78 (im Blick auf die Catilinarische Verschwörung). ‘Intus, intus est equus Troianus!’. Zur Übertragbarkeit der Metapher auf völlig unmilitärische Lebensbereiche vgl. u.a. Plautus, Bacchides 941f.; Ovid, Ars. Am. 1.364. Homer verwendet die Präposition ἐντός häufig für die Ortsangabe ‘innerhalb der Stadt’ oder ‘innerhalb der Mauern’. Euripides, Troerinnen 12, verwendet ἐντός im Zusammenhang mit dem trojanischen Pferd.

29 Vgl. die Besprechung der Stelle in meinem Buch Was Jesus lehrte. Die Verkündigung Jesu—vom Vaterunser aus entfaltet (Neukirchen–Vluyn, 2010) 83fGoogle Scholar.

30 Die Metapher ‘Taufe’ hat hier nichts mit der Vorstellung eines Untertauchens zu tun, sondern meint ein ‘Überschüttetwerden’ = ‘Überwältigtwerden’, wie es dann auch in Apg 2 geschildert und in 2.33 gedeutet wird.

31 Vgl. Mi 4.7–8: ‘Der HERR wird König sein über sie auf dem Berg Zion von nun an bis in Ewigkeit… Zu dir wird sie gelangen und kommen, die frühere Herrschaft, die Königsherrschaft für die Tochter Jerusalem’ (NZÜ).

32 Wenn Josephus die ideale Verfassung Israels in Contra Apionem II 165–167 als eine ‘Theokratie’ bezeichnet, das aber als Priesterherrschaft auslegt, so entspricht das seiner priesterlichen Abstammung und seinem Abstandnehmen von dem vergeblichen Aufstand gegen die Römer.

33 Vgl. WA 34/1, S. 404: ‘Sie verstehen nicht, was er saget. Er redet vom Reich Gottes, So fragen sie vom Reich Israel. Das Reich Israel heisst der Juden Konigreich und Priesterthum, Welches Herodes zu sich gerissen hatte. Gottes Reich aber heisst, das Johannes…getaufft hat mit Wasser, Sie aber sollen mit dem heiligen Geist getaufft werden, Und wie er Lucae 24 sagt, das er predigen lasse in seinem Namen Busse und Vergebung der Sünde, unter allen Volckern und anheben zu Jerusalem. Das sind andere Worte, welche nit sagen von auffrichtung des Reichs Israel, wie man krieg und harnisch füren solle, Heuser und Schlosser bawen auff Erden, Sondern sagen vom Reich Gottes, wie die Menschen sich sollen zu Gott bekeren, Vergebung der Sunden erlangen, gerecht und selig werden und ewig leben bey Got’. Ähnlich WA 49, S. 416.

34 Vgl. Johannes Calvins Auslegung der Heiligen. Schrift in deutscher Übersetzung (hrsg.- von Otto Weber; Bd.11; Neukirchen–Vluyn, 1979) 16.

35 G. W. H. Lampe (s.o. Anm. 18) 171–2: ‘It is clear, therefore, that St. Luke brings the ideas of the power of the Kingdom and the working of the Spirit of God into a very close relationship with each other; they are in fact virtually identical’. Ferner 184: ‘The Kingdom is defined in terms of the preaching of the gospel in the power of the Spirit instead of in terms of a nationalistic restoration such as the disciples had hitherto expected’.

36 Dunn, J. D. G., Spirit and Kingdom, ExpT 82 (1970–71) 3670Google Scholar, repr. in Dunn, The Christ and the Spirit. Vol. 2, Pneumatology (Edinburgh, 1998) 133–41Google Scholar, hier 137: ‘We might even say that v. 7 and v. 8 are the answer to the question of v. 6: Do not concern yourselves about the when of the kingdom; as to the what of the kingdom, that which concerns you is that you shall receive power when the Holy Spirit comes upon you’. Allerdings stellt Dunn klar: ‘Jesus…does not reject or rebuke their concern about the kingdom’.

37 Smalley, S. S., Spirit, Kingdom and Prayer in Luke–Acts, NT XV (1973) 5971Google Scholar, hier 68: ‘Luke's theological understanding…is such that he…views the activity of the Spirit among men and the arrival of the kingdom of God as aligned if not synonymous. Where the Spirit is, there is the kingdom. God's eschatological reign in history is both mediated and characterized by the Spirit…’

38 Vgl. dazu meine Studie Das Bekenntnis des Paulus zur Hoffnung Israels nach der Apostelgeschichte des Lukas, NTS 31 (1985) 437–51CrossRefGoogle Scholar, abgedruckt in meinem Aufsatzband Versöhnung mit Israel. Exegetische Beiträge (Neukirchen–Vluyn, 2002) 7794Google Scholar.

39 Vgl. Bauernfeind, O., Die Apostelgeschichte (1939)Kommentar und Studien zur Apostelgeschichte mit einer Einführung von Martin Hengel (hrsg. v. Volker Metelmann; Tübingen, 1980) 22Google Scholar.

40 H. Conzelmann, Die Mitte der Zeit (s.o. Anm. 11) 87. Hervorhebung von mir.

41 Erich Gräßer, Das Problem der Parusieverzögerung… (s.o. Anm. 13) 206.

42 Zitat von H. v. Campenhausen, Tradition und Geist im Urchristentum, Studium Generale 4 (1951) 353Google Scholar.

43 Vgl. auf derselben S. 206 in Anm. 5 (gegen W. Michaelis): ‘Act 1 6–8 modifiziert nicht, sondern transponiert die Naherwartung aus dem Zentrum an das äußerste Ende. Der Ersatz der Parusie (durch den Geist) kommt einer Eliminierung gleich’.

44 Gräßer folgt hier fast wörtlich Philipp Vielhauer (s.o. Anm. 12) 13: ‘Die Zeit zwischen Pfingsten und Parusie ist die Zeit des Geistes und der progressiven Missionierung der Welt, also sich steigernde Heilsgeschichte’.

45 Vgl. Pesch, R., Die Apostelgeschichte (Apg 1–12) (EKK V/1; Zürich etc. und Neukirchen–Vluyn, 1986) 68Google Scholar.

46 Im Hintergrund des ‘Ihr werdet meine Zeugen sein’ steht Jes 43.10 (‘Ihr seid meine Zeugen’), wo ein (eschatologischer?) Rechtsstreit Gottes mit der Völkerwelt an die Wand gemalt wird.

47 Vgl. Schnelle, U., Theologie des Neuen Testaments (Göttingen, 2007) 485f.Google Scholar

48 Vgl. u.a. Schneider, G., Parusiegleichnisse im Lukas-Evangelium (Stuttgart, 1975) 71–8Google Scholar.

49 Vgl. Riesenfeld, H., Zu μακροθυμɛῖν (Lk 18.7), Neutestamentliche Aufsätze. Festschrift für Josef Schmid zum 70. Geburtstag (Regensburg, 1963) 214–17Google Scholar; Ljungvik, H., Zur Erklärung einer Lukas-Stelle (Luk. XVIII.7), NTS 10 (1963/64) 289–94CrossRefGoogle Scholar.

50 Vgl. Rogland, M., μακροθυμɛῖν in Ben Sira 35:19 and Luke 18:7. A Lexicographical Note, NT 51 (2009) 296301Google Scholar.

51 Die Septuaginta Deutsch übersetzt (S. 1138): ‘Und der Herr wird gewiss nicht zögern, und gewiss wird er keine Geduld mit ihnen haben’.

52 Vgl. op. cit. 298f.

53 Vgl. meine Studie Lukas 18.7 als Anspielung auf den Deus absconditusNT 53, no. 3 (2011) 267–72Google Scholar. Am Ende von V.7 entscheide ich mich textkritisch gegen den Standardtext und übersetze mit ‘auch wenn er sich ihnen gegenüber bedeckt hält’.

54 Vgl. Lk 17.22.

55 Vgl. Vielhauer (s.o. Anm. 12) 13 unter Berufung auf Martin Dibelius, Geschichte der urchristlichen Literatur II (1926) S. 9. Im Hintergrund steht hier Franz Overbecks, Theorie von den Anfängen und der Entwicklung des Urchristentums in Über die Anfänge der patristischen Literatur Hist. Zeitschr Bd. 48 (1882) 417–72; vgl. Erlemann, K., Naherwartung und Parusieverzögerung im Neuen Testament (Tübingen/Basel, 1995) 3fGoogle Scholar.

56 Auch Josephus schrieb sein Bellum Judaicum nicht für die Nachwelt, sondern für seine Zeitgenossen (um seiner Meinung nach falsche Darstellungen zu korrigieren, was auch zum Stichwort ἀσϕάλɛια in Lk 1.4 passen würde); vgl. Jos Bell 1.1–4.

57 Erlemann (s.o. Anm. 55) 413 kritisiert mit Recht die Übertreibung der urchristlichen Naherwartung zu einer ‘Soforterwartung’.

58 Vgl. Bultmann, R., Neues Testament und Mythologie, Kerygma und Mythos. Ein theologisches Gespräch (Hamburg, 1948) 1553Google Scholar, hier 18f.: ‘Die mythische Eschatologie ist im Grunde durch die einfache Tatsache erledigt, daß Christi Parusie nicht, wie das Neue Testament erwartet, alsbald stattgefunden hat, sondern daß die Weltgeschichte weiterlief und—wie jeder Zurechnungsfähige überzeugt ist—weiterlaufen wird…’

59 Vgl. Wilson, S. G., The Gentiles and the Gentile Mission in Luke–Acts (SNTS.MS 23; Cambridge, 1973) 67CrossRefGoogle Scholar.

60 Zu der vereinzelt geäußerten Vermutung, dass die Apostelgeschichte vor dem Evangelium verfasst sein könnte, würde es passen, den Prolog Lk 1.1–4 literarkritisch als ursprünglichen Anfang der Apostelgeschichte einzustufen. Vgl. Russell, H.G., Which Was Written First, Luke or Acts? HThR 48 (1955) 167–74Google Scholar; Wehnert, J., Das Markus-Evangelium als Quelle der Apostelgeschichte, Historische Wahrheit und theologische Wissenschaft. G. Lüdemann zum 50. Geburtstag (hrsg. v. A. Özen; Berlin etc., 1996) 2140Google Scholar.

61 Vgl. a.a.O. S. 80.

62 Vgl. Lang, M., Die Kunst des christlichen Lebens: rezeptionsästhetische Studien zum lukanischen Paulusbild (Leipzig, 2008) 24Google Scholar: ‘Der angesprochene Zug der Apologetik (ist) einer, der die Apostelgeschichte durchzieht, aber eben nur einer, neben anderen…’; Marguerat, D., Lukas, der erste christliche Historiker. Eine Studie zur Apostelgeschichte (Zürich, 2011) 62Google Scholar: ‘Die These einer politischen Apologie abzulehnen, bedeutet nicht, die apologetische Tendenz, welche die gesamte Apostelgeschichte unbestreitbar durchzieht, auszublenden’. Zur Unterscheidung verschiedener Adressen lukanischer Apologetik vgl. Alexander, L. C. A., The Acts of the Apostles as an Apologetic Text, Jewish and Christian Apologetic in the Graeco-Roman World (hrsg. Edwards, V. M. J. et al. ; Oxford, 1999) 1544Google Scholar.

63 Die Ausnahmen sind Apg 1.16–22; 15.7–11 und 14–21; 20.18–35; 21.20–25.

64 Zu diesem Konflikt vgl. Tellbe, M., Paul between Synagogue and State: Christians, Jews, and Civic Authorities in 1 Thessalonians, Romans, and Philippians (Stockholm, 2001) 118–23Google Scholar; Hardin, J. R, Decrees and Drachmas at Thessalonica: An Illegal Assembly in Jason's House (Acts 17.1–10a), NTS 52 (2006) 2949CrossRefGoogle Scholar; Metzner, R., Die Prominenten im Neuen Testament. Ein prosopographischer Kommentar (Göttingen, 2008) 426–30CrossRefGoogle Scholar.

65 Man beachte aber die Verweise auf die davidische Dynastie und auf sie bezogene Prophetien! Ihre Erwähnung konnte eine politische Deutung der Jesusbewegung nahelegen; vgl. Lk 1.32; Apg 13.22f.

66 Eine Reduktion dieser Zukunftsvision auf innergeschichtliche Entwicklungen (nämlich die Ausbreitung des Christentums) steht hinter einem frommen Sprachgebrauch, für den geistliche Lieder pauschal ‘Reichslieder’ genannt wurden und Mission als ‘Ausbreitung’ oder ‘Bau’ des Reiches Gottes gedeutet wurde. Eine ähnliche Umdeutung des Reiches Gottes vertritt B. W. Longenecker unter sozialethischen Vorzeichen, die er dem programmatischen Text Lk 4.16–30 entnimmt; vgl. seine Studie Rome's Victory and God's Honour: The Jerusalem Temple and the Spirit of God in Lukan Theology, The Holy Spirit and Christian Origins : Essays in Honor of James D. G. Dunn (ed. Stanton, Graham N. et al. ; Grand Rapids, 2004) 90102Google Scholar, hier 101: ‘For Luke, the Spirit of God is instrumental and essential in bringing all varieties of needy people into the empire of God—embodied most clearly in Christian communities of goodness, generosity, and service… The empire of God progresses steadily and surely… as ever-new permutations of Christian community become established throughout the world.’

67 Auch Paulus sagt in Röm 13.1–7 sicher nicht alles, was er über das Römische Reich denkt.

68 Als eine Folge reflektierten Umgangs mit jüdisch-christlicher Sondersprache habe ich in NT 30 (1988) 9–38 die ‘Verwendung und Vermeidung des Apostelbegriffs im lukanischen Werk’ erklärt.

69 Jervell, Anders J., Die Apostelgeschichte (Göttingen, 1998) 382CrossRefGoogle Scholar: ‘Die θλίψɛις haben immer noch die apokalyptische Bedeutung, sind Endzeitdrangsale, Mk 4.17; 13.19; 1 Thess 3.3, es ist aber nicht gesagt, wie nahe das Reich ist’.

70 Dass Lukas in Apg 14.22 von der indirekten Rede zur wörtlichen Rede übergeht, könnte als Signal für eine ipsissima vox gemeint sein (ohne deren historische Echtheit zu verbürgen; vgl. Apg 1.4).

71 So D. Marguerat (s.o. Anm. 62) 65 unter Verweis auf Marshall, I. H., Acts and the Former Treatise, The Book of Acts in Its First Century Setting I (hrsg. V. B. W. Winter und A. C. Clarke; Grand Rapids/Carlisle, 1993) 163–82Google Scholar, hier 179: ‘a new type of work, of which it is the only example’.