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Deutschlands Ukraine-Politik 1918–1926

Published online by Cambridge University Press:  20 November 2018

Frank Golczewski*
Affiliation:
University of Hamburg, Germany

Extract

Die Geschichte der deutsch-ukrainischen Beziehungen seit dem Ersten Weltkrieg ist nicht unkompliziert. Mit der deutschen Unkenntnis über die Ukraine paarten sich vom Militär und dem Auswärtigen Amt vertretene Ausbeutungsabsichten, die nur wenig verstellt eine Kolonisierung der Ukraine anstrebten. Ihnen standen bei denselben Instanzen Pläne zur Revolutionierung (und Ausschaltung) des Russischen Reiches zur Seite. Politische Kreise hofften auf eine Mithilfe der “Randvölker” dabei und gewannen deren Nationalisten als Verbündete. Aber ebensowenig wie Alfred Rosenberg im Zweiten Weltkrieg von altruistischen Erwägungen geleitet war, wurde hier auch nur für einen Augenblick der Primat des Eigennutzes außer acht gelassen. Mit den Parteigängern der ukrainischen Selbständigkeit kämpfte zudem auch die “russische Schule” des Otto Hoetzsch, die gemeinsame Interessen der starken Großmächte Rußland und Deutschland postulierte.

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Articles
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Copyright © 1996 Association for the Study of Nationalities of Eastern Europe and ex-USSR, Inc. 

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References

Notes

1. Ob diese Differenzen wie auch diejenigen zwischen Oberster Heeresleitung und Auswärtigem Amt, zwischen politischer und ökonomischer Zielsetzung, wie Peter Borowsky auf der Basis des Fritz-Fischer-Ansatzes meint, “lediglich taktischer Natur” waren (Borowsky, Peter, Deutsche Ukrainepolitik 1918 unter besonderer Berücksichtigung der Wirtschaftsfragen, Lübeck/Hamburg 1970 (= Historische Studien 416), S.17), ist für uns hier irrelevant. Nicht so sehr die Absichten der Deutschen, sondern deren sichtbare Ergebnisse und die Haltung und spätere Reaktion der Ukrainer ihnen gegenüberstehen für uns im Mittelpunkt der Betrachtung.Google Scholar

2. Vgl. hierzu die Ausführungen von Borowsky, Peter, Ukrainepolitik, S.10–11.Google Scholar

3. Dabei ist es kein Zufall, daß z.B. die bisher beste Arbeit ber den ukrainischen Nationalismus (Armstrong, John A., Ukrainian Nationalism, Littleton, CO 21963; 1980 unverndert neu ausgegeben) wie auch die nach Reshetar, John S. (The Ukrainian Revolution 1917-1920 [Princeton, 1952]) grundlegende Arbeit über die Ukrainische (bürgerliche) Volksrepublik (UNR) (Mark, Rudolf A., “Symon Petljura und die UNR. Vom Sturz des Hetmans Skoropad'skyj bis zum Exil in Polen”, Forschungen zur osteuropäischen Geschichte 40 (1988), S. 7-228) von Nicht-Ukrainern geschrieben wurden.Google Scholar

4. , Borowsky Ukrainepolitik; Winfried Baumgart, Deutsche Ostpolitik 1918. Wien/München 1966.Google Scholar

5. , Baumgart Ostpolitik, S. 118.Google Scholar

6. Gestützt auf die Akten des Auswärtigen Amtes geht eine neue Arbeit von Peter Grupp (Deutsche Außenpolitik im Schatten von Versailles 1918-1920, Paderborn 1988) ausschließlich von den politischen Überlegungen aus und unterschützt die abweichende militärische Haltung (trotz Verweisen auf die einschlägige Literatur), wodurch es zu der Fehlinterpretation kommt, die “Ära Skoropadski [habe] eine weitgehende Erfüllung der deutschen Kriegsziele in der Ukraine” gebracht (S. 238-9) und ein Anschein der Einheitlichkeit des deutschen Kriegszielprogramms (aber in einem Borowsky entgegengesetzten Sinne) erweckt wird. Zu Recht schreibt dagegen Baumgart, das “Ukraine-Unternehmen [habe] für Deutschland kaum mehr als die Selbstverpflegung der Besatzungstruppen erbracht” (Ostpolitik, S. 376); vgl. auch Borowsky, Ukrainepolitik, S. 293.—Kennzeichnend ist die Empfehlung des Ukraine-Referenten im Auswärtigen Amt (AA) Diego von Bergen vom 9.1.1918, “die Ukraine möglichst nahe an uns zu fesseln und zwar ohne besondere Rücksicht auf die Großrussen, desgleichen auf …sterreich und Polen—und zu einem baldigen Abschluß mit ihnen zu kommen. […] Wirtschaftlich ist die Ukraine derjenige Teil Rußlands, von dem wir gegenwärtig ziemlich ausschließlich und in Zukunft in berwiegendem Maße Vorteil ziehen können” (zit. nach Borowsky, Ukrainepolitik, S.53).Google Scholar

7. Vgl. Rohrbach, Paul, Um des Teufels Handschrift (Hamburg, 1953), S. 196, 198, 217.Google Scholar

8. Zu Recht weist Borowsky auf Rohrbachs Haltung als “Motto […] der gesamten deutschen Ukrainepolitik des Ersten Weltkriegs” hin (Borowsky, Ukrainepolitik, S.31); sowohl bei Groener als auch bei Rohrbach ging es um die “Künstlichkeit” der Ukraine-Selbständigkeit: Rohrbach war nur zuversichtlicher, sie richtig “loszubinden” und für die Zwecke des “Zwingens Rußlands” einzusetzen. An der Instrumentalisierung der Ukrainepolitik in deutschem Sinne besteht kein Zweifel.—Für Rohrbach hatte Rußland “durch die Vereinigung von Moskowien und der Ukraine […] die Kraft zu der ungeheuren, erobernden Ausdehnung [erhalten], die es seitdem verfolgt hat” (Rohrbach, Paul, Russisches. o.O. 1915, S.6). “Was wollen wir im Osten erreichen? […] Sicherheit vor der russischen Gefahr! […] Ein entscheidend besiegtes Rußland ist für uns in jeder Beziehung, auch in wirtschaftlicher, ein gutes Rußland; ein zu starkes Rußland aber ist und bleibt ein gefährliches Rußland! […] Rußland ist der Todfeind Mitteleuropas […] Alle diejenigen Elemente im bisherigen Rußland, die gegen das asiatische Prinzip, gegen den Moskowitismus […] sich richten, sie sind nicht unsere Feinde, sondern unsere natürlichen Bundesgenossen” (Paul Rohrbach, Unser Kriegsziel im Osten und die russische Revolution, Weimar 1917, S. 1, 27, 29). 9. Vgl. Seppo Zetterberg, Die Liga der Fremdvölker Rußlands 1916-1918 (Helsinki, 1978).Google Scholar

10. Vgl. die Arbeiten von Grebing, Helga (…sterreich-Ungarn und die ’Ukrainische Aktion‘ 1914-18”, Jahrbücher für Geschichte Osteuropas NF 7(1959), S. 270-96), Wolfdieter Bihl (…sterreich-Ungarn und der ’Bund zur Befreiung der Ukraina‘.” In: …sterreich und Europa. Festschrift für Hugo Hantsch. Graz/Wien/Klön 1965, S.505-518), Peter Borowsky (Ukrainepolitik, S.37) und Mark, Rudolf A. (“Zur ukrainischen Frage im Ersten Weltkrieg: Flugschriften des ’Bundes zur Befreiung der Ukraine‘ und ihm nahestehende Publizisten”, Zeitschrift für Ostforschung 33 (1984), S. 196-224).—Der “Bund” verlegte bald seine Hauptaktivitäten und einen großen Teil seiner Verlagstätigkeit nach Berlin, ohne jedoch für die deut sche Politik bestimmend zu werden (vgl. Fedyshyn, Oleh S., “The Germans and the Union for the Liberation of Ukraine, 1914-1917,” in: Taras Hunczak, Hg., The Ukraine 1917-1921 (Cambridge, MA, 1977), S. 313).Google Scholar

11. Vgl. Zetterberg, Liga , S. 20, 244.Google Scholar

12. ist, Interessant, daß Skoropys den Deutschen als Vertreter des “Bundes zur Befreiung der Ukraina” 1916 als zu eindeutig pro-deutsch galt, um einen Aufruf der “Liga der Fremdvölker Rußlands” an den US-Präsidenten Wilson zu unterzeichnen. Dies tat an seiner Stelle der gleich falls verdeckt in deutschen Diensten stehende Doncov (vgl. Zetterberg, Liga, S. 82, 219).Google Scholar

13. Vgl. Zetterberg, Liga, S. 45, 82.—Bald darauf ging Doncov in die Schweiz, ohne die Kontakte zu deutschen Stellen abzubrechen, und leitete dort bis März 1917 das Berner Broder “Liga.” In der Schweiz finanzierte das Auswärtige Amt darber hinaus das “Ukrainische Bureau” des Volodymyr Stepankiv'skyj. (Vgl. ebd., S.156-60, 226-9).Google Scholar

14. Für die Rada-Regierung war die Orientierung zugunsten der Mittelmächte keineswegs zwangsläufig. Zu den französischen Versuchen, mit der Ukraine ein Gegengewicht gegen die Mittelmächte zu konstruieren vgl. Kosyk, Wolodymyr, La Politique de la France l'égard de l'Ukraine, Mars 1917—Février 1918, Paris 1981. Der Außenminister in Vynnycenkos Kabinett (bis Ende Januar 1918) Oleksan der Sul'hyn war Entente-Parteigänger, und im k.u.k. Armeeoberkommando vermutete man hinter der Rada-Regierung “Agenten der Entente” (vgl. u.a. Wolfdieter Bihl, …sterreich-Ungarn und die Friedensschlüsse von Brest-Litowsk, Wien/Kln/Graz 1970, S. 70–71, 77). Vynnycenko demissionierte im Januar 1918 wegen des Hilfeersuchens des Radapräsidenten Mychajlo Hrusevs'kyj an die Mittelmächte gegen die Bol'seviki.Google Scholar

15. , Baumgart Ostpolitik, S. 118-9.Google Scholar

16. (Vgl. ebd.; Borowsky, Ukrainepolitik, S.79. Von Mumm war 1914 Leiter der Zentralstelle gewesen, in der bis 1917 Rohrbach und Schmidt gearbeitet hatten. Den Antagonismus der beiden Positionen drückt Rohrbach in seinen Memoiren vorzüglich mit dem Satz über von Mumm aus: “Von Rußland und der Ukraine verstand er soviel wie von der Walfischjagd,…” (Rohrbach, Handschrift, S. 221).Google Scholar

17. Vgl. Baumgart, Ostpolitik, S. 118.Google Scholar

18. Groener, Wilhelm, Lebenserinnerungen, Osnabrück, 1972 (11957), S. 566.Google Scholar

19. , Groener Tagebuch, 20.3.1918, Von Brest-Litowsk zur deutschen Novemberrevolution , Winfried Baumgart (Hg.) (Göttingen, 1971), S. 306.Google Scholar

20. Am 6. April 1918 erging der notorische “Feldbestellungsbefehl.” In seinem Brief an den Ludendorff-Berater von Oldershausen vom 19.3.1918 schrieb Groener: “…sind wir mit der Regierung berhaupt verheiratet oder nicht? Was wollen wir denn hier? Lediglich Getreide herausholen oder gar die Regierung festhalten, auch wenn sie eines Tages umgeworfen wird?” (zit. Brest-Litowsk, S. 304).Google Scholar

21. , Baumgart Ostpolitik, S.394.—Worin der “Wert” der Ukrainer in Brest-Litowsk für die Deutschen Politiker wie die Militärs lag, enthüllte Generalmajor Hoffmann: “… von Kühlmann und ich empfingen die Ukrainer mit Freuden, da sich durch ihr Auftreten eine Möglichkeit bot, sie gegen die Petersburger Delegation ausspielen zu können” (Hoffmann, Max, Der Krieg der versumten Gelegenheiten. München 1923, S. 207).—Vgl. dagegen die Aussagen Stefan Horaks über den “so vorteilhafte(n) Frieden”, eine der “besseren Errungenschaften der ukrainischen Diplomatie”, das “Symbol der Einheit der ukrainischen Länder” (Der Brest-Litowsker Friede zwischen der Ukraine und den Mittelmächten…. Phil. Diss. Erlangen 1949, S. I, 16, 161).Google Scholar

22. Groener an seine Frau, 13.4.1918: “Die weitaus besten Kräfte wären die alten russischen Offiziere und Beamten, und diese hat das blödsinnige Volk verjagt” (Brest-Litowsk, S. 343).Google Scholar

23. Dies erfolgte sogar entgegen den politischen Zielen der Deutschen (vgl. u.a. Borowsky, Ukrainepolitik, S. 109-114).Google Scholar

24. Vgl. Baumgart, Ostpolitik, S. 128: “Die siebeneinhalb Monate des Hetmanats…waren gekennzeichnet durch relative Stabilität. Ordnung und Sicherheit im Innern. Der Form nach war die neue Regierung eine Diktatur, der Sache nach aber war das Land weiterhin ein deutsches Generalgouvernement”.—Der Legationssekretär in der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes Wipert von Blücher, der bald zum Hauptgestalter der deutsch-ukrainischen Kontakte wurde, nennt in seinen Erinnerungen die Versammlung von den Deutschen “inszeniert”. Über Skoropads'kyj heißt es: “Er stellte sich uns zur Zusammenarbeit zur Verfügung und hat in der Folgezeit loyal seine Aufgabe erfüllt” (Deutschlands Weg nach Rapallo. Wiesbaden 1951, S. 14).Google Scholar

25. , Borowsky Ukrainepolitik, S.116.—“Mit der alten Regierung ging es nicht länger, und solche Jüngelchen von ihren Ministerstühlchen zu werfen, dazu gehört nur eine kräftige Ohrfeige, die sie auch verdient haben” (Groener an seine Frau, 4.5.1918, zit. nach Brest-Litowsk, S.359). “Die Rada tagt noch… und geht hoffentlich von selbst an Entkräftung ein, andernfalls müssen wir ihr selber den Garaus machen […] (Skoropads'kyj in) seiner schwarzen Kosakenuniform, mit dem scharfen bartlosen Profil, der gebogenen Nase sieht er nach was Rechtem aus, ganz anders als Herr Golubovic und die anderen kindlichen Herren Minister.” (Groener an seine Frau, 30.4.1918, zit. nach Brest-Litowsk, S.357-8). Dieser Eindruck verstärkte sich noch: “(Skoropads'kyj) ist ein anständiger, ehrlicher und redlicher Mann, persönlich bescheiden in seinem Auftreten und durchaus deutschfreundlich” (Groener an seine Frau, 16.5.1918, zit. nach Brest-Litowsk, S. 367). Vgl. auch von Blücher, Weg, S.21.—Wir wollen an dieser Stelle nicht zu erwähnen vergessen, daß der Versorgungssekretär der Rada-Regierung Kovalevs'kyj in seinen Erinnerungen den als Konteradmiral der Abwehr in die Ukraine gekommenen Canaris für den geistigen Vater des Umsturzes hielt. Canaris habe nur eine ukrainische Dekoration angestrebt; Groener habe seinen Plan ausgeführt (Mykola Kovalevs'kyj, Pry džerelach borot'by, Innsbruck 1960, S.475–6). Angesichts der Abwehr-Pläne im Zweiten Weltkrieg ist diese These nicht von der Hand zu weisen.Google Scholar

26. Bevollmächtigter des Kgl. Preußischen Kriegsministeriums für die Ukraine Kiew (Major Müldner von Mülheim) an Kriegsministerium, 30.7.1918, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn (PAAA) Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 20.Google Scholar

27. Telegramm Mumm an AA, 10.8.1918, ebd. Google Scholar

28. Mumm an Reichskanzler Hertling, 10.8.1918, ebd. Google Scholar

29. Der Nachfolger von Eichhorns als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Kiew, Generaloberst Günther Graf von Kirchbach, hatte in einem an den Het'man und alle Minister gleichzeitig versandten gleichlautenden Schreiben kategorisch verlangt, ihm sämtliche Gesetze der Het'man-Regierung vor Verabschiedung zur Stellungnahme vorzulegen, und den Souvern damit vor seinen engsten Mitarbeitern zu einer Art Befehlsempfänger degradiert (Mumm an Reichskanzler Hertling, 27.8.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 22).Google Scholar

30. Ebenda. Google Scholar

31. Zit. nach Baumgart, Ostpolitik, S. 150-151.—Die Wirtschaftskontakte hatten andere Folgen: Die Wirtschaftsabkommen vom 23. April und vom 10. September 1918 führten in Gestalt der sich aus ihnen ergebenden Guthaben des Ukrainischen Staates bei deutschen Banken zu einer langwierigen Belastung des Verhältnisses zwischen der Reichsregierung und ukrainischen Emigranten. Andererseits waren sie aber auch der Anlaß, in Kontakt zu bleiben, so daß sich hieraus durchaus ambivalente Erkenntnisse ziehen lassen. Die Darstellung dieses interessanten Komplexes soll einem zur Zeit vorbereiteten Aufsatz vorbehalten bleiben.Google Scholar

32. Aufzeichnung über Besprechung zwischen Skoropads'kyj und Ludendorff im Großen Hauptquartier nach Telegramm Legationsrat Lersner an AA, 12.9.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 23.—Auch dieses Element ukrainischen staatlichen Denkens, sollte sich bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs mit seiner unseligen SS Galizien erhalten. Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, daß von Mumm von der Rekrutierung von Freiwilligen wegen der “moralische(n) Minderwertigkeit des zur Verfügungstehenden Materials” abriet (Mumm an Reichskanzler Hertling, 20.8.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 21).Google Scholar

33. Vgl. Telegramm Thiel an AA, 8.10.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 24.—Das Auftreten Skoropads'kyjs bei der Gründung der ukrainischen Universität in Kyjiv am 5. Oktober ist in diesem Zusammenhang zu sehen, wenngleich die Reaktionen zwiespältig waren. Zwar galt allgemein die Universitätsgründung (wie auch die vom 22. Oktober in Kamjanec') als ukrainisch-nationaler Akt, aber Skoropads'kyjs Eröffnungsansprache soll nach dem Bericht des Sozialrevolutionärs Mykyta Sapoval, der damals Leiter der Konsularabteilung in Skoropads'kyjs Außenministerium war, in schlechtem Ukrainisch gehalten worden sein, und Sapovals späterer Kommentar ist hart: “…du zarischer General, du Sohn von Sklavenhaltern, Marionette in den Händen der abscheulichen Moskauer Schwarzen Hundertschaft der Vampire, bei der ich das Blut an den Händen sehe!” (Hetmanščyna i Dyrektorija, New York 1958, S.19-21).Google Scholar

34. Groener an seine Frau, 20.10.1918, zit. nach Brest-Litowsk , S. 446-7.Google Scholar

35. Telegramm Berchem an AA, 23.10.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemein, Bd. 25.Google Scholar

36. Telegramm Berchem an AA, 31.10.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 26.Google Scholar

37. Thiel an Reichskanzler von Baden, 4.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 27; dabei “Auszug aus den Instruktionen für die ins neutrale Ausland und zu den Ententemächten zu entsendenden diplomatischen Agenten der Ukraine.”Google Scholar

38. Dorosenko (Istorija, Bd. 2, S.411-12) schreibt hingegen nur Krasnov (nicht aber Skoropads'kyj) eine “nicht sehr taktvolle” Ansprache zu.Google Scholar

39. Telegramm Berchem an AA, 5.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 27.Google Scholar

40. Dorosenko (Istorija, Bd.2, S.416-7) versucht Skoropads'kyj von jedem Antiukrainismus freizusprechen, indem er die Föderationsverlautbarung mit Rußland vom 14.11.1918 als Rettungsakt für die Ukraine (!) ausgibt, mit deren Hilfe nach dem Fall der Deutschen die Hilfe der Entente erworben werden sollte. Dem Verfasser erscheint diese Einschätzung zwar subjektiv möglich, der eingeschlagene Weg war jedoch schon damals wenig erfolgversprechend.Google Scholar

41. Daß der Het'man sich dem deutschen Geschäftsträger Graf Berchem als nachrichtendienstliche Quelle über die Entente-Absichten andiente und Berchem ankündigte, ihn hinfort in Berichten als Herrn Thomas zu führen, ist nur eine Arabeske am Rande, da derartige Berichte offenbar nicht mehr verfaßt wurden (Telegramm Berchem an AA, 8.11.1918, PAAA, Ukraine 1 Allgemeines, Bd.27).—Zieht man hinzu, daß der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Solf Skoropads'kyjs Außenminister Dorosenko bei dessen Berlin-Besuch im Oktober 1918 “offen erklärte, daß Deutschland jetzt nichts gegen Verhandlungen und Verständigungen der Ukrainer mit der Entente habe, weil es verstehe, daß die Ukrainer sich retten müßten” (Dorosenko, Istorija, Bd.2, S. 407), dann ist die Feststellung Borowskys, Skoropads'kyj habe “die Zustimmung Berlins” bei seinen Entente-Kontakten gehabt, fast schon zu schwach (Borowsky, Ukrainepolitik, S. 282); Deutschland war die wichtigste Determinante der Het'man-Politik.—Auch wenn die deutschen Stellen zeitweise den ukrainophilen …sterreichischen Erzherzog Wilhelm behinderten, muß strittig bleiben, ob Reshetars Behauptung zutrifft, Skoropads'kyjs “Furcht, Wilhelm könne sein Nachfolger werden”, habe den Het'man zur engeren Zusammenarbeit mit den Deutschen motiviert (John S. Reshetar, jr., The Ukrainian Revolution 1917-1920, (Princeton 1952), S. 179).Google Scholar

42. Die von Baumgart vorgetragene These, daß Groener, wäre er im Oktober 1918 nicht nach Deutschland zurückberufen worden, ein Triumvirat Skoropads'kyj-Vynnycenko-Groener gebildet hätte, das “den ukrainischen Unabhängigkeits bestrebungen sicherlich förderlicher gewesen wäre als die dann tatsächlich eingetretene Entwicklung”, ist rein spekulativ (Winfried Baumgart, “Einleitung”. In: Brest-Litowsk, S. 32/33).Google Scholar

43. So Berchem an AA, 15.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemei nes, Bd. 27.Google Scholar

44. Borowsky nennt dies eine “paradoxe Situation” (Ukrainepolitik , S. 284).Google Scholar

45. Telegramm Berchem an AA, 23.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 28.Google Scholar

46. Diese Zwischenphase der fortdauernden Skoropads'kyj Protektion durch die Deutschen im November 1918 wird sowohl in der amtlichen Darstellung des Reichskriegsministeriums (Die Rückfhrung des Ostheeres. Berlin 1936; auf S. 43 wird die Permanenz der Neutralität hervorgehoben) als auch bei Borowsky weitgehend übergangen (Ukrainepolitik, S.284-5); dabei ist sie signifikant, weil sich die deutschen Diplomaten eben erst unter dem Druck des Soldatenrats zu einer Einigung mit den Nationalisten in Bila Cerkva herbeiließen.—Vgl. dagegen Taras Hunczak, Die Ukraine unter Hetman Pavlo Skoropads'kyj, Phil. Diss. Wien 1960, S. 90.Google Scholar

47. Telegramm Berchem an AA, 27.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 28.Google Scholar

48. Telegramm Berchem an AA, 12.12.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 29.Google Scholar

49. Die Entfremdung zwischen Skoropads'kyj und seinen Nachfolgern schildert anschaulich Borowsky (Ukrainepolitik, S.282-3) anhand deutscher Quellen.Google Scholar

50. Vgl. Baumgart, Ostpolitik, S. 151.—Von Blücher berichtet: “In Berlin stellten wir ihm einen Paß auf den Namen Blochau aus und brachten ihn bei einer Hebamme in Friedenau unter… Da Skoropadski der Name Blochau zu jüdisch klang, änderten wir ihn auf Reichoranta um, der mit seinem finnischen Anklang dem Hetman mehr zusagte” (Weg, S. 41).Google Scholar

51. Deutsche Gesandtschaft Stockholm an AA, 10.5.1919, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 33.Google Scholar

52. AA an Deutschen Gesandten Helsingfors, 17.5.1919, PAAA, Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 33; AA an Deutschen Gesandten Stockholm, 17.5.1919, ebd. Google Scholar

53. Antrag und Verfgung, 10.5.1919; Erledigt-Vermerk, 17.5.1919, ebd. CrossRefGoogle Scholar

54. Telegramm Berchem an AA, 17.12.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 30.Google Scholar

55. Berchem an AA, 14.12.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 29.Google Scholar

56. Baron Steinheil an Solf, 3.12.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 28); Berchem hatte den Protest der Regierung “unbeantwortet gelassen und (sich) dem Hetman gegenüber auf den Standpunkt gestellt, daß der Regierung keinerlei richterliches Amt über diesen Vertrag zustehe… Der Hetman sieht die Berechtigung unseres Vorgehens ein” (Telegramm Berchem an AA, 4.12.1918, ebd.)Google Scholar

57. Vgl. Telegramm Kozij an Vynnycenko ber AA, 16.12.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd.29; Die internen Streitigkeiten um das übergehen des ranghöheren Legationssekretärs Vsevolod O. Kozlovs'kyj, eines Journalisten, der sich im “Bund zur Befreiung der Ukraina” engagiert hatte, sind hier nicht wesentlich—es sollte aber erwähnt werden, daß Kozij wie Kozlovs'kyj am 16.12. altes Briefpapier mit dem Briefkopf “Diplomatische Vertretung der Ukrainischen Volksrepublik bei der Kaiserlich Deutschen Regierung”(sic!) verwendeten und im Gegensatz zu den Berliner Zuständen in Wien der Bevollmächtigte Minister des Ukrainischen Staates Vjaceslav Lypyns'kyj als Gesandter der UNR im Amt bleiben konnte (Note der Gesandtschaft der UNR Wien an die Deutsche Botschaft Wien, 4.1.1919, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd.30).Google Scholar

58. Smal-Stocki an Außenminister Jakovliv, 20.1.1919, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 31.Google Scholar

59. Telegramm Meissner an AA, 20.1.1919, PAAA, Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 31.—Jevhen Onac'kyj, der zu dieser Zeit an die UNR-Mission in Rom ging, schrieb, man habe in der UNR die Intelligenzler vor den nahenden Bol'seviki retten wollen und daher viele, auch für den Dienst ungeeignete Diplomaten ernannt (Jevhen Onac'kyj, Popochylij plošči. Bd.1, München 1964, S. 6). Ohne Zweifel dürfte die Ernennung Porš in diesem Zusammenhang zu sehen sein—Smal'- Stoc'kyj war bereits im Ausland und bedurfte keiner weitergehenden Förderung, worauf er sich offenbar auch einließ.Google Scholar

60. Diplomatische Vertretung der ZUNR bei der deutschen Regierung an Auswärtiges Amt, 13.2.1919, PAAA, Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 31.Google Scholar

61. Vermerk Blücher/Nadolny, 11.2.1919, ebd. Google Scholar

62. Vgl. Dorosenko, Istorija , Bd.2, S. 34.Google Scholar

63. Südekum an Nadolny, 25.10.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 26.—Nach Dorosenko erfolgte die “prophylaktische” Festnahme Petljuras und Porš am 27. Juli (Dorosenko, Istorija, Bd.2, S. 270).Google Scholar

64. Telegramm Berchem an AA, 27.10.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 26.Google Scholar

65. Telegramm Berchem an AA, 31.10.1918, ebd. Google Scholar

66. Südekum an Nadolny, 30.10.1918, ebd. Google Scholar

67. Nadolny an Südekum, 1.11.1918, ebd. Google Scholar

68. Telegramm Berchem an AA, 7.11.1918, PAAA Ukraine 1 Allgemeines, Bd. 27.Google Scholar

69. Es sei angemerkt, daß sich die Het'man-Regierung von dem renommierten Ethnologen Baron Steinheil auf dem Berliner Posten eine “Hebung des Prestiges des Ukrainischen Staates in Berlin, was mit Rücksicht auf die damaligen ukrainisch-deutschen Beziehungen sehr wichtig war”, versprach (Vgl. Dorosenko, Istorija, Bd. 2, S. 152). Unter dem Direktorium hatten sich offensichtlich die Maximen verändert.Google Scholar

70. Von Blücher berichtet, Smal'-Stock'kyj habe ihn “mindestens einmal wöchentlich in seinem Dienstzimmer auf (gesucht) und … Nachrichten über die Entwicklung in seinem Lande (gebracht). Er hatte die Gabe, anschaulich zu erzählen. Wie weit er sich dabei an die Wahrheit hielt, … war schwer zu entscheiden” (von Blücher, Weg, S. 87).Google Scholar