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Überprüfung einer frühen Anwendung der Kombinatorik in der Logik

Published online by Cambridge University Press:  12 March 2014

Kurt-R. Biermann
Affiliation:
Berlin
Jürgen Mau
Affiliation:
Berlin

Extract

Plutarch berichtet, Chrysipp habe gesagt, “daß die Konjunktionen aus 10 Aussagen zahlenmäßig 1.000.000 übertreffen, ohne daß er das zuvor selbst genau untersucht hat oder von Fachleuten die Wahrheit erkundet hat …. Den Chrysipp widerlegen alle Arithmetiker, unter ihnen Hipparch, der beweist, daß ihm (Chrysipp) ein sehr großer Rechenfehler unterlaufen ist insofern, als nämlich das Bejahende 103.049 Konjunktionen ausmache, das Verneinende 310.952.”

Ohne Zweifel liegt hier eine der frühesten uns bekannten Aufgaben aus dem Gebiete der Kombinatorik, − neben der Berechnung der Zahl der Silben durch Xenokrates, die sich aus der Zusammenstellung von Buchstaben ergeben −, vor. Außerdem handelt es sich um die erste Anwendung der Kombinatorik in der Logik, bei der Werte auftreten, die nicht durch einfaches Abzählen gewonnen sein können.

Es ist bisher weder eine befriedigende Deutung der von Plutarch gegebenen Zahlenwerte noch, von der Interpretation ausgehend, eine Wiederherstellung der von den Alten benutzten Formeln gelungen.

Type
Research Article
Copyright
Copyright © Association for Symbolic Logic 1958

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References

1 De Stoicorum repugnantiis 29, 1047 c d.

An anderer Stelle (Quaestiones convivales VIII 9, 732 f) sagt Plutarch, Hipparch habe, den Chrysipp widerlegend, bewiesen, “daß das Bejahende 101.049, das Verneinende αὐοτῦ(?) 310.952 Konjunktionen umfasse”.

2 Xenokrates' Aussage (Plutarch, Quaestiones convivales, a.a.O.) über die Anzahl der Silben, die man aus den Buchstaben des (griechischen) Alphabets bilden könne, soil hier nicht nachgeprüft werden.

3 Rasmus, , Schulprogramm, Brandenburg, 1880, S. 9Google Scholar, gibt für die Bejahenden als richtige Zahl 3.628.800 an, also 10!, d.i. die Anzahl der Permutationen aus 10 Elementen − eine Interpretation, die offensichtlich dem Text nicht gerecht wird. Bezüglich der Verneinenden bemerkt R. lediglich “videant alii”. − Auch in den bekannten Werken zur Mathematikgeschichte (M. Cantor, J. Tropfke, S. Günther a.u.) finden sich keine befriedigenden bzw. überhaupt nur tiefergehenden Untersuchungen des Problems.

4 Mates, Siehe B., Stoic logic, Berkeley 1953, S. 54Google Scholar.

5 Damit soll nicht gesagt sein, Chrysipp habe Verneinung mit Falschheit verwechseit. Nimmt man das Bejahende im streng logischen Sinne, dann wird unsere Nachrieht sinnlos, weil jede wie auch inner zusammengesetzte Aussage bejaht und verneint werden kann, die Zahl des Verneinenden also gleich der des Bejahenden sein müsste und ein Kalkül darüber gegenstandslos wäre. Darin, dass eine behebige Konjunktion variabler Aussagen, die einen oder mehrere Widersprüche enthält, dann und nur dann mit dem Anspruch auf Wahrheit behauptet werden kann, wenn man sie verneint aussagt, sehen wir die enge Verwandtschaft zwischen Negation und Falschheit bzw. Widersprüchlichkeit, die in Plutarchs stark komprimiertem Text fast als Identität erscheint.

6 Vom letzten Herausgeber (Hubert, Leipzig 1938) wird diese Differenz durch Angleichung von Quaestiones convivales an De Stoicorum repugnantiis gewaltsam beseitigt.

7 Bernoulli, Jakob, Ars conjectandi, ed. unter von Nikiaus, Mitwirkung (I) Bernoulh, Basel 1713, S. 85 und S. 121Google Scholar.

8 Vgl. Biermann, Kurt-R., Über die Untersuchung einer speziellen Frage der Kombinatorik durch G. W. Leibniz, Forschungen und Fortschritte, 28, 1954, S. 357361Google Scholar.

9 Wenn allerdings von c = 1, statt von c = 0 ausgegangen wird, wird K 3 = 310 − 1 = 59.048, und auch diese Übereinstimmung geht verloren.