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Published online by Cambridge University Press: 07 August 2014
Während vieler Jahrzehnte wurden sogenannte Antik-, Monumental-, Kolossal- oder Sandalenfilme von Seiten der Altertumswissenschaften kaum beachtet, da sie mit dem wissenschaftlichen Verständnis antiker Kulturen nur wenig zu tun haben — die Geschichtsphilosophie der Filme ist meistens simpel und im Vordergrund steht das Spektakel. Doch das Phänomen der großen Beliebtheit dieser Filme — vor allem in den 1910/1920er sowie den 1950/1960er Jahren — rechtfertigt eine Untersuchung dieses artifiziellen und virtuellen Antikenbildes seitens der Altertumswissenschaft. Diese hat vor allem in den letzten fünf Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.
In allen filmproduzierenden Ländern wurden von Anfang an die einschlägig bekannten antiken sowie biblischen Themen und Legenden als Filmstoff aufgegriffen. Dies geschah zum einen, weil sie einem Großteil des anvisierten Publikums vertraut waren und daher eine gewisse universale Gültigkeit aufwiesen. Zum anderen eigneten sich solche Sujets aufgrund ihrer Inhalte und narrativen Struktur hervorragend für eine spektakuläre, den Zuschauer in ihren Bann ziehende Inszenierung. Erzählungen aus dem Alten und Neuen Testament sowie aus der antiken Geschichte und Mythologie lieferten auch diesem Medium “große Stoffe”. Freilich mussten sie, wie beispielsweise das Buch Judit oder der seit Ktesias' tradierte Mythos der Semiramis, für die frühesten Filmproduktionen extrem verkürzt werden, so dass in aller Regel nur Kernstücke oder dramatische Höhepunkte umgesetzt wurden. Bezüglich des Alten Orients ist bemerkenswert, dass der frühe Film nahezu ausschließlich all diejenigen Sujets und Motive aufgriff, die sich spätestens im 19. Jahrhundert durch die Blütezeit des Orientalismus sowie aufgrund der beeindruckenden Funde aus den großen Ausgrabungen in Vorderasien zum festen Themenrepertoire einer populärkulturellen Vorstellung vom antiken Mesopotamien konsolidiert hatten.