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Wissenschaftliche Entwicklung und Evolutionstheorie
Published online by Cambridge University Press: 28 July 2009
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Die wissenschaftstheoretische Interpretation von Wissenschaft war lange dadurch charakterisiert, daß wissenschaftliche Entwicklung sich zwar in der Zeit, aber nicht in der Geschichte abspielte. Wissenschaftliche Objekterkenntnis ist — diesem Bild gemäß — auf die langwierige Forschungsarbeit verwiesen, die sich dem Wissenschaftsziel, wahre und umfassende Erkenntnis, muhsam annahert; der Zeithorizont wird in dem Bekenntnis, «that we stand on the shouldeis of giants» gewürdigt. Auch der forschungslogische und methodologische Apparat der Wissenschaft ist im Verlaufe wissenschaftlicher Entwicklung nicht der gleiche geblieben. Aber dennoch wurde die Frage, ob Wissenschaft eine Geschichte hat, nicht zum Thema der Wissenschaftstheorie gemacht.
- Type
- Auslese in Der Kulturgeschichte
- Information
- European Journal of Sociology / Archives Européennes de Sociologie , Volume 20 , Issue 2 , November 1979 , pp. 244 - 298
- Copyright
- Copyright © Archives Européenes de Sociology 1979
References
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(14) Ein solches verdecktes teleologisches Modell steckt in Poppers Wachstumstheorie der Wissenschaft. Wissenschaftliche Entwicklung nähert sich zwar nicht der Wahrheit an, da sie nicht im Vorgriff bekannt ist, aber sie hat doch ein Ziel: Wahrheitsähnlichkeit (verisimilitude). Daß diese inkonsequente Reetablierung eines teleologischen Modells zu Recht von Kuhn angegriffen wird, bestätigt auch Stegmüller: s. Stegmüller, W., Theoriendynamik und logisches Verständnis, in Diederich, W. (Hg.), Theorien der Wissenschaftsgeschichte (Frankfurt 1974), 198Google Scholar. Stegmüller schließt sich der von der New Philosophy of Science proklamierten Ausdehnung der Begriffe Methodologie (auf Forschungsprogramm) und Theorie (auf Paradigma) an, ein Verfahren, das von den Traditionalisten scharf kritisiert wird, s. Shapere, D., Meaning and Scientific Change, in Colodny, R. G. (ed.), Mind and Cosmos (Pittsburg 1966), 56 fGoogle Scholar. Aber Stegmüller betont im Gegensatz zu Kuhn, daß der Rationalitätscharakter der Wissenschaftmit der Zurückweisung der Kuhnschen Inkommensurabilitätshypothese verbunden sein müsse. Fortschritt in der Wissenschaft sei nur möglich, wenn «die verdrängte Theorie auf die Ersatztheorie reduzierbar wird» (Stegmüller, l.c. 198). Die Betonung der Kontinuität der wissenschaftlichen Entwicklung begründet sicher die entscheidende Frontstellung gegen Kuhn, wenn man darunter versteht, daß sich die verschiedenen Elemente von Paradigmen im Verlaufe der wissenschaftlichen Entwicklung wandeln und dieser Wandel rational rekonstruierbar ist. Dies ist aber nicht so zu verstehen, daß diese Entwicklung durch rationale Wahl an den jeweiligen Knotenpunkten gesteuert wird. Über diese Differenz kann erst nach der Konfrontation von wissenschaftstheoretischer und gesellschaftstheo retischer Evolutionstheorie entschieden werden.
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