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Published online by Cambridge University Press: 21 August 2012
Die historische Wirklichkeit der Völker erlaubt uns, im Hintergrund ihres sozialen Prozesses als letztlich bestimmende Richtlinien zwei Strukturprinzipien zu erkennen. Dies sind die in den beiden Begriffen Gemeinschaft und Herrschaft festgelegten Moglichkeiten sozialer Ordnung, die als Sozialsysteme aufgefasst werden müssen. Mit ihrer Hilfe können wir zu einem vertieften Verständnis der sozialhistorischen Entwicklung und zu einer Erkenntnis der einzelnen Phasen ihres Verlaufes in einem Volk oder Stamm gelangen.
DOMINATION AND COMMUNITY IN THE WESTERN SUDAN
This is a résumé of an as yet unpublished study on the structure of social organization in a number of tribes living in the Western Sudan. The two concepts on which the classification of social forms are based are community and domination. These two concepts are provided with a number of ruling criteria, which, as formative groups, stand in historical relation to each other. Community is, from the point of view of social history, the older, and domination the younger system of the two possible forms of living together. By applying the single criterion an historical grouping of the various social forms and their mutual behaviour in the frame of the respective culture entity can be achieved, whereby individual layers of social form complexes come to light. The social order of the Ewe and the Ashanti is presented in detail, as a preliminary example of the result of the investigation, which deals with the double aspect of domination and of the state in general.
The concepts of community and domination are applicable not only for social orders in a general sense, but also for family order. Therefore two types of families may be distinguished: ‘community family’ and ‘domination family’. The former is presided over by the pater familias without material power, while in the latter form the family head dominates as a patriarch and is able to enforce his will.
The ‘domination family’ is characteristic for cattle-owning tribes, while the ‘community family’ is the older autochthonous form. The two forms are the basis of two different types of domination, which may be called patriarchal (or proper) domination and gerontogenous (or modified) domination. These represent two types of states which are not restricted to primitive peoples.
page 293 note 2 hierzu, S. auch Freyer, H., Einleitung in die Soziologie, Leipzig 1931.Google Scholar
page 295 note 1 Die Untersuchung dieser Art der Herrschaft modifiziert das oben allgemein über Herrschaft Festgestellte. S. hierzu die späteren Ausführungen über ‘gerontogene Herrschaft’.
page 295 note 2 Im Rahmen eines kurzen Berichtes ist es nicht möglich, auch nur andeutungsweise über die speziellen Ergebnisse der Untersuchung obenerwähnter Völker und Stämme zu referieren, wie sie sich aus der konsequenten Anwendung der genannten Kriterien ergeben haben. Betont sei, dass diese Kriterien erst im Laufe der Untersuchung als solche klar hervortraten.
page 295 note 3 Auf diese Erscheinung kann hier aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden. Zu ihrer Bezeichnung wurde der Ausdruck ‘sozialhistorische Spannung’ gebildet. S. hierzu mein demnāchst erscheinendes Buch Gemeinschaft und Herrschaft als Staats- und Kulturtypen (Stuttgart).
page 299 note 1 Die 1743 bei den ‘Homannschen Erben’ erschienene Karte von Guinea (nach Materialien des Geografen d'Anville) verzeichnet diesen Staat unter dem Namen Dinkira.
page 300 note 1 Eine derartige Aufstellung dürfte vorerst ohne Rücksicht auf die bestehende Terminologie zu erfolgen haben, wie sie uns mit den Begriffen der Klein- und Grossfamilie, der Sippe und der ‘Verwandtschaft’ (famille globale, kindred) gegeben ist.
page 301 note 1 Die Yorubafamilie wird mit der frührömischen verglichen; in ihr herrscht ebenfalls eine Art ‘patria potestas’. Alle Familienmitglieder der Mossi schulden dem Leiter ihrer ‘Verwandtschaft’ (familie totale) Gehorsam und grössten Respekt. Das Grossfamilienoberhaupt der Mandingo besass bis in neuere Zeit hinein fast unumschränkte Macht über seine Familienmitglieder. Der Sippenleiter der Ewe geniesst als Vater aller wegen seines Alters und seiner Weisheit allgemeine Verehrung. Das Grossfamilienoberhaupt der Aschanti besitzt nicht mehr Rechte als die übrigen Familienmitglieder auch; wir erfahren von einer demokratisch geordneten Familiengemeinschaft. Die einzelnen Familienmitglieder bei den Katab sind sehr selbstständig; eine gewisse Unterordnung kennt nur das Verhältnis Vater-Sohn.
page 302 note 1 Für Afrika ist hier ein Hinweis auf das Hirtenelement üblich. (dazu, S.Wölfel, D. J. u. Hirschberg, W., ‘Die Afrikaforschung seit 1931’, Mitt. d. Sem.f. Orient. Spr., Jahrg. 37, Abt. 3, Berlin 1934.) Dieser sozial- oder rassenpsychologische Rückgriff (Organisationstalent der Hirtenvölker) ist indessen kaum für Süd- und Mittelamerika möglich, wo vor der Conquista Grosshirtentum fehlte, regelrechte Herrschaftsgebilde aber bestanden. Ähnlich mag der Fall bei den ‘sakralen Ackerbaustaaten’ (M. Schmidl) Ostafrikas liegen, die W. Hirschberg a. a. O. erwähnt. Bildet der wie auch immer durch besondere völkerpsychologische Faktoren abgewandelte Typus der originären Gemeinschaftsfamilie die familiale Grundlage dieser Staatengebilde?Google Scholar
page 304 note 1 ‘Auch im Zwischenseengebiet deutet das Hervortreten von Ackerbauvorstellungen bei den dem König obliegenden Mondzeremonien darauf hin, dass ein sakraler Ackerbaustaat mit einem König an der Spitze schon vor der Errichtung der Hirtenreiche durch die Bahuma bestanden haben muss. Es kann keine Frage darüber bestehen, dass die bisherige Schulmeinung, die afrikanischen Königreiche wären durch die Organisationskraft hamitischer Hirtenvölker entstanden, sich mit diesen neuen Ansichten wird auseinandersetzen müssen, und es hat den Anschein, als ob auch hier ein grundlegender Wandel in den Auffassungen zu erwarten wäre.’ Hirschberg, W. a. a. O. Vgl. ferner Schilde, W., Ost-Westliche Kulturbeziehungen im Sudan, In Memoriam Karl Weule, Leipzig 1929, S. 151–60, wo von zwei Herrschertypen Afrikas — einem ‘primitiven, für die Fruchtbarkeit des Landes verantwortlichen Herrscher und Priesterkönig’ und einem ‘unsichtbaren Halbgott und eigentlichen Gottkönig’ — die Rede ist und die Annahme geäussert wird, dass die Vorstellung vom Gottkönig aus Vorderasien nach Afrika gelangte.Google Scholar