[MG] Ziel des Projekts Brechts Theorie-Fragment Der Messingkauf: Lektüren und Erprobungen mit Studierenden der Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig war eine Annäherung, die im kollektiven Lesen den unterschiedlichen Spuren und Schichten des Textes folgt, um ihn anschließend in eine szenische Situation zu versetzten, die heutige Resonanzräume des Textes auslotet. Unsere Arbeit mit einer heterogenen Gruppe aus Studienanfänger* innen, Master- und Erasmusstudierenden gliederte sich in vier Phasen. Stand zunächst die gemeinsame Lektüre und die Verständigung über das Material im Vordergrund, so schloss sich daran die Entwicklung, Konzeption und Erarbeitung einer eigenen Projektidee durch die Studierenden in kleinen Gruppen an. Dabei waren die Teilnehmenden frei in der Wahl ihrer Darstellungsmittel, so dass neben szenischen Umsetzungen auch Formate wie Hörcollagen, Lecture Performances, filmische Arbeiten usw. möglich waren. Einzige Vorgabe war die Länge der Einzelprojekte, die zehn Minuten nicht überschreiten sollte. Auf eine Zwischenpräsentation im Sinne einer halböffentlichen Probe Ende Januar 2019 folgte die das Gesamtprojekt abschließende Präsentation im Rahmen der Veranstaltungsreihe Gestisch leben im Vorfeld des IBS-Symposiums am 24. April 2019, bei der die verschiedenen Projekte zusammen gezeigt wurden.

In der Vorbereitung des Projektes ahnten wir, dass gerade in der Heterogenität das Potential liegen könnte, den ungewöhnlichen Stoff des Messingkauf fassbar(er) zu machen. Aus diesem Grund entschieden wir uns auch für eine Heterogenität innerhalb der Projektleitung: Diese bestand nun aus drei Dozierenden unterschiedlicher theaterwissenschaftlicher und theaterpraktischer Kontexte. Analog hierzu war uns auch im Schreiben über den Messingkauf Mehrdimensionalität Methode. Deshalb ist unser Beitrag zum Brecht-Jahrbuch ein (mindestens) dreistimmiger. Der hier vorliegende Text versucht nun zum einen den Arbeitsprozess des Projektes zu beschreiben und dabei wesentliche Fragestellungen und Impulse zu umreißen, zum anderen aber in der Reflexion der Durchführenden gleichzeitig auch das Fragmentarische und Unfertige aufzugreifen.

[OA] Auf einem Theater wird ein Philosoph begrüßt. Für vier Nächte wurde er eingeladen, mit einem Dramaturgen, einem Schauspieler und einer Schauspielerin über das Theater zu diskutieren. Später kommt ein Beleuchter hinzu. Der Philosoph sagt: “Mich verzehrt eine unersättliche Neugierde, die Menschen angehend.” Und: “Ich fühle die Besonderheit meines Interesses so stark, dass ich mir wie ein Mensch vorkomme, der, sagen wir, als Messinghändler zu einer Musikkapelle kommt und nicht etwa eine Trompete, sondern bloß Messing kaufen möchte” (ebd., 778).