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“Ohne Halt und in großer Fahrt.” Brecht im Transit. Gestisch leben

Published online by Cambridge University Press:  09 February 2021

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Summary

Der Titel meines Vortrags weckt die Vorstellung eines Triptychons. Triptychen sind in früheren Zeiten Altarbilder mit einem Mittelteil und zwei Seitenflügeln, die ein heilsgeschichtliches Geschehen zumeist von links nach rechts erzählen—z.B. von der Geburt Christi über die Kreuzigung hin zur triumphalen Auferstehung, wie sie der Isenheimer Altar des Matthias Grünewald zeigt. Den Bildern dagegen, die der Titel “‘Ohne Halt und in großer Fahrt.’ Brecht im Transit. Gestisch leben” evoziert, ist der Glaube abhanden gekommen an einen teleologischen Verlauf der Geschichte, mag er religiös oder geschichtsphilosophisch fundiert sein. Die Vorstellungen eines haltlosen Lebens in einem auf Dauer gestellten Transit werden nicht durch einen deus ex machina glorreich beendet und überhöht. Sondern sie deuten auf den Zustand von Bertolt Brechts Welt und unserer Welt oder, historisierend gesprochen, von Brechts Welt als unserer Welt. In ihrer schonungslosen Beschreibung aber, fern alles geistlichen, kulturellen oder politischen Trosts, zeigen sich die Mittel zu überleben. Haltlosigkeit und Leben im Transit sind nicht zu überwindende Horrorszenarien, jedenfalls nicht nur, sondern Voraussetzungen einer Praxis des Überlebens. Überleben meint dabei ein Doppeltes: Zum einen die Sicherung der körperlichen Unversehrtheit angesichts der massiven Gefährdungen durch Vertreibung, Flucht und Migration. Ihr wird, auf den Spuren Brechts, im Folgenden gedanklich Rechnung getragen. Zum anderen zielt der Terminus Überleben in meinem Vortrag auf die grundsätzliche Suche nach einer Lebensform, die ein Zusammenleben unter Fremden ermöglicht. Beide Formen des Überlebens sind nicht ineinander auflösbar. Die Spannung zwischen ihnen hat auch Brecht erfahren und immer wieder neu austariert. Das macht den Zeitkern seines Schreibens in unserer Gegenwart aus. Ihn möchte ich in den drei Teilen meines Vortrags entfalten.

“Ohne Halt und in großer Fahrt”

1939, Svendborg. In Dänemark im Exil unterwegs schreibt Brecht das Stück Leben des Galilei. Darin nehmen drei Texte auf unterschiedliche Weise Stellung zur Herausforderung einer neuen Zeit, die wir als Globalisierung bezeichnen würden. Da ist zunächst Galileis Erklärung des neuen kopernikanischen Weltbilds. Sie malt eine Welt in Bewegung und gipfelt in dem Satz:

Es hat immer geheißen, die Gestirne sind an einem kristallenen Gewölbe angeheftet, dass sie nicht herunterfallen können.

Type
Chapter
Information
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2020

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