Book contents
- Frontmatter
- Officers of the International Brecht Society
- Contents
- Editorial
- List of Abbreviations
- Among Strangers—Brecht’s Figures of Strangeness
- From East to West and Vice Versa—Geographic Interconnections
- Global Estrangements—Brecht in the Age of Globalization
- Book Reviews
- Notes on the Contributors
Karambolage Gorki–Brecht–Tretjakow: Die Mutter als Roman/Theaterstück/Übersetzung
Published online by Cambridge University Press: 09 February 2021
- Frontmatter
- Officers of the International Brecht Society
- Contents
- Editorial
- List of Abbreviations
- Among Strangers—Brecht’s Figures of Strangeness
- From East to West and Vice Versa—Geographic Interconnections
- Global Estrangements—Brecht in the Age of Globalization
- Book Reviews
- Notes on the Contributors
Summary
Das Phänomen, das heute oft als Kulturtransfer bezeichnet wird, ist keinesfalls neu. Historische Forschungen zeugen davon, dass Kulturen und soziale Strukturen seit jeher Kulturgüter jeder Art in unterschiedlichen Formen und allen zugänglichen Medien ausgetauscht haben. Die Moderne aber wurde dadurch gekennzeichnet, dass diese Prozesse—nicht zuletzt dank einer Reihe von technischen Neuerungen im Bereich der Kommunikationstechnik— nun wesentlich intensiver und schneller verlaufen. Die Auswahlund Aneignungsstrategien entwickeln und differenzieren sich entsprechend der zunehmenden Komplexität der Aufgaben und Ausgangssituationen für die angestrebte “Bereicherung” des Kulturgeschehens. Bertolt Brecht war nicht nur ein Vordenker, sondern auch einer der Wegbereiter dieser Prozesse im zwanzigsten Jahrhundert, was er u.a. mit Plagiatsvorwürfen bezahlen musste. Die Transferprozesse zwischen Russland und Deutschland im Zusammenhang mit Maxim Gorkis Roman Die Mutter zeichnen sich gerade durch die Geschwindigkeit, die die Moderne charakterisiert, sowie durch eine reziproke Bewegungsrichtung aus.
Maxim Gorki: Die Mutter (Mat’) oder der Roman als eine ideologische Geste
Maxim Gorki (Maksim Gor’kij, eigentlich Aleksej Maksimovič Peškov) musste nach der gescheiterten ersten russischen Revolution des Jahres 1905 das Land verlassen und setzte seine literarische und politische Tätigkeit in der Emigration (in den USA und später in Italien) fort. In dieser Zeit hat Gorki seine Vorarbeiten zur Frühgeschichte der russischen Arbeiterbewegung wiederaufgegriffen und eine “Erzählung” (“povest’”—so hat er den Entwurf vorerst bezeichnet) über eine provinzielle Arbeiterwitwe und -mutter angefangen, die ihrem Sohn nach und nach in die revolutionäre Bewegung folgt. Als Inspirationsquelle dienten ihm wirkliche Ereignisse in der Arbeitersiedlung Sormowo an der Wolga 1901– und die damit verbundene Lebensgeschichte des Arbeiters Pjotr Salomow und seiner Mutter.
Von Anfang an war das Werk nicht nur für das russische Publikum vorgesehen, und noch vor dem Abschluss des ersten Teils schrieb Gorki seinem amerikanischen Literaturagenten, seine Absicht bestehe darin, die Amerikaner “bei den russischen Arbeitern lernen zu lassen—den Sozialismus zu begreifen.” Allenfalls musste der Roman auf einem Tiefpunkt der sozialistischen Bewegung in Russland ein Hoffnungszeichen setzen. Der Roman wurde zuerst 1906–7 in den USA auf Englisch veröffentlicht, der Originaltext und eine deutsche Übersetzung erschienen in Buchform 1907 in Berlin.
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- Chapter
- Information
- The Brecht Yearbook / Das Brecht-Jahrbuch 45 , pp. 220 - 235Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2020