Magere Ergebnisse fördert zutage, wer die echten Schelme in der deutschen Dichtung aufspüren will and dazu die üblichen bibliographischen Handbücher, die zusammenfassenden Darstellungen motiv- und stoffgeschichtlicher Art und die nach Gattungen geordneten Sachbücher befragt. Josef Körner nennt in seinem Bibliographisches Handbuch des deutschen Schrifttums nur eine geringe Anzahl von wissenschaftlichen Untersuchungen unter dem Stichwort “Schelmenroman”, wovon die meisten sich auch noch auf das 16. und 17. Jahrhundert und die Lazarillo- und Don Quichote-Nachahmungen beschränken. In seiner durch ungeheuren Fleiß ausgezeichneten Anhäufung von Material, The Literature of Roguery (1907), teilt Frank W. Chandler der deutschen Schelmenliteratur nur neun Seiten zu, wobei sie sich diesen Platz auch noch mit der Diskussion des Genres in Holland teilen muß. Außer kurzen Hinweisen auf die deutsche Schwankliteratur, Meier Helmbrecht, Wittenweilers Der Ring, das Liber Vagatorum, Sebastian Brants Das Narrenschijf und auf einige Barocksatiren werden nur Grimmelshausens Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch und seine späteren Simplicianische Schriften einer knappen Besprechung für würdig erachtet. Chandler schließt mit der Erwähnung mehrerer Robinsonaden und dem bezeichnenden Satz: “as elsewhere in letters, the ideal and the sentimental replaced picaresque realism. And so for a time the spirit of Rousseau and Richardson ruled.” Gero von Wilperts Sachwörterbuch der Literatur zählt einige der deutschen Übersetzungen und Nachdichtungen der Gattung im Barockzeitalter auf und nennt au der neueren deutschen Literatur Wincklers Der tolle Bomberg, Thelens Die Insel des zweiten Gesichts und Thomas Manns Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. Das klassische Werkzeug aller Germanisten, der Merker-Stammler, räumt dem Schelmenroman auch nur verhältnismäßig wenig Platz ein. Es wird hingewiesen auf den Bayern Ägidius Albertinus, den “Vater des deutschen Schelmenromans” und seine Bearbeitung des “Gusman von Alfarache” und auf einige obskure Verfasser und Bearbeiter. Man beeilt sich jedoch hinzuzufügen: “Von einem deutschen Schelmenroman kann …kaum gesprochen werden.” Und weiter unten heißt es: “Sowohl die Schelmenromane wie die Romane Grimmelshausens haben … wenig Nachahmung gefunden.”