Dieses Thema bietet Anlaß zum dankbaren Gedenken an Günther Bornkamm. Er war es, der als erster den Nachweis dafür führte, daβ die Ekklesiologie im Matthäusevangelium eine zentrale Stellung einnimmt, ja vielleicht sogar dessen Hauptthema ist. ‘Kein anderes Evangelium ist so wie Matth. vom Kirchengedanken geprägt, für den kirchlichen Gebrauch gestaltet.’ Dieser Satz steht in Bornkamms erstmals 1956 erschienener Studie ‘Enderwartung und Kirche im Matthäusevangelium’.1 In ihr hat Bornkamm auch als erster jenen methodischen Weg beschritten, der es ermöglicht, dem Kirchenverständnis des Evangelisten nachzu-spüren: es ist der Weg der Redaktionsgeschichte. Vor ihm war es lediglich Adolf Schlatter gewesen, der in seinem groβen Matthäus-kommentar einige Hinweise in die gleiche Richtung gegeben hatte, die allerdings wegen der noch fehlenden methodischen Absicherung in der damals noch völlig anderen Forschungslage kaum zur Kenntnis genommen worden waren.